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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Aufnahme ist unscharf. Aber laut der Passagierliste von
Malev
war Lahdensuo zu dem Zeitpunkt in Paris. Aus irgendeinem Grund ist er nicht direkt geflogen, sondern eben mit
Malev
über Budapest.«
    »Was hat er auf der Brücke gemacht?« Rautios Stimme hatte nun einen ganz neuen Ton. Der Chef der SiPo klang nun bescheidener
     und sogar ein bisschen neugierig.
    »Ich komme demnächst auf das Thema zurück. Wenn ich du wäre, würde ich mir genau überlegen, wem ich davon etwas erzähle. Was
     Olkiluoto betrifft, seid ihr offenbar weitergekommen?«
    »Die Spuren führen zu einer Gruppe mit ein paar Studenten und Aktivisten der jüngeren Generation.«
    |221| Rautio sagte nichts von Heli Larva, und Timo fragte auch nicht nach, sondern beendete das Gespräch. Er ging wieder ins Internet
     und tippte nun den Namen »Bronisław Zeromski« in das Fenster der Suchmaschine. Es erschien eine Liste von Links, auch Zeromskis
     Homepage, die es auf Polnisch und Englisch gab. Für die Illustration waren uralte Sternkarten und andere Bilder zum Thema
     verwendet worden.
    Timo sah auf die Zeile mit Zeromskis Kontaktadresse in Krakau. Warum fragte er den Mann nicht selbst nach dem Quastenflosser
     und Vaucher-Langston?
    Ohne zu zögern, schrieb er die Telefonnummer auf einen Zettel und tippte sie dann in sein Handy ein. Eine Männerstimme meldete
     sich undeutlich, und Timo stellte sich als finnischer Journalist vor.
    »Aus Finnland?« In Zeromskis Stimme lag aufrichtiges Wohlwollen. »Ich sollte einmal nach Helsinki kommen, aber die Finanzierung
     der Reise kam nicht zustande«, sagte er in ziemlich sauberem Englisch. »Ich kenne einen Finnen, der meine Bücher übersetzen
     wollte, aber er hat keinen Verlag gefunden.« Der alte Mann klang jetzt müde und melancholisch.
    »Ich habe gerade zwei Bücher von Ihnen in englischer Übersetzung gelesen und möchte gern ein Interview mit Ihnen machen.«
    »Tatsächlich«, sagte der Mann, und Timo konnte nicht erkennen, ob er geschmeichelt war oder ob in seiner Reaktion Verbitterung
     mitschwang. »Monatelang interessiert sich niemand für meine Existenz, und auf einmal wollen so viele mit mir reden.«
    »Andere Journalisten?«
    »Alte Geschichten«, knurrte Zeromski. »Manche Leute interessieren sich hartnäckig für die alten Geschichten.«
    Timo hätte am liebsten gleich nach Vaucher-Langston gefragt, aber er beschloss, es aufzuschieben, bis sie sich trafen.
    Er fällte eine schnelle Entscheidung und sagte möglichst freundlich: »Ich habe wegen einer anderen Sache in Krakau zu tun.
     Könnten wir uns vielleicht treffen? Wann wäre es Ihnen recht?«
    |222| »Ich sitze im Zug. Heute Abend bin ich wieder in Krakau.«
    Timo vereinbarte ein Treffen für den nächsten Tag. Er mochte jetzt nicht darüber nachdenken, was der ständige Kauf von Flugtickets
     per Kreditkarte für ein Konto bedeutete, auf das künftig kein Gehalt einging.
     
    »Nein, legen Sie nicht   ...«, konnte Jørgensen gerade noch sagen, bevor Zeromski die Verbindung unterbrach.
    Jørgensen stieß leise einen chinesischen Fluch aus. Er hatte Zeromski im Zug erreicht, das war an den Hintergrundgeräuschen
     und an der wechselnden Empfangsstärke zu hören gewesen.
    Das Donnern einer startenden Maschine ließ das Fenster im Flughafenhotel von Heathrow erzittern. Besorgt legte Jørgensen das
     Telefon auf den Tisch. Der Pole würde Schwierigkeiten machen. Er ahnte etwas. Oder wusste Bescheid. Je nachdem, was vor gut
     fünfzehn Jahren passiert war.
    Jørgensen schickte Carla eine Nachricht nach Krakau und befahl ihr, in Zeromskis Wohnung Abhörvorrichtungen anzubringen.
    Carla war tüchtig, aber Jørgensen begegnete ihr mit leichtem Vorbehalt. Sie liebte es, sich teure Qualitätsprodukte zu kaufen,
     und hatte auch sonst enormen Spaß am Konsum. Das war in China keine Seltenheit, in mehr als der Hälfte aller städtischen Haushalte
     des Landes gab es schon jetzt einen DV D-Player und eine Klimaanlage. Und das in einem Land mit über zweihundert Millionenstädten   ...
    Jørgensen würdigte die Tatsache, dass der kommunistische Staat einen blühenden privaten Sektor geschaffen, Unmengen von ausländischen
     Investoren ins Land gelockt und die Produzenten von Massenware zu Hightech-Herstellern weiterentwickelt hatte. Und da es China
     gelungen war, das Bevölkerungswachstum auf ein Prozent im Jahr einzudämmen, fiel das Wirtschaftswachstum pro Kopf relativ
     hoch aus. China wurde so zu einer riesigen Wirtschafts- und

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