Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Sie , aber ich muss unbedingt den Marketing Manager vom Mandarin Hotel begrüßen. Bin gleich wieder da …«)
Die Party geht schon seit einer halben Stunde, und ich habe es geschafft, einen großen Bogen um den Grüffelo zu machen. Es hilft, dass er so massig ist und das Atrium so voll. Bisher hatte ich keine größeren Probleme, es ganz normal wirken zu lassen, dass ich jedes Mal, wenn er auf einen Meter an mich herangerückt ist, in die entgegengesetzte Richtung strebe oder ganz raus aus der Halle oder – in meiner Verzweiflung – zur Damentoilette.
Mist, verdammter. Als ich wieder herauskomme, wartet er schon auf mich. Gunter Bachmeier steht allen Ernstes im Korridor und belauert die Tür zur Damentoilette.
»Oh, hallo, Gunter«, sage ich sanft. »Wie schön, Sie zu sehen. Ich wollte gerade zu Ihnen kommen …«
»Sie meiden mich«, sagt er mit ernster, gutturaler Stimme.
»Unsinn! Amüsieren Sie sich gut auf unserer Party?« Ich zwinge mich, eine Hand auf seinen fleischigen Unterarm zu legen.
»Sie haben mein neues Hotel diffamiert.«
Das Wort »diffamiert« hat bei ihm so einen rollenden Klang. »Diffamierrrrrt.« Ich bin direkt beeindruckt, dass er das englische Wort dafür kennt. Ich wüsste die deutsche Entsprechung für »diffamiert« bestimmt nicht. Mein Deutsch beschränkt sich auf »Ein Taxi, bitte!«.
»Gunter, Sie sollten nicht überreagieren.« Ich lächle freundlich. »Ein Vier-Sterne-Urteil ist wohl kaum eine … Diffamierung.« Diffamisierung? Diffamation? »Es tut mir leid, dass meine Autorin sich nicht in der Lage sah, Ihnen fünf Sterne …«
»Sie haben mein Hotel nicht selbst getestet.« Er schäumt vor Wut. »Sie haben eine Anfängerrrrin geschickt. Ich fühle mich rrrrrrespektlos behandelt!«
»Nein, ich habe sie nicht rrrrrrespektlos behandelt!«, erwidere ich, bevor ich es verhindern kann. »Ich meine … ohne Respekt.« Mein Gesicht wird puterrot. »Hab ich nicht.«
Das wollte ich nicht. Ich habe nur diese schreckliche Angewohnheit, alles nachzuäffen. Ich imitiere Stimmen und Akzente, ohne es zu wollen. Jetzt funkelt mich Gunter nur noch böser an.
»Alles in Ordnung, Felicity?« Gavin, unser Verleger, kommt eilig heran. Ich sehe seine Antennen vibrieren, und ich weiß wieso. Letztes Jahr hat der Grüffelo vierundzwanzig Doppelseiten gebucht. Der Grüffelo hält uns im Geschäft. Aber ich kann seinem Hotel keine fünf Sterne geben, nur weil er ein paar Anzeigen schaltet. Fünf Sterne im Pincher Travel Review bekommt man nicht geschenkt.
»Ich war gerade dabei, Gunter zu erklären, dass ich eine unserer Top-Autorinnen geschickt habe, um sein Hotel zu beurteilen«, sage ich. »Es tut mir leid, dass er damit unglücklich war, aber …«
»Sie hätten selbst vor Orrrrt sein sollen.« Verächtlich spuckt Gunter die Worte aus. »Wo bleibt Ihre Glaubwürrrdigkeit, Felicity? Ihr guter Rrrrrruf steht auf dem Spiel.«
Als er davonstampft, bin ich innerlich doch leicht erschüttert. Ich blicke zu Gavin auf, mit klopfendem Herzen.
»Ach!« Ich versuche, unbekümmert zu klingen. »Eine kleine Überreaktion.«
»Warum haben Sie das Palm Stellar nicht selbst besucht?« Gavin legt die Stirn in Falten. »Sie fahren doch zu allen großen Neueröffnungen. Das war so vereinbart.«
»Ich habe mich entschieden, Celia Davidson zu schicken«, sage ich heiter, um der Frage auszuweichen. »Sie ist eine wunderbare Autorin.«
»Warum haben Sie nicht selbst über das Palm Stellar geschrieben?«, wiederholt er, als hätte er mich nicht gehört.
»Ich musste mich um was kümmern, um … um …« Ich räuspere mich, möchte es nicht gern sagen. »Eine Privatangelegenheit.«
Ich sehe, wie Gavin plötzlich begreift.
»Ihre Scheidung?«
Ich bringe die Antwort nicht heraus. Ich spiele mit meiner Uhr am Handgelenk, als bräuchte sie meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Ihre Scheidung?« Seine Stimme bekommt plötzlich so eine Schärfe. »Schon wieder ?«
Meine Wangen brennen vor Scham. Ich weiß, dass meine Scheidung epische Ausmaße angenommen hat, fast wie bei Herr der Ringe . Ich weiß, dass sie mehr von meiner Arbeitszeit in Anspruch genommen hat, als es der Fall sein sollte. Ich weiß, dass ich Gavin ständig verspreche, dass endlich alles unter Dach und Fach ist.
Aber es ist auch nicht gerade so, als hätte ich die Wahl. Und es ist auch nicht so, als würde es Spaß machen.
»Ich war bei einem Anwalt, einem Fachmann in Edinburgh«, gebe ich schließlich zu. »Ich musste extra
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