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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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sah wieder zu Anna. Ihr Blick war zum Boden gesenkt. Sie schien die vielen Pilger um sich herum kaum wahrzunehmen, sondern in Gedanken versunken zu sein. Der junge Schildknecht hatte den Eindruck, dass sie dünner geworden war. Das dunkle Kleid hing formlos an ihrem Körper. Auch ihre Wangen waren eingefallen und knochig.
    Wie gern wäre der junge Mann zu ihr gegangen, hätte sie liebevoll umarmt und ihren Schmerz weggeküsst. Als er beobachtete, wie Münzbacher mit ihr schimpfte, schwor er sich, dass Anna bald all die Liebe erhalten würde, die sie verdient hatte.
    ›Du musst nur geduldig sein!‹, ermahnte er sich.
    Als Anna sich in die Schlange der Menschen einreihte, die in die Kapelle wollten, um vor dem Gnadenkreuz zu beten, verlor er sie aus den Augen.
    Erneut sah Friedrich sich suchend um. Doch diesmal galt seine Suche jemand anderem. Doch nirgends konnte er den armen Bauer mit seinem Karren erspähen. So ging er zu einer der Buden, die unter einem großen, schattigen Baum standen, und bestellte sich ein dunkles Bier. Die ersten Züge trank er gierig, um den Durst zu löschen. Den Rest des Getränks genoss er in kleinen Schlucken.
     
    Währenddessen suchte auch der Bauer nach einem geschützten Platz, um den Holzkarren dort unterzustellen. Ihm war heiß unter dem Hut, und der Schweiß lief ihm über das Gesicht. Zu gern hätte er ihn abgesetzt, doch dann wäre sein Kranz dunkler Haare zum Vorschein gekommen und man hätte ihn sogleich als Mönch erkannt. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als sich immer wieder den Schweiß von der Stirn zu tupfen.
     
    Einen Tag bevor er Dingelstedt mit Clemens auf der Ladefläche des Karrens verlassen sollte, hatte man beratschlagt, wie der junge Franziskaner am wenigsten auffallen würde. Es war Milchkarls Einfall gewesen, ihn als Bauer zu verkleiden. Schon seit Jahren hatte sich der junge Mönch nicht mehr so wohl gefühlt. Die helle, luftige Kleidung war ein Vergnügen im Gegensatz zu dem dunklen Habit.
    Burghard war erleichtert gewesen, nachdem er den Hülfensberg mit dem schwer kranken Clemens ohne Schwierigkeiten erreicht hatte. Da sie schon vor Morgengrauen den Weg nach oben angetreten hatten – bevor die Händler ihn für die Beförderung ihrer Waren nutzten -, konnte Burghard das Pferdegespann zügig hinauftraben lassen. Er wollte dem jungen Arnold
gerade etwas zu trinken und zu essen besorgen, als er schon von Weitem die Stimme Münzbachers vernahm. Dicht hinter Burghard blieb er stehen und schimpfte über die Bettler, die sich an ihn hängten wie die Kletten. Dank Burghards Verkleidung bestand keine Gefahr, dass Münzbacher das »Mönchlein« erkennen würde. Als der Notar sich wieder entfernte, atmete Burghard erleichtert auf und ging eilenden Schrittes zurück zu Clemens.
     
    Anna kniete in der Kapelle nieder und genoss die Stille und Kühle, die hier herrschten. Im Gegensatz zu den sonntäglichen Messen in der Kirche zu Dingelstedt, in der es selten ruhig zuging, war hier nur leises Gemurmel von den Betenden zu hören. Da Anna weit vorn in den Bänken einen Platz gefunden hatte, konnte sie das Gnadenkreuz aus nächster Nähe betrachten. Eine Ordensfrau gesellte sich zu ihr, faltete die Hände vor dem Gesicht und flüsterte, als spräche sie zu dem Holzkreuz: »Salve Crux Pretiosa! Sei gegrüßt, heiliges Kreuz!«
    Dann schwieg die Fremde, und Anna hing ihren Gedanken nach.
    »Ist er nicht wunderschön?«, fragte die Ordensfrau, die in das weiße Gewand der Zisterzienserinnen gekleidet war, plötzlich ihre Banknachbarin leise. Anna nickte verwundert und überlegte, was sie erwidern sollte, als die Klosterschwester auch schon flüsternd fortfuhr: »Ich kenne weit und breit kein Kreuz, an dem unser Heiland einen so zufriedenen Gesichtsausdruck hat. Seht nur seinen leicht lächelnden Mund und diese Augen … Gütig, aber wissend blicken sie zu uns hernieder. Der Bildhauer, der dieses Bildnis von Jesus Christ geschaffen hat, war ein wahrer Künstler. Die Farben so frisch, als ob ihm unser Heiland erst gestern Modell gestanden hätte! Dabei ist das Altarbild schon viele hundert Jahre alt«, erklärte sie und sah Anna lobheischend an. Als diese nichts erwiderte, sprach die Ordensschwester mit
leiser Stimme weiter: »Wisst Ihr, junge Frau, überall auf Gemälden oder Statuen sieht er leidend aus. Doch hier wurde er als König dargestellt. Seht die goldene Krone! Wahrlich das Symbol eines Edelmannes!«
    Nun wandte sie Anna das Gesicht zu, und ihre Augen

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