Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Gewissen liegt mir schwer im Magen. Mit jeder Nachricht fühle ich mich schlechter. Aber ich sage mir, dass es einem guten Zweck dient, und klicke schon die nächste Nachricht an.
Noch eine Runde Margaritas. Der Kerl kann ordentlich was vertragen. N
Nico hält mich schon den ganzen Abend auf dem Laufenden. Seine letzten vier SMS zählten sämtliche Cocktails auf, die Lottie und Ben getrunken haben. Da kommt einiges zusammen. Um zehn Uhr abends haben sie angefangen zu trinken. Jetzt ist dort Mitternacht. Inzwischen ist Lottie bestimmt sternhagelvoll.
Aber was ist mit Ben? Ich überlege kurz, tippe nachdenklich mit dem Handy gegen meine Hand. Da fällt mir etwas ein, was Lorcan über Ben gesagt hat: Er ist der geborene Zocker, aber es mangelt ihm an Urteilsvermögen.
Der geborene Zocker. Hmm. Ich schreibe Nico eine kurze Nachricht.
Er zockt gern.
Dabei belasse ich es. Nico wird schon wissen, was er mit der Nachricht anfangen soll.
Ich drücke Senden, dann klappe ich meinen Koffer zu und versuche, mich zu beruhigen. Widersprüchliche Gedanken fliegen wie Pfeile hin und her, und jeder einzelne trifft mich.
Ich sabotiere die Flitterwochen meiner Schwester. Ich bin ein schlechter Mensch.
Aber ich tue es nur, weil ich mich um ihr Glück sorge.
Genau.
Genau!
Was wäre, wenn ich mich entschließen würde, nicht einzugreifen, und sie schwanger wird und die beiden sich trennen und sie das Ganze später bereut? Was dann? Würde ich es dann nicht bereuen, NICHTS unternommen zu haben? Wäre ich wie diese Leute, die so getan haben, als hätten sie nichts mitbekommen, als die Nazis an die Macht kamen?
Nicht dass Ben ein Nazi wäre. Soweit ich weiß.
Ich schäme mich für die Sache mit den Teletubbies. Das war gemein. Lottie hat fast schon eine Phobie dagegen entwickelt.
Ich rolle meinen Koffer raus auf den Flur und stelle ihn neben Noahs. Er schläft in seinem Zimmer, atmet ganz ruhig, mit Monkey im Arm, und ich gehe kurz rein, um ihn mir anzusehen. Er hat die Nachricht von unserer Reise mit großer Gelassenheit aufgenommen. Er fing sofort an, seinen kleinen Koffer zu packen, und wollte nur wissen, wie viele Hosen er braucht. Eines Tages wird er die Welt regieren, mein kleiner Noah.
Ich lasse mir ein Bad ein und gebe einen der zahllosen zollfreien Duftzusätze ins Wasser, von denen mein Badezimmer überquillt. Mir ist aufgefallen, dass ich fast ausschließlich auf Flughäfen shoppen gehe. Kleidung probiere ich an, bevor ich in die Maschine steige, und hole sie auf dem Rückweg ab. Kosmetika kaufe ich im Flugzeug. Ich habe so viel spanische Chorizos und Parmesan-Ecken, dass es fürs nächste Jahr reicht. Und Toblerone.
Ich zögere. Schon geht mir die Toblerone nicht mehr aus dem Kopf. Toblerone in der Wanne, mit einem Glas Wein dazu …
Nach etwa einer Millisekunde innerer Debatte trete ich an den Belohnungsschrank in der Küche. Sechs überdimensionale Toblerone liegen dort neben einer gigantischen, zollfreien Schachtel Ferrero Rocher, von denen ich Noah immer nur drei zur Zeit gebe, jeden Samstag. Er glaubt, es gäbe sie nur im Dreierpack. Ihm ist noch nie in den Sinn gekommen, dass man sie möglicherweise auch in größeren Mengen erwerben könnte.
Gerade breche mir ich Stück von der Toblerone ab, als mein Handy klingelt und ich mich frage, ob es wohl Nico ist. Aber auf dem Display steht: Lottie .
Lottie? Ich bin so erschrocken, dass mir die Toblerone aus der Hand fällt. Ich starre das Telefon an, mit klopfendem Herzen, und mein Daumen schwebt zögernd über der Taste. Ich will nicht rangehen. Außerdem habe ich schon zu lange gewartet, und die Mailbox ist angesprungen. Erleichtert lege ich mein Handy auf den Tresen, aber es fängt sofort wieder an zu klingeln. Lottie.
Ich schlucke. Ich muss rangehen. Sonst muss ich sie nur zurückrufen, was vielleicht noch schlimmer wird. Ich schließe die Augen, hole tief Luft und drücke auf Antworten .
»Lottie! Ich denke, du bist in den Flitterwochen?« Ich bemühe mich, frohgemut und unschuldig zu klingen. »Wieso rufst du mich an?«
»Flllissss?«
Eine spontane Analyse ihrer Stimme verrät mir, dass sie blau ist. Na gut, das wusste ich schon. Aber sie ist auch weinerlich. Und sie hat keine Ahnung, dass ich etwas mit ihrem Kummer zu tun haben könnte, sonst hätte »Flllisss?« kein Fragezeichen.
»Was gibt’s?«, frage ich fröhlich.
»Fliss, ich weiß nicht, was ich machen soll!«, jammert sie. »Ben ist total betrunken. Also, fast ohnmächtig. Wie krieg ich
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