Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung. Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“
Das Bekenntnis zur Subsidiarität gehört in Deutschland zum festen Repertoire politischer Grundsatzerklärungen. Was wir dagegen in jüngerer Zeit tatsächlich erleben, ist zwar nicht gerade die Wiederkehr des Obrigkeitsstaates. Jedoch beschleicht einen zunehmend das Gefühl, dass Politik, Verwaltung und viele gesellschaftliche Großinstitutionen dem Bürger nichts mehr zutrauen wollen. In der Folge macht sich allenthalben eine Art volkspädagogischer Geist bemerkbar. So als müsse die Politik in der Hauptsache achtgeben, dass der Bürger auch ja nichts verkehrt macht.
Ein noch eher harmloses Beispiel ist die Politik beim Thema Rauchverbot. Ich selbst rauche nicht. Es ist erwiesenermaßen ungesund, und es schmeckt mir auch nicht. Zudem bin ich unbedingt dafür, dass Raucher, inzwischen eine Minderheit der Bevölkerung, auf Nichtraucher Rücksicht nehmen und nicht jedes Büro, jedes Restaurant und jede Kneipe vollqualmen. Die Bundesregierung darf zudem gerne über die gesundheitlichen Risiken des Tabakgenusses aufklären. Obwohl diese Risiken vermutlich auch ohne Beihilfe des Bundesgesundheitsministers bekannt geworden wären und obwohl nur wenige Raucher ihr Laster vor allem für gesundheitsfördernd halten dürften. Aber ob es tatsächlich detaillierter gesetzlicher Regelungen bedarf, in denen geklärt wird, was „Einraumgastronomie“ ist und ob dort wann und unter welchen Bedingungen geraucht werden darf oder nicht, bezweifleich. Meiner Meinung nach sollten mündige Bürger, ob nun mit oder ohne Glimmstängel in der Hand, fähig sein, so etwas unter sich auszumachen.
Ein anderes Beispiel ist das sogenannte Erziehungsgeld, um das jüngst mit heftigen Bandagen gestritten wurde. Eltern, die ihre Kinder in deren ersten drei Lebensjahren nicht in eine Krippe geben, sondern daheim erziehen wollen, sollen pro Kind und Monat 100, später 150 Euro erhalten. Die Frage ist nicht, ob es sich hier tatsächlich um ein geeignetes Mittel zur Familienförderung handelt – zumal der Wust an diesbezüglichen sozialen Leistungen vielleicht schon unübersichtlich genug ist. Die Frage ist, wie die Gegner des Familiengeldes auf das folgende Argument kommen: Die Leistung verhindere, dass gerade jene Kinder in die Krippe gingen, die es am Nötigsten hätten, nämlich Kinder aus „sozial schwachen und bildungsfernen Schichten“. Nähme man diesen Einwand wirklich ernst, müsste man letzten Endes darüber nachdenken, Menschen unterhalb gewisser Einkommensgrenzen und formaler Bildungsgrade die Kinder schlichtweg wegzunehmen. Kinder so früh wie möglich in die Hand des Staates zu geben ist allerdings eine Idee, die bislang nur in Diktaturen erprobt wurde.
Nichts gegen gute Betreuungsangebote auch für Kleinkinder. Aber sehr viel spricht eben auch für eine Früherziehung in der Familie. Ich halte es im Sinne einer gelingenden Erziehung eher für gefährlich, frühkindliche Betreuungszeiten und später den Schultag so weit auszudehnen, dass keine Freiräume mehr bleiben. Die Menschen werden sich nämlich immer ähnlicher, je länger sie im gleichen Stall sind. In einer liebevollen Familie wachsen echte Persönlichkeiten heran. Staatliche Erziehungseinrichtungen begünstigen dagegen immer eher die Norm und den Durchschnitt.
Ohnehin sollte gelten: Was das Beste für Kinder und Eltern in einer bestimmten Lebenssituation ist, müssen – und können – die Menschen selbst entscheiden. Eine Politik, die vorgibt, Familien mit Kindern unbedingt fördern zu wollen, die aber gleichzeitig zu verstehen gibt, dass sie einem Teil der Elterngrundsätzlich misstraut, darf sich nicht wundern, wenn ihr selbst misstraut wird.
Der grundsätzliche Verdacht vieler Bürger, einem alles regulierenden Staat ausgeliefert zu sein, kann sich an den verschiedensten Punkten Luft machen. Ich denke, dass es, um ein letztes Beispiel zu nennen, bei der Diskussion um „Stuttgart 21“ am Ende nicht um die Frage ging, was verkehrstechnisch und stadtplanerisch besser sei, der bisherige Kopfbahnhof oder ein neuer Tiefbahnhof. Ebenso
Weitere Kostenlose Bücher