Das Hiroshima-Tor
kaum zu einem Treffen bereit erklärt.
Kim Jørgensen tippte zum dritten Mal die Handynummer von Bronislaw Zeromski ein. Peking zufolge war dieser Zeromski wahrscheinlich
der richtige, aber vorläufig waren noch zwei weitere Polen mit dem gleichen Namen im Spiel.
Es klingelte, doch niemand meldete sich.
Jørgensen riss die Plastikverpackung von dem Hemd, das er sich gerade eben in Debenham gekauft hatte. Das schmutzige, das
er trug, warf er in den Abfall. Die Menge an Reisegepäck musste möglichst klein gehalten werden.
Sicherheitshalber hatte er für den Abend einen Flug nach Warschau gebucht. Bevor er aber nach Polen flog, brauchte er irgendeine
Bestätigung für Zeromskis Aufenthaltsort. Der Mann |87| musste nicht unbedingt zu Hause sein, denn zumindest seiner Homepage nach zu schließen war der Astronom viel in der Welt unterwegs.
Jørgensen ging zu Heinz hinüber. Aus Sicherheitsgründen übernachteten sie stets in getrennten Zimmern. Auch Carla kam aus
ihrem Zimmer dazu. Ihre Wange war nach dem Autounfall von Paris gut verheilt, sie trug kein Pflaster mehr, und der saubere
Schorf war auf ihrer dunklen Haut kaum noch zu erkennen.
»Ist der Sprengstoff bereit?«, fragte Jørgensen leise, obwohl sie das Zimmer nach eventuellen Wanzen gescannt hatten.
Heinz nickte.
»Frau Vaucher-Langston kommt bald aus Buenos Aires«, sagte Jørgensen. »Als nächstes reden wir mit ihr.«
An der Ostküste der USA, einem offiziell namenlosen Ort, befand sich das geheime Einsatzzentrum, das von Regierungsbehörden
und Armee in solchen Fällen als Leitzentrale für gemeinsame Operationen benutzt wurde, die wegen ihrer Brisanz nicht von behördeneigenen
Räumlichkeiten aus durchgeführt werden konnten.
Auf dem großen, niedrigen Kartentisch waren gerade noch verschiedene Karten zu sehen gewesen – politische Karten aus dem Nahen
Osten, Karten der Ölpipelines im Irak, Pläne der Stromversorgung in Bagdad –, aber jetzt lag vor den sechs Amerikanern, die um den Tisch herumstanden, etwas Exotischeres: eine aufwendig verzierte,
ausgesprochen schöne alte Karte.
Über ihre Oberfläche bewegte sich ein roter Laserpunkt. »Dies hier ist eines der zentralen Forschungsobjekte von Vaucher-Langston«,
sagte Generalleutnant Donald W. Berger, ein Experte der kartografischen Abteilung der U S-Luftwaffe . »Die Dulcert-Karte aus dem Jahr 1339.«
Während er sprach, ließ er den Lichtpunkt seines Laserstifts über die bettlakengroße Vergrößerung der mittelalterlichen Karte
wandern. »Wie Sie sehen, ist der Parallelkreis von Europa und Nordafrika auf der Karte vollständig. Die longitudinalen |88| Koordinaten zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer sind auf ein halbes Grad genau berechnet.« Berger machte eine Pause. »Auf
ein halbes Grad genau, meine Herren. Das bedeutet ...«
»Danke«, sagte der Vorsitzende und blätterte hinter seinem Rednerpult in seinen Unterlagen. Experten aus verschiedensten Gebieten
waren versammelt, unter anderem Physiker aus dem Forschungszentrum der Luftwaffe, aus dem Fermi-Labor und von der NASA.
»Wir konzentrieren uns auf das Thema ausschließlich aus der Perspektive von Professor Vaucher-Langston. Was haben Sie in Ihren
Archiven gefunden?«
»Es gibt einen ausführlichen Briefwechsel zwischen dem Professor und meinen Vorgängern«, sagte Generalleutnant Berger. »Er
berührt mehrere Karten, richtet den Fokus aber auf die so genannte Karte des Piri Reis aus dem Jahr 1513. Insbesondere auf den Teil mit dem Südpol.«
Berger holte eine Fotokopie hervor. »Hier ist eine Antwort unseres Büros an Vaucher-Langston, datiert vom 6 . Juli 1984 , Betreff: Karte von Piri Reis. Es wird konstatiert, dass sie Princess Martha Coast von Queen Maud Land zeigt, die Antarktis und die Palmer-Halbinsel. Vaucher-Langstons Interesse daran verwundert mich nicht ... Ich lese Ihnen einen Ausschnitt aus der Antwort meines Vorgängers an den Professor vor:
»Die geografischen Details der Karte decken sich in signifikanter Weise mit den seismischen Messergebnissen, die eine schwedisch-britische
Expedition im Jahr 1949 von der Oberfläche eines Eisfeldes gewann. Das deutet darauf hin, dass die Karte erstellt wurde, bevor
die Eisschicht die Gegend bedeckte, die heute etwa eine Meile dick ist. Wir besitzen keine Vorstellung davon, wie diese Karte
auf der Basis des geografischen Wissens von 1513 angefertigt werden konnte.«
Nach diesen Worten wurde es still im
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