Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Ich hole sie in ein bis zwei Tagen ab.«
»Gut.«
Der Totengräber nickte. »Ja, da sind sie also. Ich muss jetzt zurück.«
»Wie geht’s Megan?«, fragte die Frau.
Higgs kletterte auf den Wagen. »Der geht’s viel besser. Der Zaubertrank, den du mir gegeben hast, hat Wunder gewirkt.«
Die Frau seufzte leicht genervt. »Es war kein Zaubertrank, Asa. Nur ein Auszug aus Kräutern. Die könntest du in deinem Garten auch haben, wenn du wolltest.«
Higgs schüttelte hastig den Kopf. »Oh Gott, nein. Darauf will ich’s nicht ankommen lassen. Wenn ich das täte, würde sie mich nicht mehr aus dem Haus lassen.« Er grinste.
Die Frau lächelte. Plötzlich war ihr Gesicht wie verwandelt. Sie war schön, dachte Hawkwood. »Ich habe Holunderblütensaft, davon könntest du Megan etwas mitnehmen.«
»Wenn das ein Angebot ist …«
»Warte.« Die Frau stellte den Eimer hin und ging ins Haus.
Der Hund beobachtete sie durch die Zottelhaare und überlegte, ob er ihr folgen oder hier Wache halten sollte. Schließlich entschied er, dass Wachsamkeit den Fremden gegenüber etwas weniger Anstrengung für ihn bedeutete.
Die Frau kam mit einem kleinen Steinkrug zurück, den sie dem Totengräber gab. Der stellte den Krug zwischen seine Füße, ergriff die Zügel, nickte Hawkwood und Lasseur kurz zu und fuhr mit einem Schnalzen los. Sie sahen ihm nach, wie er zwischen den Bäumen verschwand.
Die Frau drehte sich um. »Hier lang. Kommen Sie mit.« Sie ging voran zur Scheune. Der Hund stand auf und folgte ihnen langsam und schwerfällig.
In der Scheune war es kühl. Es gab einen Getreidekasten und zwei Boxen, in dem einen stand eine Milchkuh. Es roch nach frischem Dung und Hühnern. Einige Hühner suchten nach Körnern.
»Hier ist es trocken und es ist viel Platz. Ich glaube, Sie werden es ganz bequem haben.«
Sie führte sie in eine Ecke. An der Wand waren Strohballen aufgeschichtet. Sie ergriff einen der unteren Ballen und zog ihn vor, worauf eine dunkle Öffnung zum Vorschein kam. In dem Raum dahinter sah Hawkwood einen Eimer und ein paar Tonnen, die an der Wand standen. »Wenn jemand kommt, müssen Sie sich hier verstecken.« Sie zeigte auf den Hund. »Das ist Rab. Er wird alt, aber er ist ein guter Kerl und warnt mich, wenn Fremde kommen.«
Der Hund wedelte, als er seinen Namen hörte.
»Ich habe jemanden, der kommt und mir hilft. Ein Mann namens Thomas. Sie werden ihn leicht erkennen, denn er hinkt und hat hier eine Narbe.« Die Frau fuhr mit dem Finger über ihr rechtes Auge und die Wange. »Vor dem brauchen Sie sich nicht zu verstecken.« Während sie sprach, betrachtete sie die Narben auf Hawkwoods Gesicht. »Sie heißen Hooper, ist das richtig?«
»Das ist richtig.«
»Sind Sie Engländer?«
»Amerikaner.«
Sie betrachtete ihn einige Sekunden, dann nickte sie stumm. Sie sagte: »Wenn ich soweit bin, bringe ich Ihnen etwas zu essen und zu trinken.«
»Danke«, sagte Lasseur, ernüchtert von ihrem kompromisslosen Blick. »Wie sollen wir Sie anreden?«
»Madame.«
Sie wandte sich um, ehe sie etwas erwidern konnten, und ging mit entschlossenem Schritt ins Haus, der Hund dicht hinter ihr. Im Vorbeigehen nahm sie den Eimer mit.
Die Männer sahen hinter ihr her.
Lasseur sah Hawkwood an und grinste. »Ich glaube, sie mag mich.«
13
Hawkwood hatte die Augen geschlossen. Es war merkwürdig, dachte er, dass er noch immer den Geruch des Hulk in der Nase hatte. Die Vernunft sagte ihm, dass der Gestank des Gefängnisschiffs unmöglich bis hierher getragen werden könne, und doch hätte er schwören können, er war da, ein ekelerregendes Phantom, das seine Geruchsnerven belästigte.
Obwohl er wusste, dass es lächerlich war, öffnete er die Augen, um sich zu überzeugen, dass er nicht wieder auf dem Geschützdeck war. Er sah die Wiese, den Bach und die umliegenden Wälder und empfand ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung. Er saß auf einem Holzklotz, den Rücken an die Scheunenwand gelehnt.
Er prüfte schnüffelnd die Luft. Seine Nackenhaare sträubten sich. Im selben Moment wusste er, dass es keine Einbildung war. Dieser Gestank war tatsächlich da, und seine Ursache lag näher, als er vermutet hatte. Es war seine eigene Ausdünstung, die er roch. Er trug den Makel des Hulk noch immer mit sich herum. Er hing in seinen Kleidern, und auch sein Schweiß roch danach. Er hielt seinen Ärmel an die Nase und zuckte angewidert zurück. Er konnte sogar die Makrelen riechen. Kein Wunder, dass der Totengräber sie am
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