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Das Hohe Haus

Das Hohe Haus

Titel: Das Hohe Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Willemsen
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durchregulieren. Sie wollen den Menschen gar keine Möglichkeit zu neuem Denken geben, sie wollen ihnen das Denken vorwegnehmen.« Und es gibt dazu auch den kleinen Eiferer, hier Matthias Heider ( CDU / CSU ), der beflissen reinruft: »Ja, das glaube ich auch.«
    Dies sind die Momente, in denen man sieht, wie systemfremd es ist, vom Parlament Impulse für die Selbsterneuerung der Gesellschaft zu erwarten, weil sich kein guter Gedanke gegen die stumpfe Bewahrung des realpolitischen Status quo wird durchsetzen können. Vehement wird sich die Parlamentsmehrheit vielmehr gegen jede Veränderung der Lebens- und Konsumpraxis zur Wehr setzen. Der gute Gedanke, die entschiedene Veränderungsabsicht, sie suchen sich deshalb schon jetzt Felder abseits des Parlaments, und sie werden sich im Zweifelsfall gegen dieses richten. Solange sich Verbraucher und Wähler nicht massiv für eine Kritik des Konsums, des aktuellen Natur- und Ressourcenverbrauchs starkmachen, wird es innerhalb der parlamentarischen Möglichkeiten keine Antwort auf Ressourcen-Knappheit, Verteilungskämpfe, Migrationsbewegungen, den Raubbau an den Armen geben. Es ist offensichtlich. Es steht in der Sprache derer, die gerade die Regierungsmacht verwalten.
    Von allen Seiten dringt jetzt das Sonnenlicht ein, ein Schattengitter-Muster liegt auf dem Bundesadler. Am Pult eröffnet Edelgard Bulmahn ( SPD ) einen Diskurs, geeignet, den Brückenschlag zwischen der humanistischen Vision und dem politischen Ist-Zustand zu vollziehen. In direkter Ansprache der Zuhörer auf den Tribünen gibt sie eine historische Lehrstunde, nicht zu irritieren von den im Sekundentakt abgefeuerten Zwischenrufen des Abgeordneten Georg Nüßlein ( CDU / CSU ), der themenfern auf einer Mitschuld der SPD bei der ausgebliebenen Regulierung der Finanzmärkte besteht. Jeder hat seine Sprechblase.
    Dass die Debatte nach zweieinhalbjähriger Kommissionsarbeit nur neuerlich mit den gestanzten Formeln des Parteienzwists gefüttert werden soll, liegt nicht an der Opposition, bringt aber den Sinn dieser Debatte an eine Grenze. Wo es um den Entwurf einer »nachhaltigen Wirtschaftsweise« geht und darum, einen »tiefgreifenden Wandel unserer sozialen Marktwirtschaft wirklich herbeizuführen«, weil uns die Marktwirtschaft »in ihrer jetzigen marktradikalen Form die Finanz-, Wirtschafts- und Umweltkrise beschert hat«, dort ist sie nicht verhandelbar. Es bleibt also dabei, dass system-transzendente Ansätze einerseits für lebenswichtig, andererseits für nicht diskussionsfähig erachtet werden. Edelgard Bulmahn ist die Erfahrung der ehemaligen Ministerin anzumerken. Ohne Polemik deckt sie Widersprüche zwischen dem Wachstums-Wirtschaftsminister Rösler und dem Nachhaltigkeitsminister Altmaier auf und endet appellativ.
    Auch in der Nachfolge entwickelt sich eine Debatte mit Durchblicken auf die längerfristigen Fragen der Politik. Thomas Gambke ( B   90 / DIE GRÜNEN ) bezweifelt eine politische Konzeption, die auf drei Prozent Wirtschaftswachstum basiert und also die Lebensdauer mancher technischer Geräte auf zwei Jahre befristen muss. Er rekapituliert den Auftrag der Kommission, die Frage zu untersuchen, ob und wie Deutschland seine Herausforderungen auch mit geringen Wachstumsraten bewältigen könne – und was erwidert ihm Matthias Heider ( CDU / CSU ): Er wolle »die Industrie abschaffen«. Des Redners Versuch einer übernationalen Beantwortung von Wachstumsfragen zerschellt an der Selbstzufriedenheit der Regierungskoalition und ihrer Gewährleistung des raschen wirtschaftlichen Zuwachses ohne Blick auf die Grenzen unseres Planeten.
    So recht also Stefanie Vogelsang ( CDU / CSU ) damit hat, die Selbstwidersprüche der SPD darzustellen – je nachdem, ob diese in der Regierungsverantwortung oder außerhalb von ihr agiert –, so wenig kann allein die Eigenverantwortung der Bürger zum Korrektiv erhoben werden. Zum vollständigen Bild gehört aber auch, dass mit Vogelsang und dem folgenden Redner Matthias Zimmer ( CDU / CSU ) auch von Regierungsseite leise Töne in die Diskussion gebracht und elementare Zweifel der Kommission artikuliert werden. Zimmer beugt sich bullig über seine Papiere. Ich habe ihn wiederholt schroff und verächtlich erlebt. Heute redet er leise, getragen, und es passiert Erstaunliches. Denn er hält, was man als »große Rede« begreifen kann, eine kluge Reflexion der Grenzen unseres jetzigen Denkens, und dafür wird ihm sogar die Zustimmung breiter Teile des Hauses, nicht

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