Das Hiroshima-Tor
dass sie dir gekündigt haben. Und dass du das nicht verkraftet
hast.«
Timo packte Soile an der Schulter. »Wer hat dich angerufen? Wilson? Du musst dich an den Namen erinnern! Jeder x-Beliebige
kann sich als TER A-Mitarbeiter ausgeben ...«
»Weiß denn jeder x-Beliebige, dass man dir gekündigt hat – außer mir vielleicht? Warum hast du es mir nicht erzählt?«
»Wo hast du den Anruf erhalten?«
»Im Institut.«
»Glaub niemandem außer mir.« Timo merkte, dass er schnell und aufgeregt sprach. Zu schnell und zu aufgeregt.
»Ich glaube dir ...«
|342| »Hör auf«, sagte Timo. Er konnte seine Wut kaum noch beherrschen. Sie hatten sich abgesichert, indem sie Soile mit ihrer eigenen
Version fütterten. »Sie versuchen mich für verrückt zu erklären. Und das ist nicht schwer, wenn ich über solche aberwitzigen
Dinge reden muss.«
Er führte sein Gesicht unmittelbar an Soiles Gesicht heran, schaute ihr in die Augen und sagte so überzeugend, wie er konnte:
»Das ist eine geheime Information, die ich nicht preisgeben dürfte, aber jetzt bin ich offenbar dazu gezwungen. Auf einer
Archivdiskette des KGB, die in den Besitz der TERA gelangt ist, finden sich auch Daten, die mit Finnland zu tun haben. Material,
das eine bedeutende politische Person berührt. Die SiPo weiß Bescheid, Rautio kann dir bei Bedarf alles bestätigen, wenn du
mir nicht glaubst. Aber viel wichtiger noch ist das übrige Material auf der Diskette. Die USA wollten die TERA bei der Untersuchung
unbedingt draußen halten. Als ich die Echtheit der Diskette für Rautio und die finnischen Ermittlungen überprüfte und dabei
rasch vorankam, wurden die Amerikaner nervös und sorgten für meinen Rausschmiss. Aber meine Ermittlungslinie erwies sich als
richtig. Zunächst in Cambridge. Jemand anders war an derselben Quelle und brachte mehrere Amerikaner um, die ebenfalls in
der Geschichte wühlten. China, nehme ich an. Ebenso erging es der Witwe des Historikers Vaucher-Langston. Und vielleicht auch
Bronislaw Zeromski in Krakau.«
»Ist das der polnische Archäoastronom, von dem du gesprochen hast?«, fragte Soile. »Ich kenne Bronisław Zeromski.«
Timo nickte. »Sie haben ihn geschnappt. Und versucht, auch mich zu töten. Kapierst du?«, fragte er aggressiv. »Zeromski ist
vor gut fünfzehn Jahren in Marburg im Zusammenhang mit einem Kongress über den Quastenflosser verhört worden. Man wollte von
ihm wissen, ob ein anderer Teilnehmer, der Meeresbiologe Isama Nishikawa, während des Kongresses seinen Vater, den Teilchenphysiker
Yoshima Nishikawa, getroffen hätte. Wegen Yoshima Nishikawa habe ich dich angerufen. Die |343| Person, die damals die russischen Archivunterlagen erstellt hat ...«
Es knackte in der Dunkelheit. Timo erstarrte, bereit, sich jeden Moment auf die Erde zu werfen und Soile zu schützen.
»Eine Katze«, sagte Soile mit einem kurzen Blick zur Seite.
Timo legte den Finger auf die Lippen und sah sich um. Der Anruf, den Soile erhalten hatte, beunruhigte ihn tatsächlich.
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Der CI A-Beamte Sean Todd zeigte der Angestellten des
Hôtel Raphaël
ein Foto.
Die Frau setzte die Brille auf, die sie um den Hals hängen hatte, und schaute unsicher auf das Bild. »Wo ist das ...«
»Sagen Sie mir einfach, ob er hier ist«, sagte Todd auf Französisch. Die Erregung rötete leicht sein sommersprossiges Gesicht.
Die Frau warf erneut einen Blick auf das Dienstabzeichen der französischen Polizei, das Todd ihr zusammen mit dem Foto hinhielt.
»Er kam gegen Abend. Die Frau ist gerade eben eingetroffen.«
»Zimmernummer?«
»27. Erster Stock.«
»Sind sie in ihrem Zimmer?«
Die Frau blickte auf die Tafel mit den nummerierten Haken. Der Schlüssel von Zimmer 27 fehlte. »Ja.«
Todd nickte seinem Kollegen zu und steckte das Foto ein. Das Dienstabzeichen schob er in seine Brieftasche, in der er auch
die echt aussehenden Dienstmarken der Deutschen und der Schweizer Polizei aufbewahrte.
»Geben Sie mir den Zweitschlüssel für das Zimmer.«
Die Frau bückte sich und holte den Schlüssel unter dem Tresen hervor.
Im Licht der einsamen Lampe auf dem Hof wartete ein Auto, aus dem ein dritter Mann ausstieg. Todd ging zu ihm, flüsterte ihm
ein paar Sätze zu, dann kehrte er ins Haus zurück. Der dritte Mann ging um die Ecke des Gebäudes herum. Den Blick hatte er |345| auf die Zimmer im ersten Stock gerichtet. Dann blieb er stehen, zog eine Pistole aus der Innentasche und
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