Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
dann nimmt sie wieder diesen mürrischen Ausdruck an. »Sie wollen wohl auch gerade dahin.«
Ich hatte seine ulkige Kinotrailer-Stimme schon vergessen. Obwohl sie irgendwie nicht ganz so ulkig klingt, wenn es keine körperlose Stimme aus einem Telefonhörer ist. Sie passt zu seinem Gesicht. Düster und irgendwie eindringlich.
»Also, eigentlich … «, sage ich ungewollt selbstgefällig, »… bin ich gar nicht auf dem Weg dorthin, weil die Hochzeit nämlich abgesagt ist.«
Verwundert starrt er mich an. »Wie meinen Sie das?«
»Sie ist abgesagt. Vorläufig«, füge ich hinzu. »Lottie ist gerade dabei, die Eheschließung zu verschieben.«
»Warum?«, will er wissen. Er ist so verdammt misstrauisch .
»Um Bens Vermögen schon im Vorwege so zu investieren, dass es sich hinterher leichter plündern lässt«, sage ich achselzuckend. »Warum wohl sonst?«
Lorcan scheint sich zu amüsieren. »Okay. Das geschieht mir recht. Also, was ist los? Wieso verschiebt sie die Hochzeit?«
»Ich habe sie ihr ausgeredet«, sage ich stolz. »Ich kenne meine Schwester, und ich bin eine Meisterin der Suggestion. Nach unserem kleinen Plausch träumt sie von einer romantischen Hochzeit in einer alten Dorfkirche. Deshalb verschiebt sie alles. Ich dachte mir: Wenn sie die Hochzeit verschiebt, bekommen die beiden wenigstens Gelegenheit herauszufinden, ob sie richtig füreinander sind.«
»Na, Gott sei Dank.« Lorcan schnauft und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Endlich kommt er runter, endlich entspannt sich seine Stirn. »Bens momentane Situation lässt nicht zu, dass er heiratet. Es wäre verrückt.«
»Lächerlich«, stimme ich zu.
»Wahnsinn.«
»Die dämlichste Idee aller Zeiten. Nein, das nehme ich zurück.« Ich blicke an mir herab. »Mich in ein lila Kleid zu stecken war die dämlichste Idee aller Zeiten.«
»Ich finde, Sie sehen sehr hübsch aus.« Wieder wirkt er, als würde er sich amüsieren. Er wirft einen Blick auf seine Uhr. »Und wie geht es jetzt weiter? In diesem Moment bin ich mit Ben vor dem Standesamt verabredet.«
»Ich glaube, wir sollten wegbleiben.«
»Einverstanden.«
Es folgt eine Pause. Es ist schon komisch, hier an der Straßenecke zu stehen, hübsch herausgeputzt, ohne zu wissen wohin. Unentschlossen fummle ich an meinem Blumenstrauß herum und überlege, ob ich ihn in den Müll werfen soll. Irgendwie finde ich ihn unpassend.
»Hätten Sie Lust auf einen Drink?«, fragt Lorcan unvermittelt. »Ich könnte einen gebrauchen.«
»Ich könnte ungefähr sechs gebrauchen«, entgegne ich. »Ist ganz schön anstrengend, jemandem die Hochzeit auszureden.«
»Okay. Dann mal los.«
Ein Mann schneller Entschlüsse. Das gefällt mir. Schon führt er mich in eine Seitenstraße zu einer Bar mit gestreifter Markise und französisch anmutenden Tischen und Stühlen.
»Hey, ich nehme doch an, dass Ihre Schwester die Hochzeit auch wirklich abgesagt hat, oder?« Lorcan bleibt in der Tür stehen. »Nicht, dass wir gleich eine wütende SMS bekommen, mit den Worten: ›Wo zum Teufel bleibt ihr?‹«
»Nicht von Lottie.« Ich werfe einen Blick auf mein Handy. »Sie war wild entschlossen abzusagen. Ich bin mir sicher, dass sie es auch getan hat.«
»Von Ben ist auch nichts gekommen.« Lorcan betrachtet sein BlackBerry. »Ich glaube, wir haben es geschafft.« Er lenkt mich zu einem Ecktisch und schlägt die Getränkekarte auf. »Möchten Sie ein Glas Wein?«
»Ich möchte einen großen Gin Tonic.«
»Den haben Sie sich verdient.« Wieder ist da dieser Anflug eines Lächelns. »Ich schließe mich Ihnen an.«
Er bestellt die Drinks, macht sein Handy aus und steckt es in die Tasche. Ein Mann, der sein Telefon wegsteckt. Auch das gefällt mir.
»Und wieso ist es für Ben kein günstiger Moment zu heiraten?«, frage ich. »Oder besser gesagt: Wer ist dieser Ben eigentlich? Erzählen Sie mal.«
»Ben.« Lorcan verzieht das Gesicht, als wüsste er nicht, wo er anfangen soll. »Ben, Ben, Ben.« Es folgt eine lange Pause. Hat er vergessen, wie sein bester Freund ist? »Er ist … klug. Originell. Er hat viele gute Seiten.«
Er klingt so verspannt und wenig überzeugend, dass ich ihn anstarre. »Sind Sie sich darüber im Klaren, dass Sie klingen, als würden Sie sagen: ›Er ist ein Axtmörder‹?«
»Nein, bin ich nicht.« Lorcan wirkt überrascht.
»Tun Sie aber. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der bei dem Versuch, seinen Freund gut dastehen zu lassen, so negativ klang.« Ich sage mit Totengräberstimme:
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