Das Hexenmal: Roman (German Edition)
der jetzt regungslos auf der Ladefläche des Karrens lag. Anna nickte und streckte die Hand aus, um den verhüllten Mann zu berühren, zog diese aber im letzten Augenblick zurück, als sie ihren Mann nach ihr rufen hörte.
Hastig entfernte sie sich und lief Münzbacher entgegen.
Als sie vor ihm stand, gab es gleich wieder Schelte für ihr Verschwinden, doch diesmal prallten die Worte an ihr ab. Sie blickte zurück und glaubte eine Löwin zwischen den Bäumen zu erkennen.
Kapitel 41
Bereits am darauffolgenden Morgen saß Albert Jacobi das erste Mal seit langem wieder aufrecht im Bett. Da die Schmerzen noch nicht ganz verschwunden waren, empfahl der Magier, die Behandlung abermals durchzuführen, und der alte Jacobi stimmte zu. Sogar Otto, der anfangs wenig überzeugt war, sprach sich nicht dagegen aus – allerdings auch nicht dafür.
Schon zwei Tage später konnte der Hausherr sein Bett verlassen und gestützt auf den Magier einige Schritte gehen. Barbara hatte Tränen der Freude in den Augen und dankte im Stillen dem Herrn. ›Jetzt wird alles gut‹, dachte sie glücklich.
Sie lud Barnabas und Servatius ein, während ihres Aufenthaltes in Heiligenstadt im Haus wohnen zu bleiben, was die beiden Reisenden gern annahmen. Nachdem Albert Jacobi ihre Hilfe nun nicht mehr länger benötigte, wollten sie sich dem eigentlichen Grund ihres Aufenthaltes in Heiligenstadt widmen – der Suche nach Bruder Burghard. Merkwürdigerweise konnte sich niemand an ihn erinnern. Niemand schien den Franziskanermönch gesehen zu haben.
Nach zwei Tagen der vergeblichen Suche kam Barnabas zu dem Entschluss, dass Burghard entweder die Stadt in der Dunkelheit passiert hatte oder …
»Vielleicht ist Burghard nie hier gewesen!«
»Wo kann er dann abgeblieben sein?«, entgegnete Servatius verärgert.
»Ich glaube kaum, dass wir ihn finden werden. Lass uns also weiterziehen und uns wichtigeren Aufgaben widmen …«
»Aber was ist mit meinem Geld, das ich mir mühsam zusammengespart habe?«, entgegnete der Mönch verstimmt. Der Magier hob seinen Stock, und der Franziskaner schwieg. Dann sagte Barnabas huldvoll: »Da du ein treuer Wegbegleiter bist,
habe ich beschlossen, dir den vierten Teil deines Verlustes aus meinem Geldsäckchen zu ersetzen.«
Ungläubig starrte Servatius den Magier an.
»Das würdest du tatsächlich tun?«
Selbstgefällig nickte Barnabas.
»Vorausgesetzt, der Name Burghard kommt nie wieder über deine Lippen.«
»Gut, ich verspreche es!«
Dem Franziskaner war die Freude anzusehen, als er neben dem Magier durch die Gassen schritt. Auch Barnabas war frohen Mutes, denn obwohl er einen kleinen Teil der Beute wieder an den rechtmäßigen Besitzer zurückgab, blieben ihm noch immer drei Viertel als mühelos ergaunerter Profit.
Jetzt, da Albert Jacobi auf dem Weg der Besserung war und er sich von Tag zu Tag wohler fühlte, ließ auch seine Bosheit nach. Mit neuer Kraft kümmerte er sich um die Töpferei, sodass ihm seine Frau schon recht bald ihre Sorgen vortragen konnte. Sie setzte sich mit ihrem Mann und ihrem Schwiegersohn in der Stube zusammen, um über die schwierige Zeit, die schon bald auf sie zukommen würde, zu beratschlagen.
»Sie werden nicht mit einem Schlag alle Töpfereien verbieten. Das käme einer Katastrophe gleich! Überlegt, wie viele Familien davon betroffen wären«, war Alberts Meinung.
»Ich sehe das genauso«, pflichtete Otto seinem Schwiegervater bei. »Zuerst werden die kleinen Betriebe weichen müssen. Diejenigen, die Werrakeramik als Zubrot brennen. Für uns ist es jedoch der Haupterwerb. Solche Töpfereien werden bleiben dürfen.«
»Es mag sein, dass es erst in ferner Zukunft so kommen wird … Trotzdem müssen wir uns schon heute überlegen, was wir dann tun. Am sichersten wäre es, uns bereits jetzt eine andere Werkstatt aufzubauen, das den Verlust dieser Töpferei auffangen könnte …«
»Barbara, nun übertreib nicht. Ich pflichte Otto bei. Wer weiß, ob es überhaupt zur Schließung der Werkstätten kommen wird. Bis jetzt ist es nur Tratsch, den du auf dem Markt aufgeschnappt hast.«
»Ach ja?«, fragte seine Frau schnippisch. »Dann erkläre mir bitte, warum die Töpferei Hildebrand sich zum Brennen eine Genehmigung im Hessenland besorgen will. Aber wahrscheinlich ist das auch nur Markttratsch.«
Ihre Augen blitzten die beiden Männer triumphierend an. Diese waren erstaunt ob der Neuigkeit, und eine leichte Blässe war auf ihren Gesichtern zu erkennen.
»Wenn das
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