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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Hipp
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teilbar wie das Recht der freien Entscheidung.
    Zwar können der Staat und die Sozialsysteme den Einzelnen ein gutes Stück weit vor den Irrtümern und Fehlern der anderen schützen. Im Falle mangelhafter oder gesundheitsschädlicher Produkte gibt es Haftungspflichten, Garantieansprüche und das Umtauschrecht. Versagen Eltern komplett bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder, wird das Jugendamt deren Interessen schützen. Und geht der Geschäftsplan einer Firma nicht auf, sodass diese Konkurs macht, fallen die Mitarbeiter nicht sofort ins Bodenlose, sondern werden zunächst durch die Arbeitslosenversicherung aufgefangen.
    Doch in der großen Mehrzahl der Fälle müssen sich die Menschen die Folgen ihrer Fehlentscheidungen schon selbst zurechnen. Wer das für eine schlechte Nachricht hält, der verlangt letztlich nach einer allgegenwärtigen Obrigkeit, die jedem jederzeit sagt, was das Beste für ihn ist. Die Menge konkreter Fehlentscheidungen würde dadurch zwar vermutlich kaum verringert, aber wir hätten wenigstens immer einen Schuldigen zur Hand.
    Darum ist es alles andere als eine Formel für Sonntagsreden, dass Freiheit ohne Verantwortung nicht denkbar ist. Demokratie und soziale Marktwirtschaft sind nicht nur geschichtlich gesehen so etwas wie Zwillingsgeschwister. Vor allem eint sie das gleiche Menschenbild. Dessen Grundlagen sind die Würde und die Freiheit jedes Einzelnen. Daraus entspringt ein Recht, das unübertroffen in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung formuliert wurde: „the pursuit of happiness“, das Recht eines jeden Menschen, nach Glück zu streben. Die Menschenrechte und die politischen Freiheitsrechte, die sich aus diesem Menschenbild ableiten, gelten universell, uneingeschränkt und bedingungslos für jeden. Sie finden ihre Grenze einzig in den gleichen Rechten anderer. So steht es daher auch in unserem Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt.“ – „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
    Doch weder politische noch wirtschaftliche Freiheit können natürlich die Glückseligkeit selbst garantieren. Da der Mensch bekanntlich irrt, so lang er strebt, hat er auch das Recht, sich unsinnige oder unrealistische Ziele zu setzen. Er darf zur Erreichung seiner Ziele ungeeignete Mittel und Wege wählen. Und er ist nicht vor dem Risiko gefeit, bestimmte Rahmenbedingungen seines Handelns falsch einzuschätzen. Was im Kleinen fast schon banal klingt, kann im Großen und Ganzen dramatische Folgen haben. Jeder Mensch kann nämlich im Leben auch scheitern – wenn er mit seinen Entscheidungen zu oft oder in allzu grundlegenden Punkten danebenliegt.
    Wer daraus nun wieder einfach den Schluss zieht, der Gescheiterte sei selbst schuld oder habe eben Pech gehabt, müsse folglich sehen wo er bleibt, endet allerdings in einem erbarmungslosen Sozialdarwinismus. Unsere Gesellschaft garantiert jedem Bürger ein Leben in Würde, seine persönliche Freiheit und das Recht, nach seinem Glück zu streben. Daher muss sie beides verlangen: Eigenverantwortung und Solidarität. Allerdings genau in dieser Reihenfolge.
    Eigenverantwortung bedeutet unter anderem: Der Einzelne sollte möglichst für sich selbst sorgen können. Selbstverständlich darf er im Erfolgsfall die Früchte seiner Arbeit ernten und genießen. „Du sollst dem Ochsen zum Dreschen keinen Maulkorb anlegen“ heißt es schon im 5. Buch Mose, und beim Evangelisten Lukas sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn.“ Zugleich sollte jeder die Mittel und Wege seiner Bestrebungen aber mit größtmöglichem Bedacht wählen. Nur wer unverschuldet in existenzielle Not gerät, hat uneingeschränkten Anspruch auf Unterstützung der Gemeinschaft. Bis hier wird kaum jemand widersprechen.
    Etwas schwerer fällt vielen eine andere Einsicht: Jeder muss auch für die Folgen falscher Entscheidungen und Handlungen geradestehen. Wer die Konsequenzen eigener Fehlentscheidungen auf andere abschiebt, der betreibt Ausbeutung. Das gilt für Banker, die ihre überzogenen Spekulationsrisiken den Steuerzahlern aufbürden, genauso wie für Langzeitarbeitslose, die zumutbare Arbeitsangebote auf Dauer ablehnen. In der sozialen Marktwirtschaft darf es nicht zur Ausbeutung der intellektuell, materiell oder sozial weniger gut Gestellten kommen. Aber eben auch nicht zur Ausbeutung der Tüchtigen, der

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