Das Hexenrätsel
nicht mehr direkt an. Sie stand schräg und hatte ihren Blick zumeist auf mich gerichtet, wobei sie den Reporter noch aus den Augenwinkeln erkennen und jede Bewegung registrieren konnte. Ich hatte mich so weit vorgeschoben, daß sie mich auch sehen konnte, und ein dünnes Lächeln zuckte über ihre Lippen.
»Was willst du mit dieser Waffe? Auch wenn du schießt, ich schaffe es trotzdem…« Sie sprach nicht mehr weiter, denn ihre Augen wurden starr. Das Mädchen hatte etwas entdeckt, das stärker war als meine Beretta. Das Kreuz!
Ich hielt es nicht mehr durch meine Kleidung versteckt, sondern hatte es offen vor meiner Brust hängen.
Das Kreuz war der Urbegriff des Guten, und ich wußte genau, daß sich die andere Seite davor fürchtete. Durch das Kreuz war die Welt erlöst worden, aber das wollte der Satan nicht anerkennen, und deshalb griff er immer wieder in das Geschehen ein.
Sie ging zurück…
Tatsächlich. Der Anblick hatte sie so geschockt, daß sie die Stellung nicht mehr halten konnte. Aus ihrem offenen Mund drang ein Röcheln, und ich vernahm gleichzeitig das Zischen, das allerdings nicht sie ausgestoßen hatte, sondern ein anderer.
Der Hexentöter!
Sein Bild war wieder auf der Schwertklinge zu sehen. Ein schreckliches Gesicht, ein Zerrbild des Bösen, eine Maske des Schreckens, die mich anstarrte.
Aus dem schmalen Mund stach für einen Moment grau die Zunge hervor, und ich nahm auch wahr, daß die drei Schlangen auf dem Boden in Bewegung gerieten Plötzlich war Bill frei.
Die Schlangen aber schwebten durch die Luft. Im ersten Moment rechnete ich damit, daß sie mich angreifen würden. Das geschah nicht, sie hatten ein anderes Ziel.
Das Schwert!
Bevor ich mich versah, hatten sie es erreicht und bildeten den Griff, wobei das Mädchen die Waffe losließ und einige Schritte zurückwankte.
»John, gib acht, das Schwert ist gefährlich!« warnte mich der Reporter.
»Ich weiß.«
»Es reagiert auch selbständig und wird vom Geist des Bösen geleitet.«
Ich nickte dem Freund zu und bedankte mich so für die Warnung. Das Schlangenschwert ließ ich nicht aus den Augen. Es war mit dem Griff jetzt wieder vollständig und ich dachte daran, daß es für mich ein großes Problem gab.
Im Gegensatz zu dieser Waffe, die auf Töten programmiert war, durfte ich sie nicht vernichten, sondern mußte sie der Oberhexe Wikka bringen, um Jane Collins zurückzubekommen.
Unbeschadet wollte Wikka das Schwert haben.
Freiwillig würde mir Baldur von der Lenne die Waffe bestimmt nicht überlassen. Ich mußte sie mir holen, wobei ich mich noch fragte, wie ich das anstellen sollte.
Auch Suko hatte den Schauplatz des Geschehens inzwischen erreicht. Ich sah meinen Freund nicht weit von Bill Conolly entfernt stehen. Die Dämonenpeitsche hielt er in der Hand, aber auch seinen geheimnisvollen Stab, mit dem er die Zeit anhalten konnte. Was konnte ich tun?
Das Schwert blieb nicht still. Ungefähr in Halshöhe schwebte es über dem Boden und wurde von vier Augenpaaren beobachtet, wenn wir das Mädchen mitzählten.
Es drehte sich. Dabei kam es mir vor wie der große Zeiger einer Uhr. Einmal zeigte die Spitze auf Suko, dann auf Bill und anschließend auf mich.
Ein Kreisel, der plötzlich unterbrochen wurde, denn die Waffe hatte ihr neues Ziel gefunden.
Das war ich.
Gedankenschnell huschte sie auf mich zu, wollte mir den Hals durchbohren, ich sah nur den Reflex, tauchte zur Seite, drehte mich dabei und hörte noch das Pfeifen, als mich die Klinge verfehlte und hart in den Stamm eines Baumes hieb.
Sehr dicht sah ich den Griff vor mir - und packte zu. Das hätte ich nicht tun sollen, denn im selben Augenblick hatte ich das Gefühl, von einem Feuer erfaßt zu werden, das den gesamten Körper überflammte.
Ich konnte es auch mit zuckenden, starken Stromstößen vergleichen, die mich malträtierten. Es war grauenhaft, denn es gelang mir nicht, mich zur Seite zu werfen und den brutalen Schlägen zu entgehen, bis Suko allem ein Ende machte und ein einziges Wort rief.
Topar!
***
Damit hatte er den Bann zwar nicht gebrochen, aber er konnte handeln, während um ihn herum die Zeit angehalten wurde und die Akteure zur Bewegungslosigkeit erstarrten.
Nur er nicht.
Und Suko sprang vor.
Er benötigte nur zwei große Schritte, um seinen Freund John Sinclair zu erreichen, der in einer seltsamen starren Haltung neben dem Baumstamm stand und noch immer mit einer Hand den Griff des Schlangenschwerts festhielt.
Fünf Sekunden waren wenig
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