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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Kammer nach, und wenn er nicht da ist, dann lauf zu seiner Tochter. Vielleicht ist er dort.«
    Sogleich machte sich das Mädchen auf den Weg.
     
    Nachdem sich die Knechte verschnauft hatten, machten sie sich wieder an die Arbeit. Endlich hatte man acht Fohlen von den übrigen Pferden getrennt und sie auf eine andere Koppel gesperrt, wo sie unruhig hin und her liefen.
    Da kam Elsbeth aufgeregt zu Clemens gelaufen und teilte ihm mit, dass Bärbel ihren Vater ebenfalls seit zwei Tagen nicht mehr gesehen hatte.
    »Das sei zwar ungewöhnlich, da der Vater sonst jeden Abend vorbeikäme. Aber da Bärbel wusste, dass die Pferde verkauft werden sollten, hatte sie geglaubt, dass er zu viel Arbeit hatte und deshalb abends zu erschöpft sei. Schließlich ist er nicht mehr der Jüngste.«
    Grübelnd hatte Clemens ihr zugehört.
    »Weiß jemand, in welchem Waldstück Münzbacher Bäume schlagen wollte?« Ein jeder zuckte mit den Achseln.
    »Peter, suche Münzbacher und frage ihn, wann er Heinrich das letzte Mal gesehen hat und in welchem Waldabschnitt er Bäume anzeichnen sollte. Dann kommst du sofort zurück und teilst es mir mit. Um die restlichen Pferde werden wir uns morgen kümmern.«
    Alle nickten und gingen zurück zum Hof. Clemens beschlich ein ungutes Gefühl, und er hoffte, dass er sich irrte.
     
    Man fand Heinrichs Leiche unter einem Baum in dem Waldstück, das Münzbacher ihnen genannt hatte.
    Dem Zustand der Leiche nach zu schließen, schien der Knecht schon seit zwei Tagen dort zu liegen. Allem Anschein nach
musste ein Baum, der beim letzten Fällen bereits angeschlagen worden war, genau in dem Moment umgefallen sein, als Heinrich daruntergestanden hatte.
    Besonders tragisch war, dass Heinrich wohl nicht sofort tot gewesen war, da Kratzspuren im Waldboden auf einen Todeskampf hindeuteten.
    Clemens war wie betäubt. Es schmerzte ihn ungemein, dass sein väterlicher Freund derart hatte leiden müssen. Außerdem konnte er nicht nachvollziehen, wie so ein Unglück hatte passieren können und warum niemand den alten Knecht vermisst hatte.
    Das Gesinde des Gestüts trauerte um Heinrich, denn für viele war er mehr als nur ein Knecht gewesen. Die gute Laune unter den Mägden und Knechten war mit einem Mal wie fortgeblasen, und schweigend und bedrückt gingen alle ihrer Arbeit nach.
    Das Einzige, was Clemens für den treuen Mann noch tun konnte, war, ihm ein anständiges Begräbnis auszurichten. Doch Münzbacher versuchte das zu verhindern.
    »Das ist rausgeschmissenes Geld. Er war nur ein alter, dummer Knecht und sonst nichts – ohne Rang und Titel. Und du willst ihm ein herrschaftliches Begräbnis bezahlen? Das ist ja lächerlich!«
    Aufgebracht verteidigte Clemens sein Vorhaben.
    »Wage es nicht, so über Heinrich zu sprechen! Er war ein treuer, ehrlicher Knecht, auf den ich mich stets verlassen konnte. Außerdem … in Rang und Titel stand er über dir.«
    Der Schwager wusste, wie Clemens’ Äußerung gemeint war, und gab zynisch zurück: »Das hättest du wohl gern! Der Alte kostete nur Geld und brachte keine Leistung mehr. Nun hat die Natur das von allein gelöst, und dafür bin ich dankbar.«
    Clemens musste sich beherrschen, um Münzbacher nicht an die Gurgel zu gehen. Stattdessen erklärte er mit entschiedener Stimme: »Heinrich bekommt ein anständiges Begräbnis und die
Trauergemeinde einen ordentlichen Leichenschmaus. Er war beliebt. Da kommen sicher viele seiner Bekannten aus Dingelstedt, um von ihm Abschied zu nehmen.«
    Das Gesicht seines Schwagers wechselte die Farbe, er sagte jedoch kein weiteres Wort mehr. Clemens sah ihn triumphierend an. Münzbacher ließ ihn gewähren und dachte bei sich: ›Von mir aus kannst du die ganze Stadt zum Leichenschmaus einladen. Das war mir der angesägte Baum wert!‹

Kapitel 20
    Adolph Ernst von Wintzingerode saß, noch lange nachdem sich sein Freund Lutz Lambrecht auf den Weg nach Duderstadt gemacht hatte, vor dem Feuer und stocherte mit dem Schürhaken in der Glut.
    Er hatte dem Pfarrer sein bestes Pferd im Stall überlassen, da Lambrechts Wallach noch sehr erschöpft von dem harten Ritt gewesen war und niemals die Strecke nach Duderstadt und zurück geschafft hätte. Der schwarze Hengst des Freiherrn war ein kräftiges, außergewöhnlich schönes Ross und würde den langen Ritt mit Leichtigkeit bewältigen.
    Seine Frau Hedwig war damit beschäftigt, das Verlies so herzurichten, dass das Mädchen ein wenig Behaglichkeit vorfände. Zwar war es tief in der Erde,

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