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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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bevor er sich das Leben nahm, mit Mary Vetsera, auf Schloß Mayerling.« Ronda hatte in ihrem Gedächtnis und in ihrem Herzen ein besonderes Plätzchen für Süße Mädels.
    »Ich bin doch auch eins, oder?« hatte sie mich gefragt, nachdem Frank über Leben und Werk Arthur Schnitzlers berichtet hatte.
    »Das süßeste von allen«, hatte ich ihr gesagt.
    »Baah«, sagte Ronda Ray.
    »Wo lebte Freud über seine Verhältnisse?« fragte Frank in die Runde.
    »Welcher Freud?« fragte Lilly, und wir lachten alle.
    »Im Sühnhaus«, beantwortete Frank seine eigene Frage. »Und die englische Übersetzung dafür?« fragte er. »Atonement House«, antwortete er.
    »Frank, fick dich ins Knie«, sagte Franny.
    »War nichts mit Sex, deshalb wußte sie's nicht«, sagte Frank zu mir.
    »Wer hat als letzter Schubert angefaßt?« fragte ich Frank; die Frage machte ihn mißtrauisch.
    »Wie meinst du das?« fragte er.
    »Genau wie ich's gesagt habe«, sagte ich. »Wer hat als letzter Schubert angefaßt?« Franny lachte; ich hatte ihr von der Geschichte erzählt, und ich nahm nicht an, daß Frank sie kannte - weil ich die Seiten aus Franks Buch gerissen hatte. Es war eine kaputte Geschichte.
    »Ist das so was wie eine Scherzfrage?« fragte Frank.
    Sechzig Jahre nach Schuberts Tod war der arme Hinterwäldler Anton Bruckner dabei, als Schuberts Grab geöffnet wurde. Nur Bruckner und ein paar Wissenschaftler waren zugelassen. Ein Herr aus dem Bürgermeisteramt hielt eine Ansprache und ließ sich endlos über Schuberts grausige Überreste aus. Schuberts Schädel wurde fotografiert; ein Schreiber notierte die Untersuchungsergebnisse - und hielt fest, daß Schubert leicht orange gefärbt war und daß seine Zähne in einem besseren Zustand als die Beethovens waren (Beethoven hatte man schon vorher für ähnliche Studien auferstehen lassen). Die Schubertsche Hirnschale wurde vermessen und die Maße aufgeschrieben.
    Nach fast zwei Stunden »wissenschaftlicher« Untersuchungen konnte Bruckner nicht mehr länger an sich halten. Er packte den Schädel Schuberts und drückte ihn an sich, bis er aufgefordert wurde, ihn hinzulegen. Also war Bruckner der letzte, der Schubert anfaßte. Eigentlich war das eine Geschichte nach Franks Geschmack, und er war wütend, weil er sie nicht kannte.
    »Das war wieder Bruckner«, antwortete Mutter ruhig, und Franny und ich waren verblüfft, daß sie Bescheid wußte; wir lebten von einem Tag zum andern in der Überzeugung, daß Mutter nichts wußte, und dann stellte sich heraus, daß sie alles wußte. Auf Wien, das wußten wir, hatte sie sich heimlich vorbereitet - vielleicht weil sie wußte, daß Vater nichts dafür tat.
    »Was für Belanglosigkeiten!« sagte Frank, als wir ihm die Geschichte erklärt hatten. »Ehrlich, was für belangloses Zeug!«
    »Die Geschichte der Menschheit besteht aus Belanglosigkeiten«, sagte Vater und war mal wieder ganz Iowa-Bob.
    Aber normalerweise war Frank die Quelle für Belanglosigkeiten - und zumindest was Wien betraf, ließ er sich höchst ungern übertrumpfen. Überall in seinem Zimmer hatte er Zeichnungen von Soldaten in ihren Traditionsuniformen: Husaren in hautengen rosaroten Hosen und maßgeschneiderten Jacken, die die blaue Farbe eines sonnenbeschienenen Sees hatten, und die Offiziere der Tiroler Schützen im Hoffnungsgrün. Bei der Pariser Weltausstellung von 1900 gewann Österreich den Preis für die schönste Uniform (für die Artillerie); da war es kein Wunder, daß das Fin de siecle in Wien auf Frank Eindruck machte. Beunruhigend war nur, daß das Fin de siecle der einzige Zeitabschnitt war, den Frank wirklich studierte - und uns beibrachte. Alles übrige war für ihn nicht so interessant.
    »Wien ist was anderes als Mayerling, Himmel nochmal«, flüsterte Franny mir zu, während ich Gewichte stemmte. »Jedenfalls heutzutage.«
    »Wer war der Meister des Liedes - als einer Kunstform?« fragte ich sie. »Aber in seinem Bart gab es kahlgerupfte Stellen, weil er so nervös war, daß er seine Haare nie in Ruhe ließ.«
    »Hugo Wolf, du Arschloch«, sagte sie. »Begreifst du denn nicht? So ist Wien nicht mehr.«
     
TAG!
     
    schrieb uns Freud.
     
DU FRAGST NACH EINEM LAGEPLAN FÜR DIE STOCKWERKE? ALSO HOFFENTLICH VERSTEH ICH DAS RICHTIG! DAS IST DIE LAGE: DAS JOURNAL DES SYMPOSIUMS ÜBER OST-WESTBEZIEHUNGEN BELEGT DEN ERSTEN STOCK - FÜR BÜROARBEIT AM TAGE - UND DEN PROSTITUIERTEN ÜBERLASSE ICH DEN ZWEITEN STOCK, DENN DANN SIND SIE ÜBER DEN BÜRORÄUMEN, UND DIE WERDEN

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