Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Aber jetzt geht der Spaß erst so richtig los«, sagte er. Seine Stimme schien sich zu verändern, sie wurde dunkler, drohender. Plötzlich schien Del gar nicht mehr so einfältig.
»Nein«, sagte Lasseur. »Das glaube ich nicht. Heute nicht.«
Etwas in Lasseurs Stimme ließ Del ahnen, dass er sich in Gefahr befand. Er reagierte sofort und panikartig.
Hawkwood stand rechts von Lasseur und nahm Del einen Teil der Sicht, als Lasseur die Pistole aus dem Gürtel zog. Mit einer Geschwindigkeit, die so gar nicht zu seinem tölpelhaften Äußeren passte, hob Del seine Waffe und schoss. Hawkwood spürte den Stoß an seinem Kopf. Während er in einem schmerzhaften Nebel zu Boden ging, hörte er, wie Lasseur das Feuer erwiderte. Das Letzte, was er wahrnahm, war eine große rote Blume, die auf Dels Brust aufblühte.
Dann war alles zu Ende.
19
Manchmal hatte er das Gefühl, als falle er; dann war es wieder wie ein Schweben, bei dem er wie in einem schwachen Gezeitenwechsel hin und her trieb, ohne Ziel und ohne Bestimmung, nie ganz bis zu den hohen Wellen hin und nie ganz bis ans Land. Einen Augenblick war ihm kalt, im nächsten fühlte er sich derart in Schweiß gebadet, dass er glaubte, darin ertrinken zu müssen. Und bei jedem dieser Anfälle hatte er einen merkwürdigen Geschmack wahrgenommen – bitter, aber nicht unangenehm -, der auf seiner Zunge und in seinem Rachen war.
Es gab auch Schatten und Stimmen. Aber wie alle Schatten waren auch diese konturlos, und die Worte, die er zu hören glaubte, waren wie das Rauschen von trockenem Laub im Wind. Manchmal waren sie in der Nähe und fast hörbar, dann wieder war es nur ein Flüstern, als seien die Sprecher weit weg und wollten nicht gehört werden. Er nahm an, dass sie über ihn sprachen, und hatte sich angestrengt, es zu hören, aber je mehr er sich anstrengte, desto schwerer war es, etwas zu verstehen.
Er hatte auch eine nebelhafte Erinnerung, dass man ihm einen Löffel an die Lippen gehalten hatte, von dem er etwas schlucken sollte, aber er hatte keinerlei Erinnerung daran, was es gewesen sein könnte. Einmal hörte er einen Hund bellen und wollte schreien, aber dann war es plötzlich still geworden. Die Enge in seiner Brust ließ nach, das Gefühl ging vorüber und er fürchtete sich nicht mehr.
Als er die Augen öffnete, dachte er einen entsetzlichen Moment lang, er sei wieder im Krankenrevier auf dem Hulk. Wenn das Stechen an der Seite seines Kopfes auch nicht besonders schmerzhaft war, so weckte es doch schreckliche Erinnerungen daran, bis er ein kühles feuchtes Tuch spürte und sanfte Finger, die etwas auf seinen Kopf rieben und die Schmerzen linderten. Eine Frauenstimme sagte leise: »Er ist aufgewacht.«
Die Stimme war ihm irgendwie bekannt.
Maddie?, Dachte Hawkwood.
Er drehte den Kopf. Er lag in einem schmalen Bett. Daneben stand ein Nachttisch, auf dem ein Leuchter mit einer Kerze stand, die aber nicht brannte, daneben eine Schüssel und mehrere blaue Glasbehälter. Was darin war, wusste er nicht.
Ein Frauengesicht beugte sich über ihn. Es war nicht Maddie Teague.
»Hallo, Captain«, sagte Jess Flynn.
»Wird auch Zeit«, sagte Lasseur, der hinter ihr auftauchte. »Wie fühlst du dich?«
Hawkwood sah die beiden an und wusste nicht, ob er träumte oder wachte. Er berührte mit den Fingern seinen Kopf und zuckte zusammen. »Ich hab’s satt, auf den Kopf gehauen zu werden.« Er zog die Hand zurück. Sie waren klebrig, als habe er in Bienenwachs gegriffen. Er rieb die Finger aneinander.
»Keine Sorge, Captain, es ist nur eine Salbe. Ich mache sie selbst aus besonderen Ölen und Kräutern«, sagte Jess Flynn. »Sie ist gut gegen Schmerzen und hat Heilkräfte. Sie hatten einen Streifschuss und waren bewusstlos. Aber Sie hatten großes Glück; es hat geblutet, und Sie hatten etwas Fieber, aber wirklich schlimm war es nicht.«
»Zum Glück war es nur dein Kopf«, sagte Lasseur lächelnd. »Wenn er dich woanders getroffen hätte, hätte ich mir Sorgen gemacht.«
Als Hawkwood sich bewegte, stellte er fest, dass ihm sonst nichts wehtat, was ihn ermutigte, sich aufzusetzen. Auch das gelang ihm mit nur geringen Schmerzen. Er sah sich um. Der Raum war klein und hatte eine schräge Decke. Durch das halbgeöffnete Fenster sah er die Unterseite des Dachvorsprungs. Im Zimmer war ein einfacher Frisiertisch mit einem Spiegel, auf dem eine weitere Schüssel und ein Krug standen. Vor dem Tisch war ein Stuhl, an der Wand stand ein schmaler Kleiderschrank.
Er
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