Das Höllenbild
Commander, gar nichts, und das werde ich dir beweisen.«
Sheppard lächelte dünn. »Was willst du denn beweisen, Arlene? Deine Mission hat dich überlebt, wie oft soll ich es dir noch sagen? Es hat keinen Sinn mehr. Es ist vorbei. Du stehst als Einzelgängerin auf verlorenem Posten. Von deinen ehemaligen Freunden sitzen viele ein und…«
»Viele sind auch gestorben!« zischte sie. »Daran tragt ihr die Schuld. Das habe ich dir nicht vergessen, denn du bist der Bluthund gewesen, der die Einsätze geleitet hat. Du, Commander. Mag alles stimmen, was du gesagt hast, aber das hier ist eine offene Rechnung allein zwischen uns beiden.«
»Ja, das denke ich inzwischen auch.«
»Schön. Noch etwas, Curly. Auch ich habe nichts verlernt. Ich bin immer noch gut. Sogar das Geld, das ich seit zehn Jahren bei mir trug, habe ich für eine Taxifahrt hierher benutzen können. Dann ist mir noch etwas aufgefallen, als ich einen Blick in einen Spiegel werfen konnte. Ich habe mich nicht verändert. An dir, Curly, ist die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen. Du bist älter geworden. Der alte Wolf ist müde und hat einen grauen Bart. Beinahe hätte ich dich nicht erkannt, als ich im Halbdunkel des Treppenhauses auf dich lauerte, aber dann ging alles blitzschnell.«
Innerlich nickte der Commander. Sie hatte es tatsächlich geschafft, ihn zu überraschen. Er war nur kurz aus dem Haus gewesen, um sich in der Nähe mit zwei Flaschen Rotwein einzudecken. Dabei war er zwar mit dem Händler ins Gespräch gekommen, aber länger als fünf Minuten hatte diese Unterhaltung nicht gedauert.
Alles war so gewesen wie immer.
So herrlich normal, bis er dann seine Wohnungstür aufgeschlossen und den kalten Stahl der Mündung in seinem Nacken gespürt hatte. Die Stimme der Frau – er würde sie nie vergessen hatte ihm dann die endgültige Gewißheit gegeben. Sie war wieder da, und sie hatte es tatsächlich geschafft, das Gemälde zu verlassen, ebenso wie sie dort hineingelangt war und damals ihren Häschern entkommen konnte.
»Wir werden in einem anderen Raum weiter miteinander plaudern«, erklärte Arlene. »Pack deinen komischen Karatelehrer und schleife ihn ins Wohnzimmer. Viel scheint er nicht vertragen zu können. Er sieht härter aus, als er es in Wirklichkeit ist.«
»Keine Ahnung«, erwiderte der Commander. »Wir haben immer anders miteinander gekämpft und nicht aus dem Hinterhalt heimtückisch zugeschlagen wie du.«
»Jeder hat eben eine andere Methode, um an sein Ziel zu gelangen. Jetzt beeil dich.«
Curly Sheppard bückte sich. Er packte Suko unter den Armen. Für ihn war der Bewußtlose die Chance. Wenn er früh genug aus seinem Zustand erwachte, konnte er eingreifen, und zu zweit standen ihre Chancen besser.
Der Commander schleifte den schlaffen Körper durch den Flur in seinen Wohnraum. Er lag zum Garten hin. Durch ein vorgebautes Erkerfenster drang das helle Licht der Wintersonne.
Auf dem Teppich mußte Curly den Mann liegenlassen. Danach durfte er sich auf einen Stuhl setzen, und Arlene trat an den Bewußtlosen heran.
Sie wußte genau, was zu tun war. Ohne den Wohnungsinhaber aus den Augen zu lassen, ging sie in die Knie. Mit der freien Hand tastete sie Suko blitzschnell ab und fand auch die Beretta, die sie an sich nahm und wegsteckte.
Curly Sheppard konnte nur zuschauen. Er hatte sich schon so etwas gedacht, aber er hatte in den letzten Sekunden auch keine Chance gesehen, das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Diese Frau hatte auch in den zehn vergangenen Jahren nichts vergessen. Er brauchte nur in die kalten Augen zu schauen, um zu wissen, daß er Gnade oder Erbarmen nicht erwarten konnte. Wenn Suko nicht gekommen wäre, hätte es unter Umständen für ihn finster ausgesehen. Daß er noch lebte, verdankte er wohl nur dem Zustand des plötzlichen und unerwarteten Besuchs. Er wollte auch nicht wissen, weshalb ihn der Inspektor besucht hatte, das eigene Schicksal hatte jetzt Vorrang. Suko lag in der Mitte des Raumes auf dem Rücken. Arlene stand günstig, nicht weit von der Tür entfernt. Sie schwenkte den Revolver und hatte den Überblick, trotzdem zeigte ihr Gesichtsausdruck, daß sie nicht mit allem zufrieden war, und sie sprach auch aus, was sie störte.
»Es ist mir hier zu hell, Meister. Kann man das nicht ändern? Erker sind zwar nett. Ich aber mag sie heute nicht.«
»Ich dunkle ab.«
»Gut, aber keine Dummheiten.«
»Okay, du hast hier das Sagen.«
Die Mündung der Waffe zeigte immer auf Curlys Rücken, als sich
Weitere Kostenlose Bücher