Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
»Hallo!«
Hallo und auf Nimmerwiedersehen.
Ich ziehe mir die Decke um die Schultern, setze mich auf und versuche zu lächeln, obwohl sich mein Gesicht anfühlt, als würde es knarren. Lorcan ist schon angezogen, steckt in Anzug und Krawatte, und er hält mir einen Becher hin. Einen Moment lang blinzle ich ihn an und versuche, sein jetziges Ich mit dem nächtlichen zusammenzubringen. Habe ich das alles geträumt?
»Tee?« Der Becher, den er mir hinhält, ist billig und gestreift. Vermutlich aus dem Geschirrladen für Geschiedene Männer.
»Oh.« Ich verziehe das Gesicht. »Tut mir leid. Tee mag ich nicht. Dann lieber Wasser.«
»Kaffee?«
» Kaffee wäre super. Und eine Dusche?«
Und frische Sachen. Und diese Unterlagen, die ich zu Hause gelassen habe, und das Geschenkset von Molton Brown für Elises Geburtstag … Langsam kommt mein Gehirn in Gang. Das war wirklich keine schlaue Aktion. Ich werde gleich nach Hause hetzen müssen, meinen Telefontermin um neun Uhr verschieben … Schon wühle ich nach meinem Handy. Außerdem muss ich bei Sebastian anrufen und Noah Guten Morgen sagen.
Mein Blick fällt auf das lila Brautjungfernkleid. Schöne Scheiße.
»Das Badezimmer ist da entlang.« Lorcan deutet auf die Tür.
»Danke.« Ich raffe die Bettdecke zusammen und versuche, mich elegant hineinzuwickeln wie eine Schauspielerin in der Bettszene einer Sitcom, aber sie ist so schwer wie ein Eisbär. Mit übermenschlicher Anstrengung zerre ich sie vom Bett, doch schon beim ersten Schritt komme ich ins Stolpern, remple gegen einen Sekretär und stoße mir den Ellenbogen.
»Autsch!«
»Morgenmantel?« Er hält mir ein ziemlich protziges Paisley-Ding hin. Den wollte seine Frau wohl nicht haben.
Ich zögere einen Moment. Seinen Morgenmantel zu tragen scheint mir doch allzu kleinmädchenhaft. Ein bisschen zu sehr »Lass mich dein großes Herrenhemd anziehen, damit die Ärmel zärtlich meine Finger umbaumeln.« Aber ich habe keine Wahl.
»Danke.«
Höflich wendet er sich ab, wie ein Masseur nach getaner Arbeit – völlig sinnlos, da er schon alles gesehen hat –, und ich werfe mir den Mantel über.
»Mir scheint, du bist eine eingefleischte Kaffeetante.« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Könnte ich damit richtigliegen?«
Gerade will ich sagen: »Ach nein, mir ist alles recht!«, da bremse ich mich. Ich bin eine Kaffeetante. Und ich bin leicht verkatert. Und offen gesagt, möchte ich lieber gar keinen Kaffee als eine deprimierende Tasse Spülwasser.
»Mehr oder weniger. Aber keine Sorge. Ich springe nur kurz unter die Dusche und bin gleich verschwunden …«
»Ich gehe und hole dir einen.«
»Nein!«
»Es dauert nicht lange. Nicht länger als deine Dusche.«
Er macht sich auf den Weg, und ich sehe mich nach meiner Handtasche um. Darin habe ich eine Haarbürste. Und Handcreme, die ich fürs Gesicht nehmen kann. Als mein Blick durchs Zimmer schweift, merke ich, dass ich mich frage, ob ich ihn eigentlich mag. Ob ich ihn wiedersehe. Ob daraus vielleicht sogar … was werden könnte.
Nichts Ernstes . Ich stecke mitten in meiner Scheidung, da wäre es verrückt, sich gleich auf eine Beziehung einzulassen. Aber die letzte Nacht war schön. Selbst wenn ich mich nur noch an die Hälfte davon erinnern kann, reicht mir diese Hälfte doch, um sie wiederholen zu wollen. Vielleicht können wir ja so eine Art regelmäßiges Arrangement treffen, überlege ich. Einmal im Monat, wie ein Buchclub.
Wo ist meine Tasche? Ich wandere im Zimmer umher und sehe eine Fechtmaske an einem Haken hängen. Da ist auch ein Schwert oder wie man das nennt. Fechten wollte ich schon immer mal probieren. Ich kann nicht widerstehen. Vorsichtig nehme ich die Maske vom Haken und setze sie auf. Da ist ein Spiegel an der Wand. Ich gehe hinüber und schwenke das Schwert.
»Erhebt Euch, Sir Dingsbums«, sage ich zu meinem Spiegelbild. »Haaa-yah!« Ich trete Kung-Fu-mäßig nach mir selbst, und der Paisley-Mantel schlackert um meine Knöchel.
Ich muss richtig lachen. Und plötzlich möchte ich diesen albernen Moment mit Lottie teilen. Ich nehme mein Handy und drücke die Kurzwahl.
»Hi, Fliss!«, antwortet sie sofort. »Ich bin gerade auf der Website von Brides . Schleier oder kein Schleier? Ich glaube Schleier. Und was ist mit einer Schleppe?«
Ich blinzle das Telefon an und möchte laut loslachen. Sie ist zum Hochzeitsmonster mutiert. Natürlich. Das Gute an Lottie ist, dass sie niemandem was nachträgt, und auch nicht darauf herumreitet,
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