Das Hiroshima-Tor
Militärmacht, und das war eine Herausforderung für die Vereinigten
Staaten.
|223| Bei diesem Projekt war er gern dabei, aber er wollte nicht, dass die Entwicklung zu einer Konsumgesellschaft nach westlichem
Muster führte. Aber wohin sonst sollte es führen, wenn es keine Grenzen mehr für den Austausch von Informationen gab und die
Chinesen heute im Fernsehen das Leben anderer Kulturen verfolgen konnten? Wenn es nach Jørgensen ginge, würde er das Interesse
der Chinesen an westlicher Massenunterhaltung auf wichtigere Dinge lenken, auch mit den Mitteln einer sanften Zensur.
Eine unmarkierte achtsitzige
Gulfstream
G-550 der U S-Luftwaffe näherte sich bei klarem Wetter dem südpolnischen Luftraum. Die Sonne ging gerade hinter dem Horizont unter. Unten waren weitläufige
Industriekomplexe zu erkennen, deren Schornsteine dichte Rauchschwaden ausstießen.
Auf dem Flughafen Stansted südlich von Cambridge hatte die Maschine Novak, Perry, Baumgarten und Scott aufgelesen.
Novak ließ eines der Bücher von Bronisław Zeromski, das sein Mitarbeiter in einer Buchhandlung in Cambridge gekauft hatte,
in den Schoß sinken. Auf der anderen Seite des Ganges las Perry ebenfalls in einem Buch von Zeromski. Auf die Verbindung zwischen
dem polnischen Sternkundler und Vaucher-Langston war man durch das Befragen von Kollegen des Professors gekommen, aber auch
nach Durchsicht des Archivmaterials, das vor der Explosion sichergestellt werden konnte. Der Professor hatte offenbar zusammen
mit Zeromski an einem internationalen Kongress über den Quastenflosser teilgenommen. Derzeit suchte das Analyseteam in Washington
nach Informationen über die anderen Teilnehmer.
»Was sagst du als Physiker über das, was Zeromski da schreibt?«, fragte Novak. »Ist das Wissenschaft oder ein bisschen plemplem?«
Perry zuckte mit den Schultern. »Es ist leicht, Fakten aus dem Zusammenhang zu lösen und sie dann mit einem gemeinsamen Nenner
zu versehen.«
|224| 32
Vor der Dienstvilla der Präsidentin am westlichen Rand von Helsinki schlug das Meer leichte Wellen. Aus dem tief verhangenen
Himmel fielen Regentropfen aufs Wasser. Im Arbeitszimmer des Staatsoberhauptes waren die Vorhänge zugezogen, weshalb man von
außen nicht sah, dass sich dort zwei Personen unterhielten.
Im Zimmer brannte eine Tischlampe, und aus dem Radio drang die Stimme des Nachrichtensprechers.
»
...
Umfragen zufolge sind die Sympathiewerte für Präsidentin Heino zurückgegangen, aber noch immer würde ihr Vorsprung ausreichen,
um im ersten Durchgang knapp gewählt zu werden
. .
.«
Die Präsidentin knipste das Radio aus.
»Was hast du auf dem Herzen, Pauli?«, fragte sie den Chef der Sicherheitspolizei, der ihr gegenübersaß.
»Es hat sich herausgestellt, dass Asko Lahdensuo eventuell hinter der Seine-KG B-Sache steckt«, sagte Rautio leise. »Der Schwager von Marjatta Lahdensuo.«
Die Präsidentin war augenscheinlich schockiert. »Das kann nicht dein Ernst sein. Wo kommt so eine Information her?«
»Die TERA hat Bilder von der Seine-Brücke, von einem Passanten aufgenommen. Nortamo meint, auf einem davon sei Lahdensuo zu
erkennen.«
Die Präsidentin biss sich auf die Lippen. »Das bedeutet, dass unsere verehrte Premierministerin sich auf ein schmutziges Spiel
eingelassen hat. Woher können sie das Material bekommen haben?«
»Das versuche ich lieber nicht einmal zu erraten.«
|225| »Lahdensuo wird gar nicht erst auf die Idee kommen, etwas an die Medien durchsickern zu lassen, wenn er erfährt, dass die
SiPo ihn mit der Sache in Verbindung bringt«, sagte die Präsidentin bedeutungsvoll. Der Gedanke, den sie damit äußerte, enthielt
die direkte Empfehlung zur Erpressung.
»Es sind nicht nur die Lahdensuos involviert.«
»Du meinst diesen Timo Nortamo? Ist er immer noch in der Sache aktiv?«
»Ich fürchte, er wird ständig aktiver. Er ist bei der TERA gefeuert worden, weil er auf eigene Faust versucht hat, die Echtheit
der KG B-Diskette zu belegen. Die Amerikaner wollten aber nicht, dass die Diskette weiter unter die Lupe genommen wird. Sie haben dafür ihre
eigenen Gründe. Irgendetwas daran scheint sie außerordentlich zu beunruhigen.«
»Willst du damit sagen, dass Nortamo seinen Privatkrieg gegen mich fortsetzt, wenn die SiPo nichts unternimmt?«
Rautio nickte.
»Er will seinen Vater rächen«, sagte die Präsidentin zu sich selbst. »Als hätte ich unter den damaligen Umständen im Fall
Paavo Nortamo
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