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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ihnen eine Fälschung untergejubelt? Wie hatte sie bei der Frau landen können,
     deren Leiche in der Seine gefunden wurde?
    Außerdem stellte sich die Frage, wie die SiPo die Ermittlungen sehen würde, wenn die Premierministerin in den Fall verwickelt
     wäre. Oder war es möglich, dass Asko Lahdensuo auf eigene Faust gehandelt hatte, und die Premierministerin gar nichts von
     dem KG B-Material wusste, jedenfalls noch nicht?
    Die ohnehin schon heikle Lage glich nun einer Ladung Dynamit, die nur noch darauf wartete, gezündet zu werden. Hinter der
     Premierministerin standen Schwergewichte aus dem Wirtschaftsleben, die eine weitere Amtsperiode der jetzigen Präsidentin um
     jeden Preis verhindern wollten, schon allein weil sie einem Beitritt Finnlands zur NATO ablehnend gegenüberstand.
    Zu Premierministerin Lahdensuos Truppen zählten auch Personen mit engen Beziehungen nach Osten. War es möglich, dass Frau
     Lahdensuo selbst oder jemand aus ihrem engeren Umfeld sich zu dem brutalen politischen Manöver entschlossen hatte, altes KG B-Material gegen die amtierende Präsidentin zu verwenden? Es musste nur das Wissen um die Existenz solchen Materials an die Medien durchsickern
     oder Informationen aus den Voruntersuchungen an die Öffentlichkeit dringen, und schon stünde die Präsidentschaftswahl unter
     vollkommen neuen Vorzeichen.
    Timos Telefon klingelte.
    »Ich werde das nicht noch einmal tun«, sagte Välimäki. »Aber die Antwort lautet ja. Sie war damals in Moskau. Privat.«
    »Gut«, antwortete Timo reflexartig. »Ich meine natürlich schlecht. Für sie   ...«
    Es gab keinen Anlass, den Namen der Präsidentin am Telefon zu nennen. Und Timo würde nicht einmal Välimäki gegenüber |85| den Namen Asko Lahdensuo fallen lassen. Er sah allmählich immer klarer. Natürlich konnte es auch purer Zufall sein, dass sich
     die spätere Präsidentin genau am 16.   April 1989 in Moskau aufgehalten hatte. Aber es wurde immer wahrscheinlicher, dass das Material aus der Seine echt war.
    »Offenbar hast du mit Rautio über die Sache gesprochen?«, wandte sich Timo an Välimäki.
    »Nein. Er hat davon auf anderem Weg erfahren. Scheiße, Mann, du hättest mir ruhig erzählen können, worum es geht.«
    »Das konnte ich nicht. Wer ist als Leiter der Ermittlungen vorgesehen?«
    »Welche Ermittlungen?«, fragte Välimäki.
    Timo schwieg einen Moment. »Ist das so?«
    »Ich weiß nicht. Frag Rautio, er kümmert sich darum. Ohne seine Anweisung werde ich in dieser Sache nicht mehr herumrühren.«
    Aufgebracht beendete Timo das Gespräch und versuchte sich zu beruhigen. Am liebsten hätte er sich Asko Lahdensuo sofort vorgeknöpft,
     aber jetzt musste er sich zunächst auf die Atomsabotage-Geschichte konzentrieren.
    Um drei Uhr nahm Timo an der Besprechung der Olkiluoto-Gruppe teil, zu der sich Vertreter von KRP, SiPo, Strahlenschutzzentrum
     und
Framatome
versammelten. Auch während der Sitzung gingen ihm Rautios Reaktion und Välimäkis Wort nicht aus dem Kopf.
    Und Heli Larva. Immer wieder tauchte sie beharrlich in seinen Gedanken auf und hinterließ ein Gefühl, das er jedes Mal vergeblich
     zu ersticken versuchte.
    Um vier rief Timo reumütig zu Hause an und teilte Aaro mit, dass er aus beruflichen Gründen auch am Sonntag noch nicht kommen
     würde. Soile war bereits nach Genf abgereist.
    Anschließend besorgte er sich über die Auskunft Asko Lahdensuos Telefonnummer, überlegte eine Weile und rief dann an. Er stellte
     sich nur mit seinem Namen vor, ohne Hinweis auf eine der Polizeiorganisationen.
    |86| »Ich komme gleich zur Sache. Ich möchte mit Ihnen über die Paris-Reise sprechen, die Sie am 17.   September unternommen haben.«
    Am anderen Ende war es einen Augenblick still, aber die Antwort kam ohne Zögern und sehr selbstgewiss. »Was ist damit? Warum
     fragen Sie?«
    »Können wir uns treffen?«
    »Warum? Wer sind Sie?«
    Lahdensuo wirkte ganz ruhig, es lag nicht der Hauch von Nervosität in seiner Stimme. Timo wurde plötzlich unsicher. War er
     vielleicht doch auf der falschen Fährte?
    »Um sechs im
Rafaello
?«, fragte er und bemühte sich um einen entschiedenen Tonfall.
    »Ich möchte zuerst wissen   ...«
    »Das sage ich Ihnen dann«, unterbrach Timo.
    Kurze Stille.
    »Später. Um zehn.«
    »In Ordnung.«
    Timo legte auf. Seine Unsicherheit war verflogen. Wenn Lahdensuo im Rahmen einer üblichen Geschäftsreise in Paris gewesen
     wäre, hätte er sich über den Anruf wesentlich mehr gewundert und sich wohl

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