Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Himmelsnavigation bei!«
»Und niemand hat uns gesehen?«
»Soweit ich weiß, nicht. Doch wenn unsere Verfolger die Hunde nicht gehabt hätten, dann hätte es anders ausgehen können. Dann hätte ich sie wahrscheinlich nicht kommen hören. Ich kann nur sagen, die Götter müssen auf unserer Seite gewesen sein.« Lasseur setzte sich auf. »Übrigens weiß Thomas Gadd, dass wir hier sind. Er hat mir geholfen, dich nach oben zu tragen. Er hat auch das Boot wieder zurückgebracht. Und seitdem sind wir hier.«
Im Zimmer war es warm, doch Hawkwood lief es plötzlich kalt über den Rücken. »Was meinst du damit, seitdem? Wie lange sind wir denn schon hier?«
Lasseur zögerte; in seinen Augen flackerte es. »Du bist jetzt etwas länger als vierundzwanzig Stunden hier im Bett.«
Hawkwood brauchte einen Moment, um diesen Schreck zu verdauen. »Was?« Dann rechnete er schnell nach und warf die Decke zurück. »Mein Gott!«
Lasseur riss vor Schreck die Augen auf. Er legte Hawkwood die Hand auf die Brust. »Was machst du denn?«
Hawkwood schob seine Hand beiseite. »Ich muss die Behörden benachrichtigen! Ich muss sie warnen, wegen dem Überfall auf die Admiralität! Es soll doch morgen Nacht passieren!«
Lasseur packte ihn am Arm. »Warte! Tom Gadd sagte mir, dass Morgans Leute uns immer noch suchen. Sie haben ein Kopfgeld ausgesetzt. Wenn einer von uns die Farm verlässt, besteht die Gefahr, dass wir gesehen werden. Außerdem«, fügte Lasseur bestimmt hinzu, »sieh dich doch mal an! Du bist in keiner Verfassung, irgendwo hinzugehen.«
»Das muss ich riskieren.« Hawkwood schob Lasseurs Hand erneut weg, schwang die Beine aus dem Bett und stellte sie auf den Boden. »Wo sind meine verdammten Klamotten?«
Lasseurs Augen wanderten zum Schrank.
Hawkwood stand auf. Der Raum fing an, sich zu drehen. Schnell setzte er sich wieder hin.
Lasseur hob verzweifelt die Hände. »Siehst du? Du kannst kaum laufen. Du musst erst zu Kräften kommen.«
»Dafür ist keine Zeit!« Hawkwood sah zum Fenster, ihm war, als sähe er durch einen Schleier. »Zum Teufel, wie spät ist es eigentlich?«
»Es ist später Nachmittag, fast sechs. Hast du keinen Hunger? Du hast eine ganze Weile nichts Vernünftiges gegessen.«
»Nein, verdammt, ich habe keinen Hunger!« Hawkwood stemmte sich wieder vom Bett hoch. Der Raum schwankte dramatisch, aber nur einen Moment, dann war alles wieder im Lot. Er holte tief Luft und ging etwas unsicher zum Kleiderschrank, wo Hemd, Jacke, Hose und Unterwäsche an Haken und Bügeln hing. Er lehnte sich an die Schranktür und betrachtete die Sachen. Wenn man berücksichtigte, dass sie im Fluss durchnässt worden waren und erst recht, wie sie davor ausgesehen hatten, als sie durch den Wald gerannt waren, kam ihm alles bemerkenswert sauber vor.
Er nahm die Kleider aus dem Schrank, zog das Nachthemd aus und fing an, sich anzuziehen. Er bückte sich und hob die Stiefel auf, wobei er ignorierte, dass ihm schon wieder der Schweiß über den Rücken lief. Leicht benommen setzte er sich auf die Bettkante und versuchte, seinen rechten Stiefel anzuziehen. Er sah, dass das Messer noch immer an seinem Platz steckte. Er sah sich flüchtig im Spiegel an und hätte das aschgraue, unrasierte Gesicht fast nicht erkannt, das ihm daraus entgegenstarrte. Er musste zugeben, er hatte schon besser ausgesehen. Er wandte sich ab und merkte, dass Lasseur ihn mit besorgtem Blick beobachtete. Da er ihm jedoch keine Hilfe anbot, wusste Hawkwood, dass der Privateer ihm etwas klarmachen wollte.
Lasseur versuchte es wieder. »Matthew, jetzt hör mir mal zu. Du kannst noch gar nicht klar denken. Morgan wird mit dem Goldraub sowieso nicht Ernst machen. Dazu ist es jetzt zu spät. Er wird es nicht wagen. Solange er uns nicht gefunden hat, kann er nicht wissen, ob du deine Leute gewarnt hast oder nicht. Wie kann er denn sicher sein, dass das Militär ihn nicht dort schon erwartet? Er wird den Überfall nur wagen, wenn er uns vorher zum Schweigen bringen kann, und auch dann nur, wenn er noch Zeit dazu hat. Es ist viel wahrscheinlicher, dass du den Überfall verhinderst, indem du hierbleibst und er nicht weiß, was Sache ist. Und so sind wir alle sicher.«
»Wir werden niemals sicher sein! Vor Morgan jedenfalls nicht. Wir haben ihn zu schwer getroffen. Er wird furchtbar wütend sein, weil er an Gesicht verloren hat.« Hawkwood griff nach seinem anderen Stiefel. »Ich muss das machen. Dieser Bastard ist doch so rotzfrech, es würde mich gar nicht
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