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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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als er den besorgten Blick seines Freundes sah, spürte auch Hesse ein mulmiges Gefühl in sich hochsteigen.
    »Ich sehe es so wie du, meine Liebe«, pflichtete er seiner Frau bei, um dann fortzufahren: »Aber ich kann Lutz Lambrechts Besorgnis nachempfinden. Ich kenne seinen Schwager, den Bauer Bonner, und auch so manchen seiner peinlichen Auftritte. Was wir nicht vergessen dürfen, ist die Tatsache, dass Bonner den Stein ins Rollen gebracht hat, und den kann er nun nicht mehr aufhalten, selbst wenn er wollte. Er muss das Mädchen der Hexerei anklagen, da er sonst selbst vor den Richter zitiert werden würde.«
    Die geröteten Wangen von Herrn Hesse wurden eine Spur blasser, als er sich seiner eigenen Worte bewusst wurde.
    »Unglaublich, was solch ein verschrobener, machtbesessener Mensch anrichten kann. Aber das Schlimmste wird sein, dass niemand es wagen wird, sich gegen Bonner zu stellen …«
    »Aber warum nicht?«, fragte Frau Hesse aufgebracht.
    »Die Angelegenheit ist zu heikel, meine Liebe. Hätte man Franziska des Diebstahls angezeigt, dann wäre es ein Leichtes, sich auf ihre Seite zu stellen. Aber der Hexerei angeklagt zu sein wiegt schwer. Schnell kann es heißen, dass sie ihren Fürsprecher verhext hat, oder gar, dass man selbst mit dem Teufel im Bunde steht. Und dann geht man den gleichen Weg wie Franziska – und der führt geradewegs ins Feuer!«
    Erschrocken hielt sich Frau Hesse die Hand vor den Mund. Lambrecht, der bis dahin stumm zugehört hatte, nickte. An die Frau gewandt, fuhr er fort: »Dem kann ich nur zustimmen. Würdet Ihr nun, da Ihr die Konsequenzen kennt, noch immer für Franziska vor Gericht aussagen wollen? Behaupten, dass sie ein unschuldiges Mädchen sei? Dass Bauer Bonner sie nur aus Eigennutz anklagt? Würdet Ihr in Kauf nehmen, dass Eure Kinder
vielleicht ohne Mutter aufwachsen müssten, nur weil Euch das Mädchen rein und unschuldig erscheint?«
    Frau Hesse schloss bestürzt die Augen und atmete laut aus. Als sie den Pfarrer wieder ansah, war ihr Blick traurig.
    »Nein, das Wagnis würde ich nie und nimmer eingehen. Meine Familie geht mir über alles, und niemand wäre es wert, dass ich die Meinen dafür im Stich lassen würde. Trotzdem ist es eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, und wenn ich euch beide richtig verstanden habe, wird die Anklage das Mädchen unausweichlich auf den Scheiterhaufen bringen.«
    Die Stimme der Frau war nur noch ein leises Hauchen, und sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Leise weinend legte sie ihr Haupt an die Schulter ihres Mannes, der ihr tröstend mit seiner fleischigen Hand den Rücken tätschelte.
    »Ihr könnt Franziska trotzdem helfen.«
    Fragend blickte Frau Hesse zu Lambrecht auf.
    »Ich werde das Mädchen noch heute mit mir nehmen. Es gibt nur einen Ort …«
    Der Braumeister hob die Hand, sodass Lambrecht verstummte.
    »Sprich nicht weiter, Lutz. Je weniger wir wissen, desto weniger können wir verraten! Liebes, geh zu Franziska, und erkläre ihr alles.«
    Aufschluchzend nickte seine Gattin und verließ den Raum. Als sich die Tür hinter ihr schloss, sagte Hesse mit gedämpfter Stimme zu Lambrecht: »Du weißt, Lutz, dass unsere Freundschaft etwas Besonderes ist. Nicht nur, weil sie seit unserer Kindheit Bestand hat, sondern auch, weil du lutherischer Pfarrer bist und ich Katholik. Trotzdem haben wir stets nach Gottes Willen gehandelt, denn Gott macht keine Unterschiede unter den Gläubigen – nur der Mensch …«
    Fragend sah Lambrecht zu seinem Gegenüber. Er verstand den Sinn der Worte zwar, aber ihm war nicht klar, was sein
Freund ihm damit sagen wollte. Hesse erkannte das und fügte entschuldigend hinzu: »Ich war noch nie gut in Erklärungen … Was ich sagen wollte, ist einfach nur, dass du dich auf mich und meine Frau verlassen kannst. Wir werden niemandem verraten, wohin du das Mädchen bringst. Jedoch sage dem Wohltäter, dass ich ihm ein Fass meines besten Bieres spendieren werde.«
    Erstaunt fragte Lambrecht: »Woher weißt du …«
    Braumeister Hesse wischte die Frage fort.
    »Das Pferd hat seinen Besitzer verraten, und ich hoffe, dass niemand sonst es erkannt hat.«
    Für einen Moment hörte das Herz des Pfarrers auf zu schlagen. Daran hatte er wahrlich nicht gedacht! Doch nun war es zu spät, denn er konnte den Rappen weder zurücklassen noch ein anderes Pferd nehmen. Er musste auf Gott vertrauen …
    Franziska betrat den Raum und kurz nach ihr Frau Hesse. Diese reichte dem Mädchen einen

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