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Das Höllenbild

Das Höllenbild

Titel: Das Höllenbild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ich wußte, daß Myrna ihren Platz verlassen hatte und nun zu mir kam.
    Schräg hinter mir blieb sie stehen. »Da siehst du ihn«, flüsterte sie.
    Ich nickte. »Und du hütest ihn?«
    »Ja.«
    »Ist er der einzige?«
    »Nein, es gibt noch andere. Altere.«
    Ich schloß für einen Moment die Augen und kümmerte mich nicht mehr um die große Gestalt. »Moment mal«, sagte ich. »Es gibt noch andere. Wie viele denn? Und wer ist er?«
    »Er ist noch nicht ausgewachsen«, erklärte sie. »O Gott, auch das noch! Sag nur nicht, daß er noch ein Kind ist. Ein Riesenbaby oder so etwas.«
    »Nicht mehr ganz«, flüsterte sie. »Er ist nicht mehr ganz ein Kind. Er ist ein…«
    »Ich weiß schon. Halb erwachsen. Er steht auf der Schwelle.«
    »Das stimmt.«
    Ich nahm wahr, wie sich der Schatten des Riesen in meiner unmittelbaren Umgebung bewegte. Ein Zeichen, daß mit der Gestalt etwas passiert war, und so öffnete ich wieder die Augen.
    Der Riese beugte seinen mächtigen Oberkörper nach vorn. Er bückte sich sogar tief, sehr tief herab, und er hatte gleichzeitig seine Arme ausgestreckt. Ich sah die gewaltigen Hände, die schwangen an den Armen wie zitternde Pendel, und ich wußte auch, was er vorhatte, als die Hände näherkamen. Man konnte mit mir ja viel anstellen, aber ich hatte keine Lust, zu einer Beute dieser Person zu werden. Deshalb sah ich nur eine Möglichkeit. Ich zog mich zurück in die primitive Hütte und nahm Myrna dabei mit. Das war auch keine Lösung, aber das einzige, was mir im Moment überhaupt einfiel. Schutz bot die Hütte nicht.
    Myrna schaute mich an. »Nein«, sagte sie mit leiser Stimme. »Nein, nein, das schaffst du nicht.«
    »Ich weiß es. Aber was soll ich tun?«
    »Du bist ein Fremder.«
    »Das stimmt«, erklärte ich, »und ich weiß auch, daß er fremde Personen aus einer anderen Zeit akzeptiert. Das habe ich erlebt, denn das Bild hat einer Mörderin Schutz geboten.«
    »Wir wissen das«, flüsterte sie. »Es war eine Frau. Er hat sie gemocht. Er war neugierig, aber ich weiß nicht, ob er dich auch mögen wird.«
    »Das werden wir sehen.«
    Meine Gelassenheit war gespielt. Ich fühlte mich in einer verdammten Zwickmühle. Der Riese hatte die Hütte erreicht, nur rührte er sich diesmal nicht vom Fleck. Sein Schatten fiel über die primitive Behausung hinweg. Er brauchte nur ein Bein zu heben und es danach nach unten zu rammen, dann war alles vorbei.
    Ich wartete und zerbrach mir dabei den Kopf nach einem Ausweg. Ich warf auch einen Blick auf die Hüterin der Riesen und sah, daß auch Myrna diese Szene nicht geheuer war. Sie wirkte auf mich wie eine Frau, die nicht wußte, was sie tun sollte. Einige Male strich sie durch ihr Gesicht. Von Atlantis aus mußte sie mit den Riesen geflohen sein. Sie hatte für diese Wesen gesorgt, diesmal allerdings schien sie auch nicht zu wissen, wie ihr Schützling reagierte.
    Ich wurde eines Besseren belehrt, als ich ihre Stimme hörte. Myrna sprach leise. Dabei flössen die Worte wie Tropfen über ihre Lippen hinweg. »Du bist zu einem falschen Zeitpunkt gekommen. Er will keine Fremden mehr, das spüre ich.«
    »Was heißt das?«
    »Eine Frau hat er hingenommen. Er mochte sie, aber er mag dich nicht. Ich nahm seine Gedanken auf. Er mag nicht nur dich nicht, er mag mich auch nicht mehr.«
    »Und?«
    »Es kann schrecklich enden!« flüsterte Myrna. »Das kann für uns den Tod bedeuten.«
    Das brauchte sie mir nicht zu sagen. Ich war mir der Gefahr bewußt.
    Vor der Hütte gab es eine Veränderung. Der Riese bewegte sich. Aber er ging nicht zur Seite, er beugte nur seinen Oberkörper sehr weit vor.
    Ich wunderte mich über dessen Gelenkigkeit, denn es gelang ihm tatsächlich, aus dieser gebückten Haltung heraus einen Blick durch den offenen Eingang in die Hütte zu werfen.
    Das Gesicht malte sich hinter dem Eingang ab. Es war sogar sehr deutlich zu sehen. Die dicken Wangen, die hellen Augen, ich sah auch den Mund, die gerade Nase, und er öffnete leicht den Mund, wie jemand, der in die Hütte hineinblasen will. »Kannst du mit ihm sprechen?« flüsterte ich der Frau zu.
    »Er will es nicht.«
    »Wieso?«
    »Ich habe es versucht. Aber er will es nicht. Nein, er sperrt sich gegen einen Kontakt.«
    »Du bist seine Hüterin.«
    Myrna faßte mich an. »Ja, das bin ich. Aber ich bin nicht seine Herrin. Er will nicht mehr, daß sich seine Welt für andere öffnet. Er ist böse geworden, wir müssen uns damit abfinden, so leid es mir tut, John. Ich weiß, daß du ein

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