Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Zahnweiß-Option.
Hm. Ist das vielleicht eine Idee? Ich tippe Bleichen? in mein BlackBerry, dann schwinge ich großzügig die Pinsel. Schließlich trage ich dick Nars Red Lizard auf. Im Vertrauen: Lippenstift steht mir echt gut. Vielleicht kommt das sogar eines Tages auf meinen Grabstein: Hier liegt Felicity Graveney. Lippenstift stand ihr echt gut.
Ich gehe hinaus, werfe einen Blick auf meine Uhr und drücke im Gehen die Kurzwahl »Daniel«. Er weiß, dass ich jetzt anrufe, wir haben es besprochen, bestimmt geht er gleich ran, er muss rangehen. Komm schon, Daniel, geh ran … Wo bist du?
Mailbox.
Scheißkerl.
Bei Daniel bin ich jedes Mal in kürzester Zeit von null auf hundertachtzig.
Der Piepton kommt, ich hole tief Luft.
»Du bist nicht da«, sage ich, während ich auf mein Büro zusteuere. Es kostet mich einige Kraft, ruhig und gelassen zu bleiben. »Das ist schade, denn gleich muss ich zu dieser Veranstaltung, was du weißt, weil wir darüber gesprochen haben. Mehrfach.«
Meine Stimme bebt. Ich darf nicht zulassen, dass er mir zu nahekommt. Lass es sein, Fliss. Eine Scheidung ist ein langer Weg, und das hier gehört zu diesem Weg, und wir sind alle Teil des Tao. Oder des Zen. Oder wie das heißt. Dieses Ding, das in allen Büchern auftaucht, die ich geschenkt bekommen habe und auf deren Umschlag das Wort »Scheidung« steht, über einem Kreis oder dem Bild von einem Baum.
»Egal.« Ich hole tief Luft. »Könntest du vielleicht dafür sorgen, dass Noah diese Nachricht hört? Danke.«
Ich schließe kurz die Augen und rufe mir in Erinnerung, dass ich nun nicht mehr mit Daniel spreche. Ich muss seine verhasste Visage aus meinen Gedanken drängen. Jetzt spreche ich zu dem kleinen Sonnenschein, der Licht in mein Leben bringt, der – gegen ziemlich große Widerstände – dafür sorgt, dass die Welt noch einen Sinn hat. Ich stelle mir seinen zerzausten Pony vor, seine großen grünen Augen, die Schulsocken bis auf die Knöchel gerutscht. Eingerollt auf dem Sofa in Daniels Wohnung, mit Monkey im Arm.
»Mein kleiner Liebling, ich hoffe, du amüsierst dich prima bei Daddy. Wir sehen uns bald wieder, okay? Ich versuche, später noch mal anzurufen, aber für den Fall, dass ich es nicht schaffe, sage ich dir jetzt schon mal Gute Nacht. Hab dich lieb.«
Inzwischen bin ich fast an meiner Bürotür angekommen. Ich habe noch einiges zu tun. Doch ich kann nicht anders, als so lange wie möglich weiterzureden, bis mich der Piepton daran erinnert, dass ich mich kürzer fassen sollte.
»Schlaf gut, mein Schatz.« Ich drücke das Telefon an meine Wange. »Träum süß, okay? Gute Nacht.«
»Gute Nacht«, antwortet eine vertraute, kleine Stimme, und fast stolpere ich über meine schicken Manolos.
Was war das? Habe ich Halluzinationen? Hat er die Mailbox plötzlich abgestellt? Ich betrachte mein Handy, um sicherzugehen, klopfe es leicht gegen meinen Handballen und lausche noch mal.
»Hallo?«, sage ich vorsichtig.
»Hallo! Hallo-hallo-hallo …«
O mein Gott. Diese Stimme kommt nicht aus dem Telefon. Sie kommt aus …
Ich haste um die Ecke in mein Büro, und da ist er. Mein siebenjähriger Sohn. Sitzt auf dem Besuchersessel.
»Mami!«, kreischt er begeistert.
»Wow.« Fast fehlen mir die Worte. »Noah. Du bist hier. In meinem Büro. Das ist ja … Daniel?« Ich wende mich meinem Exmann zu, der am Fenster steht und in einer alten Ausgabe der Zeitschrift blättert. »Was ist los? Ich dachte, Noah säße längst beim Abendbrot? Bei dir zu Hause?«, sage ich heiter. »Wie abgemacht?«
»Tu ich aber nicht«, wirft Noah triumphierend ein.
»Ja! Das sehe ich, Schätzchen! Also … Daniel?« Mein Lächeln hat sich auf dem ganzen Gesicht ausgebreitet. Die Regel ist in diesem Fall: Je breiter ich Daniel anlächle, desto eher möchte ich ihm den Hals umdrehen.
Unwillkürlich mustere ich ihn, obwohl wir nichts mehr miteinander zu tun haben. Er hat ein paar Pfunde zugelegt. Neues gestreiftes Hemd. Die Haare ungestylt. Was ein Fehler ist. So sehen sie schlaff und schütter aus. Vielleicht mag Trudy es ja leiden.
»Daniel?«, versuche ich es noch mal.
Daniel sagt nichts, zuckt nur mit den Schultern, als wäre alles offensichtlich und kein Wort vonnöten. Dieses Schulterzucken ist neu. Als wir zusammen waren, hat er die Schultern immer hochgezogen. Jetzt zuckt er damit. Ein Kabbala-Armband lugt unter seinem Anzug hervor. Konfrontationen prallen von ihm ab, als wäre er aus Gummi. Sein Sinn für Humor ist
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