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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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war über die Arbeit der Japaner nicht bekannt.
    Stattdessen hatte die amerikanische Informationsquelle beobachtet, dass Doktor Nortamo ebenfalls Material über Nishikawa |336| sammelte. Das hatte in Washington Interesse geweckt, und man hatte die lückenlose Observation von Frau Doktor Nortamo veranlasst.
    Ihr Auto fuhr auf der elektronischen Karte in Richtung Villnaz   – Annecy–Aix-les-Bains weiter. Schnell brach die Dämmerung über den majestätisch aufragenden Bergen herein.

|337| 44
    Unruhig sah Timo im Garten des
Hôtel Raphaël
auf die Leuchtziffern seiner Uhr. Wo blieb Soile?
    Er stand hinter den Büschen am Rand des Parkplatzes, in einer Zone, wo das Laternenlicht nicht hinreichte.
    Auf der schmalen Zufahrt näherte sich ein Auto. Timo setzte sich sofort in Bewegung. Er sah den hellen Lichtkegel über die
     Mauer streichen, während er hinter Thujen und Oleander so weit nach oben ging, bis er den gesamten Parkplatz überblicken konnte.
    Der kleine Citroën
C3
hielt wenige Meter neben seinem Wagen an. War es klug gewesen von Soile, in Genf ein Auto auf den eigenen Namen zu mieten?
     Und entsprang diese Frage nur der notwendigen Vorsicht angesichts der Situation, oder war das die Überempfindlichkeit seiner
     angespannten Nerven?
    Soile stieg ruhig aus dem Wagen und blickte sich einen Moment ernst um. Das Licht von der Laterne beleuchtete ihr Gesicht
     nicht ganz, warf aber ihren Schatten auf den Kies. Sie trug Jeans und eine Bluse, die Timo noch nicht an ihr gesehen hatte.
     Ihre Haare waren kürzer, sie hatte sich einen neuen Schnitt machen lassen. Sie sah schön und intelligent aus – und mit einem
     Mal vollkommen fremd. Als wäre dem Auto eine Frau entstiegen, die Timo nur vom Sehen kannte. Dieses Gefühl war so neu, so
     seltsam, dass Timo erschrak. Hatten sie Soile bereits abgefangen und an ihrer Stelle eine andere geschickt?
    Entsetzt über seine paranoiden Gedanken ballte Timo die Fäuste.
    Soile ging auf das Hauptgebäude zu und durchquerte den |338| Lichtkreis der zweiten Lampe, die an der Wand angebracht war.
    Timo gab sich einen Ruck. Im Schutz der Büsche ging er zum Parkplatz hinunter und sagte mit gedämpfter Stimme: »Soile. Ich
     bin hier.«
    Sie blieb stehen und blickte sich um.
    »Komm«, sagte Timo.
    Mit unsicheren Schritten und gesteigerter Aufmerksamkeit trat Soile hinter den Büschen auf ihn zu. Die ganze Situation und
     seine Gefühle ließen Timos Herz bis zum Halse schlagen. Jetzt aber ging es um weit mehr als um ihre Beziehung. Die zu klären
     würden sie später hoffentlich noch Zeit haben.
    »Was soll das Versteckspiel?«, fragte Soile gereizt.
    Timo antwortete nicht. Gegen das Hoflicht sah er nur die Umrisse seiner Frau, nicht ihren Gesichtsausdruck.
    »Hast du verstanden?«, hakte Soile noch immer gereizt, aber mit besorgtem Unterton nach.
    »Ist es Patrick?«, hörte sich Timo erschöpft fragen.
    Im Gegenlicht sah er, wie sich hinter Soiles Ohr eine einzelne Haarsträhne ringelte. Zugleich roch er ein neues Parfum an
     ihr. Ein Geschenk von Patrick?
    »Ich dachte, es ginge hier um etwas Wichtiges«, entgegnete Soile in so staubtrockenem Forscherton, dass Timo lachen musste.
     Aber er erstickte sein müdes Lachen sogleich und flüsterte: »Komm mit.«
    Er schlug einen Fußweg ein, der am Rande des Weinbergs den Hang hinaufführte. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an die
     Dunkelheit. Mit jedem Atemzug versuchte er die Gedanken an den anderen Mann abzuschütteln, all die Bitterkeit, die Wut und
     die Scham. Hinter ihm ging eine führende Wissenschaftlerin der Theoretischen Physik, alles andere war jetzt zweitrangig.
    Soile folgte ihm schweigend. Als sie eine ebene Grasfläche erreichten, blieb Timo stehen und drehte sich zu Soile um.
    Jetzt fiel ihm auch ihr neues Augen-Make-up auf, und er |339| musste sich zusammereißen, damit nicht wieder eine Welle der Eifersucht seine Gedanken hinwegspülte.
    »Du hast Aaro einmal erzählt, dass es dort oben Leben geben muss«, fing Timo mit leiser Stimme an, wobei er den Blick zum
     Himmel richtete. »Oder?«
    »Was redest du da?«
    »Du hast gesagt, es muss irgendwo im Universum intelligentes Leben geben. Und ein Teil davon muss uns technisch enorm überlegen
     sein. Wäre es also möglich, dass Vertreter einer fremden Zivilisation irgendwann die Erde besucht haben?«
    »Großer Gott, bist du verrückt geworden?«
    »Jetzt sag schon!«
    »Wer soll denn auf so eine Frage antworten«, schnaubte Soile und befreite ihren Arm

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