Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Fotografen ungefähr fünf Minuten Zeit gegeben, unablässig vor sich hin gegrummelt und nach jeder Aufnahme Ihr BlackBerry gecheckt. Keine gute Idee.«
Lorcan scheint es die Sprache verschlagen zu haben, und ich überlege, ob ich vielleicht zu weit gegangen bin.
Okay, natürlich bin ich zu weit gegangen. Ich kenne den Mann überhaupt nicht, nörgle aber an seinem Foto herum.
»Tut mir leid.« Ich rudere zurück. »Manchmal bin ich … unverblümt.«
»Was Sie nicht sagen.«
»Seien Sie mir gegenüber ruhig auch unverblümt.« Ich blicke ihm in die Augen. »Ich nehme es Ihnen nicht übel.«
»Was nur fair ist …«, sagt Lorcan postwendend. »Dieses Kleid steht Ihnen überhaupt nicht.«
Unwillkürlich merke ich, dass ich doch leicht verletzt bin. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm aussieht.
»Vorhin haben Sie gesagt, es sähe hübsch aus«, erwidere ich.
»Das war gelogen. Sie sehen aus wie ein Bonbon.«
Ich schätze, das habe ich mir wohl selbst zuzuschreiben.
»Na gut, okay. Vielleicht sehe ich ja wirklich aus wie ein Bonbon.« Ich kann nicht widerstehen, ihm eins reinzuwürgen: »Aber wenigstens habe ich auf meiner Website kein Foto von mir, auf dem ich wie ein Bonbon aussehe.«
Der Kellner stellt zwei weitere Gin Tonics ab, und ich nehme meinen in die Hand, bin nach unserem Wortwechsel leicht erhitzt. Außerdem frage ich mich, wie wir so weit vom Thema abkommen konnten. Vielleicht sollten wir zu Naheliegenderem zurückkehren.
»Haben Sie übrigens gehört, dass Lottie und Ben keinen Sex haben wollen?«, frage ich. »Wie absurd ist das denn?«
»Ben hat so was erwähnt. Ich dachte, er macht Witze.«
»Das war kein Witz. Sie wollen bis zur Hochzeitsnacht warten.« Ich schüttle den Kopf. »Ehrlich gesagt, finde ich es unverantwortlich , jemanden zu heiraten, ohne vorher mit ihm ins Bett zu gehen. Da ist der Ärger doch programmiert!«
»Interessante Idee.« Lorcan zuckt mit den Schultern. »Altmodisch.«
Ich nehme einen großen Schluck. Ich habe das Gefühl, als müsste ich mir meine Gedanken zu dem Thema von der Seele reden. Noah kann ich damit ja schlecht kommen.
»Wenn Sie meine Meinung hören wollen …«, ich beuge mich vor, »… trübt es ihr Urteilsvermögen. Alles dreht sich nur um Sex. Lottie schwebt auf einer Wolke der Lust. Je länger sie damit wartet, desto weniger kann sie klar denken. Ich meine, ich verstehe sie ja. Bestimmt ist er ein scharfer Typ, und sie sehnt sich danach, mit ihm in die Kiste zu springen. Aber muss sie ihn deshalb gleich heiraten ?«
»Es ist meschugge.« Lorcan nickt.
»Meine Rede! Sie sollten einfach miteinander ins Bett gehen. Und da eine Woche bleiben. Einen Monat, wenn es sein muss! Sich amüsieren. Und dann sehen, ob sie heiraten wollen.« Ich nehme den nächsten großen Schluck von meinem Drink. »Ich meine, man muss sich doch nicht lebenslänglich binden, nur um Sex zu haben …« Ich stutze, als mir plötzlich ein Gedanke kommt. »Sind Sie eigentlich verheiratet?«
»Geschieden.«
»Ich auch. Geschieden. Also. Wir kennen uns aus.«
»Womit?«
»Sex.« Ich merke, wie sich das anhört. »Das Eheleben«, berichtige ich mich.
Lorcan überlegt einen Moment und nippt an seinem Drink. »Je länger ich über die letzten paar Jahre nachdenke«, sagt er langsam, »desto weniger habe ich das Gefühl, etwas von der Ehe zu verstehen. Von Sex schon eher.«
Der Gin ist mir direkt zu Kopf gestiegen. Ich merke, dass er meine Zunge löst.
»Das kann ich mir gut vorstellen«, höre ich mich sagen.
Unser Schweigen hängt in der Luft. Etwas zu spät wird mir bewusst, dass ich gerade eben zu einem fremden Mann gesagt habe, dass er bestimmt gut im Bett ist. Soll ich eine Kehrtwende machen? Es irgendwie abschwächen?
Nein. Einfach weiterreden. Ich suche nach etwas Unverfänglichem, aber Lorcan meldet sich zuerst zu Wort.
»Da wir hier schon so offen sprechen … wie war es bei Ihnen? Ihre Scheidung? Totaler Albtraum?«
Ob meine Scheidung für mich ein totaler Albtraum war?
Ich mache den Mund auf und hole tief Luft, taste nach dem Memorystick um meinen Hals. Dann halte ich inne.
Nicht verbittert sein, Fliss. Nicht bitter. Süß. Denk an Zuckerwatte, Pralinen, Blumen, flauschige Lämmchen, Julie Andrews …
»Ach, wissen Sie …« Ich schenke ihm ein zuckersüßes Lächeln. »Kommt vor.«
»Wie lange ist es her?«
»Bin noch mittendrin.« Mein Lächeln wird breiter. »Müsste aber bald geregelt sein.«
»Und Sie lächeln ?« Er kann es nicht
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