Das Horror-Restaurant
Slip…«
»Das hast du gesehen?«
»Ja.«
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Na denn«, sagte ich und hob die Schultern. »Damit habe ich nicht gerechnet. Vielleicht ist sie auch mit ein Grund, daß dieses Lokal so gut besucht ist. Ich denke da noch an etwas anderes. Ich habe übrigens Suko Bescheid gegeben, daß er kommen soll.«
»Die lassen niemanden mehr an Bord.«
»So meine ich das auch nicht. Niemand soll sehen, daß noch einer von uns hier ist.«
»Klar, natürlich, daß hätte ich mir auch denken können.« Bill grinste.
»Ganz schön durchtrieben bist du.«
»Man tut, was man kann.«
»Hast du schon eine Vorstellung davon, wie es weitergehen soll?« fragte Bill.
»Nicht genau. Aber ich denke mir, daß ich mit Vanity noch intensiver reden werde.«
»Willst du ihr die Wahrheit sagen?«
»Du denkst an die Sache mit dem Ghoul!«
»Ja.«
Ich hob die Schultern. »Das weiß ich noch nicht. Ich möchte sie erst mal aus der Reserve locken.«
»Was dir schwerlallen wird.«
Ich lächelte und schlug meinem Freund auf die Schulter. »Lieber Himmel, sie scheint dich ja ungemein beeindruckt zu haben.«
»Ja, John, das hat sie tatsächlich. - Dieses Weib ist unbegreiflich! Hast du nicht auch das Fluidum bemerkt, das sie ausstrahlt?«
»Sicher. Line Kälte, die mich schaudern ließ, Bill. Ich glaubte, mich in einem Kühlschrank versetzt zu sehen, als ich…«
»Vorsicht, sie kommt.«
Rauchschwaden wehten über meine linke Schulter. Ich drehte mich auf dem Hocker sitzend um und sah eine rauchende Vanity Raise. Die Zigarette steckte in einer Spitze.
Als ich aufstehen wollte, legte sie mir eine Hand auf die Schulter. »Aber John, bleiben Sie doch sitzen.«
»Danke.« Sie nahm den Hocker neben mir. Wie zufällig berührte ich mit der Handfläche ihren Rücken und mußte meinem Freund Bill Conolly recht geben. Diese Frau trug tatsächlich keine Kleidung. Sie hatte sich das Trikot auf die nackte Haut gemalt.
»Zufrieden, John?«
»Weshalb?«
Vanity schaute mich aus verhangenen Blicken an. »Daß ich nichts auf der Haut trage, nur Farbe.«
»Interessant.«
»Ich sagte Ihnen doch, daß man in London neue Zeichen und Trends setzen muß. Ich mache da keine Ausnahme und habe praktisch mit meiner Persönlichkeit angefangen.«
»Und womit noch?«
»Schauen Sie sich um, dann sehen Sie es. Die Leute gieren nach Sensationen. Ihre kleine Welt reicht ihnen nicht. Sie wollen ausbrechen. Mein Lokal ist jeden Abend voll. Die letzten gehen erst weit nach Mitternacht und nehmen es in Kauf, auf Särgen zu sitzen, die doch sehr unbequem sind. Oder möchten Sie stundenlang auf einer hölzernen Totenkiste hocken?«
»Nicht unbedingt«, erwiderte ich. »Allerdings möchte ich auch nicht in der Kiste liegen.«
»Wie meinen Sie das denn?«
»Nur so.«
Sie schaute mich aus ihren blaugelben Augen an. »Das glaube ich Ihnen nicht. Sie und ihr Freund sind Typen, die nachforschen, die nichts so ohne weiteres als gegeben hinnehmen. Ich weiß nicht, aber ich bin mir über Sie beide noch nicht im klaren. Sie sind bestimmt nicht hergekommen, um satt zu werden.«
»Aber sicher!« meldete sich Bill, der zugehört hatte. »Nur verging uns der Appetit, als wir Ihren Höllen-Cocktail probierten.«
Vanity winkte lachend ab. »Der ist völlig harmlos. Er wird sehr gern bestellt.«
»Harmlos?« widerholte ich. »Also mein Fall ist es nicht, wenn ich Hühnerblut trinken soll.«
Sie war dabei, die Zigarette auszudrücken. Ihre Hand blieb über dem Ascher schweben. »Was haben Sie da gesagt — Hühnerblut?«
»Genau.«
»Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen Blut zu trinken gebe, Mister.«
»Das glaube ich.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich schnappte etwas frische Luft. An Deck begegnete mir jemand mit zwei frisch geschlachteten Hühnern…«
Sie lachte in meine Worte hinein. »Die nehmen wir für unseren Frankenstein-Eintopf.«
»Okay.«
»Sonst noch etwas?«
»Eigentlich nicht.«
Vanity deutete in das Lokal hinein. »Ich würde Ihnen raten, an Ihrem Tisch Platz zu nehmen.«
»Weshalb?«
Die Frau verengte die Augen. Mit noch tieferer Stimme sprach sie die nächsten Worte aus. »Diese Nacht ist eine besondere. Wer heute hier ist, der vergißt sie nicht.«
Bevor sie sich abwenden konnte, erreichte sie meine Frage. »Ist das auch mit den Leuten geschehen, die hier Gäste waren und verschwunden sind, Vanity?«
Sie blieb stehen und zeigte sich mirvon der Seite. Die Nase war gerade gewachsen. Durch die
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