Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
nachts fällt mir auf, wo es bei dem konkreten Projekt eigentlich klemmt. Oder was im Aufgabengebiet des Mitarbeiters verändert werden könnte bzw. auf welche Position er möglicherweise versetzt werden muss, um wieder zufrieden und erfolgreich zu arbeiten.
Vielleicht ist es ein besonders zuverlässiger oder korrekter Mitarbeiter, dem für seine gegenwärtigen Aufgaben etwas Phantasie und Kreativität fehlen. Während wir an einer anderen Stelle einen unkonventionellen, aber besonders einfallsreichen Menschen sitzen haben, der sich mit für ihn eher langweiligenRoutineaufgaben herumschlagen muss. Oder wir haben jemanden, dem für seine Aufgaben in der Produktion technisches Verständnis fehlt – der aber in der Qualitätskontrolle sofort aufblüht. Manchmal muss man zur Auflösung solcher Situationen zwei oder drei Umbesetzungen vornehmen. Oder ein Team neu zusammensetzen. Und manchmal wird mir eben auch klar, dass wir uns leider trennen müssen. Wobei ich dann aber oft darüber nachdenke, ob der Mitarbeiter in einer anderen, mir bekannten Firma in der Umgebung vielleicht besser aufgehoben wäre. Jedenfalls, wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen oder einfach für uns ungeeignet ist. Auch das gibt es ja leider ab und an.
Der Grund, warum mir plötzlich die Lösung deutlich wird, ist im Kern immer derselbe: Es war durch das Problem Druck entstanden, der zu einem wirtschaftlichen Misserfolg, zur Eskalation eines menschlichen Problems oder zu nachhaltig schlechter Stimmung in einer Abteilung hätte führen können. Und das lässt mich dann eben nicht los, bis ich es lösen kann. Hier handelt es sich wohlgemerkt nicht um ein krampfhaftes Nachdenken, bei dem ich mich schlaflos im Bett wälze. Das bringt eher wenig, führt selten zu guten, kreativen Problemlösungen. Es ist eher eine innere Unruhe, die da wirkt, und die den Willen zur Lösung befeuert.
Es spricht ja vieles dafür, dass der Mensch gar nicht in erster Linie zum Zwecke der physischen Erholung schläft. Es ist vor allem das Gehirn, dass ein bestimmtes Quantum Schlaf braucht. Ebenso wie einen gesunden Schlaf, der bekanntlich aus unterschiedlichen Phasen besteht: Tiefschlaf, Traumphasen, manchmal auch kurze Wachphasen. Oft beschäftigen sich die Synapsen da einfach mit Aufräumarbeiten. Jeder kennt solche chaotischen oder surrealen Träume, die offensichtlich nichts mit Tageserlebnissen zu tun haben. Aber manchmal arbeiten wir diese eben doch ab. Und bisweilen findet das Gehirn dann wohl auch in irgendeiner seiner Windungen eine Lösung, die uns beim bewussten Nachdenken nicht eingefallen ist. Die aber gleichwohl schon „da“ war.
Die in der Nacht geborenen Ideen haben zugleich unschätzbare Vorteile: Sie sind meist einfach, klar, unkompliziert – und noch nicht zerredet. Stelle ich meine Idee dann am nächsten Tag den betreffenden Mitarbeitern vor, kann es natürlich immer noch passieren, dass sie sich im Laufe der Diskussion als weniger gut entpuppt, wie ich dachte. Dass gewichtige Gegenargumente vorgebracht werden, ich einen entscheidenden Punkt übersehen habe. Doch meine Idee ist dann immerhin noch der Impuls für eine bessere Lösung gewesen. Eben eine, die nicht mir zugefallen ist, sondern die im Team erarbeitet wurde.
Auch wenn das zum Glück nicht oft der Fall ist: Bisweilen gibt es sogar Zeiten, die so unruhig sind, dass ich überhaupt nicht in den Schlaf finde. In der Verantwortung für ein großes Unternehmen schlafe ich eben nicht immer gut. Doch irgendwann kommt immer auch der Augenblick, in dem mir die mögliche Lösung aufscheint.
Bei wirtschaftlichen Entscheidungen oder bei der Lösung technischer Probleme liegt ein gewisser Druck geradezu in der Natur der Sache. Denn hier habe ich es fast immer mit Knappheitsproblemen zu tun. Zeit, Geld und Ressourcen stehen eben so gut wie nie unbegrenzt zur Verfügung. Und wenn es doch einmal egal sein sollte, was eine Lösung kostet oder wann ein Produkt auf den Markt kommt, dann kann ich fast eine Wette darauf abschließen, dass die derart Verwöhnten zwar alle denkbaren Hebel in Bewegung setzen – aber der Zug am Ende gar nicht, viel zu spät oder völlig überladen in den Bahnhof rollt.
Panik führt zu Denkblockaden
Andererseits: Zu groß darf die Not dann auch wieder nicht sein. Denn Angst ist ein noch schlechterer Ratgeber als völlige Sorglosigkeit. Hängt von der Markteinführung eines neuen Produktes das Überleben der Firma ab oder weiß ich, dass ein Wettbewerber ebenfalls
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