Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Vermächtnis des amerikanisch-französischen Bündnisses während der Revolution. Darum dachten wir, dass Sie am besten unter dem Deckmantel eines amerikanischen Offiziers auftreten, der zu einer von Bonapartes Truppen gehörte und gefangen genommen wurde. Die Tatsache, dass Sie fließend Französisch sprechen, ist da von großem Vorteil.«
»Bleibt nur noch Ihre Identität. Etwas Glaubwürdiges, das näherem Hinsehen standhält, am besten etwas, das mit Ihren Fähigkeiten übereinstimmt und idealerweise mit einer Sache, von der Sie persönliche Kenntnis haben. Das einzige Problem dabei wäre die Frage, wo Sie sich in den letzten zwei Jahren aufgehalten haben. Deshalb ist es am besten, wenn wir uns etwas aussuchen, das nicht zu lange zurückliegt und wo die Fakten noch nicht so bekannt sind. Captain Ludd und ich haben Meldungen durchge sehen und meinen, dass der Sieg von Ciudad Rodrigo am besten geeignet wäre. Über diese Schlacht wird noch immer berichtet. Sind Ihnen Einzelheiten darüber bekannt?«
»Nur das, was ich in den Zeitungen darüber gelesen habe«, sagte Hawkwood.
Die Times hatte allgemeine Berichte über die Schlacht gebracht, ebenso der Chronicle und die Gazette . Ciudad Rodrigo war eine malerische spanische Stadt am Fluss Agueda. Es lag nur wenige Meilen von der Grenze und wachte über die nördliche Hauptroute zwischen Spanien und Portugal. Anfang Januar hatte Wellington die Stadt belagert. Der Angriff war heftig gewesen und es hatte viele Verwundete gegeben, aber Wellington hatte gesiegt. Man hatte viele Gefangene gemacht.
Read nickte. »Sehr gut; ein freiwilliger Hauptmann, der dem 34. Régiment d’Infanterie Légère angehörte, das wird für Ihre Zwecke am besten sein, denke ich. Das Regiment gibt’s erst seit letztem Jahr und wurde mit Männern aus anderen Einheiten gebildet, also ist es durchaus möglich, dass man auch ausländische Experten zu Hilfe genommen hat. Ich überlasse es Ihnen, sich eine passende Biografie zurechtzustricken.«
Der Oberste Richter langte über den Schreibtisch und hob eine kleine Leinentasche auf. »Hier sind einige Berichte über die Belagerung. Bedienen Sie sich. Sie enthalten Details, die nicht an die Öffentlichkeit gelangt sind, warum, das werden Sie bald merken. Unsere Soldaten mögen wohl siegreich gewesen sein, aber mit Ruhm haben sie sich nicht bekleckert. Solche Einzelheiten könnten helfen, unbequeme Fragen abzublocken. Setzen Sie sie klug ein, falls Sie unter Druck geraten sollten, Angriff ist die beste Form der Verteidigung. Und wenn Sie Ihre ehemaligen Kameraden schlechtmachen, wird das die Aufmerksamkeit von Ihrer eigenen Identität ablenken. Also, lesen Sie die Depeschen. Sie werden bald sehen, was ich meine.«
Read reichte ihm die Tasche. »Als Offizier dürfen Sie ein paar persönliche Sachen bei sich haben. Mr. Twigg wird Ihnen Geld dafür geben. Auf den Hulks ist englisches und französisches Geld in Umlauf. Ich würde Ihnen jedoch raten, mit Ihren Ausgaben zurückhaltend zu sein. Die Schatztruhen des öffentlichen Dienstes sind auch nicht unerschöpflich.
»Die Narben, die Sie in der Sache mit Hyde davongetragen haben, werden Ihnen gute Dienste leisten. Sie sind frisch genug, um aus der Zeit Ihrer Niederlage und Gefangennahme zu stammen. Das wird zu Ihrer Glaubwürdigkeit beitragen.«
Die Wunden von seinem Zusammentreffen mit Titus Hyde, dem Entlaufenen aus der Irrenanstalt, waren gut verheilt. Aber dennoch wachte Hawkwood manchmal in den frühen Morgenstunden auf und fragte sich, was passiert wäre, wenn die Klinge von Hydes Rapier einen Zoll länger gewesen wäre. Die rasiermesserfeine Narbe auf seiner linken Wange war eine dauernde Erinnerung daran, dass die Trennlinie zwischen Leben und Tod so fein sein kann wie ein einziges Haar oder so kurz wie ein Herzschlag.
»Wer weiß sonst noch, dass ich Sonderermittler bin?«
Read zögerte, ehe er antwortete. »Niemand. Außer mir, Ludd und Mr. Twigg wird keiner Ihre wahre Identität kennen.«
»Auch nicht der Commander auf dem Hulk?«
»Niemand«, wiederholte Read.
»Und wie benachrichtige ich Sie, wenn ich etwas entdecke?«
»Deshalb werden Sie im Schiffsregister als Offizier geführt. Damit haben Sie Anspruch auf Freigang. Captain Ludd empfiehlt, dass wir den Anschein erwecken, Ihr Antrag müsse erst genehmigt werden. Damit werden Sie vor einem Gutachterausschuss erscheinen. Ihr erstes Verhör wird eine Woche nach Ihrer Ankunft stattfinden. Captain Ludd wird den Vorsitz haben. Sie
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