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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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emotionale Situation«, sagte Ernst. »Es geht vielmehr um eine technische Frage«, sagte er, ohne meinen Vater zu beachten. »Ich bin zwar überzeugt, daß du den Wagen sehr gut fahren könntest, Franny, aber Schwanger hat uns gebeten, euch Kinder zu verschonen.«
    »Auch den Gewichtheber?« fragte Arbeiter.
    »Ja, er liegt mir auch am Herzen«, sagte Schwanger und strahlte mich an - mit ihrem Revolver.
    »Wenn du meinen Vater zwingst, dieses Auto zu fahren, bring ich dich um!« schrie Franny plötzlich Ernst an. Und Schraubenschlüssel ging mit seinem Werkzeug auf sie zu; wenn er sie angefaßt hätte, wäre etwas passiert, aber er blieb dicht vor ihr stehen. Freuds Baseballschläger schlug den Sekundentakt. Mein Vater hatte die Augen geschlossen; er konnte nur mühsam folgen, wenn deutsch gesprochen wurde. Er träumte wohl von seinen hart geschlagenen Bodenrollern, die durchs Innenfeld zischten.
    »Schwanger hat uns gebeten, Franny«, sagte Ernst geduldig, »euch Kinder nicht mutterlos und vaterlos zu machen. Wir wollen deinem Vater nicht weh tun, Franny. Und wir werden ihm auch nicht weh tun«, sagte Ernst, »wenn sich jemand anders findet, dem wir den Wagen anvertrauen können.«
    Ratloses Schweigen herrschte in der Lobby des Hotels New Hampshire. Wenn wir Kinder ausgenommen wurden, wenn Vater verschont werden sollte und wenn man Susie dem Bären nicht trauen konnte, hatte Ernst dann die Absicht, eine der Nutten den Wagen fahren zu lassen? Denen konnte man ganz gewiß nicht trauen. Sie dachten nur an sich selber. Während Ernst der Pornograph uns seine Dialektik gepredigt hatte, waren die Nutten an uns vorbeigehuscht - die Nutten verließen das Hotel New Hampshire. Als wortloses Team - in einer solchen Krise hielten sie zusammen wie verschworene Diebe - halfen sie der Alten Billig, ihre Porzellanbären in Sicherheit zu bringen. Sie trugen alles weg, ihre Salben, ihre Zahnbürsten, ihre Pillen, Parfüme und Präservative.
    »Sie waren die Ratten, die das sinkende Schiff verließen«, wie Frank später sagte. Fehlgeburts Hang zur Romantik war ihnen fremd; sie waren nie etwas Größeres als Huren. Sie verzogen sich, ohne uns Lebwohl zu sagen.
    »Also, was ist jetzt, du verdammter Klugscheißer, wer macht den Fahrer?« wollte Susie der Bär von Ernst wissen. »Wer zum Teufel ist denn noch übrig?«
    Ernst lächelte; es war ein Lächeln voller Ekel, und es galt Freud. Obwohl Freud nichts davon sehen konnte, hatte es Freud plötzlich begriffen. »Ich bin's!« rief er, als habe er einen Preis gewonnen; er war so aufgeregt, daß der Takt klopfende Baseballschläger sein Tempo verdoppelte. »Ich bin der Fahrer!« rief Freud.
    »Genau so ist es«, sagte Ernst und freute sich riesig.
    »Glänzend!« rief Freud. »Die perfekte Aufgabe für einen Blinden!« brüllte er, und der Baseballschläger war der Taktstock, der das Orchester dirigierte und lenkte - Freud und seine Wiener Staatsopernband!
    »Und du liebst Win Berry, nicht wahr, Freud?« sagte Schwanger mit sanfter Stimme zu dem alten Mann.
    »Natürlich liebe ich ihn!« rief Freud. »Wie meinen eigenen Sohn!« brüllte er und legte meinem Vater die Arme um die Schulter, nachdem er sich den Baseballschläger fest zwischen die Knie geklemmt hatte.
    »Gut. Wenn du den Wagen anständig fährst«, sagte Ernst zu Freud, »wird Win Berry nichts zustoßen.«
    »Wenn du Scheiße baust«, sagte Arbeiter, »bringen wir sie alle um.«
    »Einen nach dem anderen«, fügte Schraubenschlüssel hinzu.
    »Wie soll ein blinder Mann den Wagen fahren, ihr Schwachköpfe?« kreischte Susie der Bär.
    »Erklär mal, wie es funktioniert, Schraubenschlüssel«, sagte Ernst ruhig. Und nun kam Schraubenschlüssels großer Auftritt, der große Augenblick, für den er gelebt hatte - bis in alle Einzelheiten durfte er die Sache beschreiben, der sein ganzes Herz gehörte. Arbeiter blickte ein wenig neidisch drein. Schwanger und Ernst hörten mit den wohlwollendsten Mienen zu, wie Lehrer, die auf ihren Musterschüler stolz sind. Mein Vater war natürlich mit der Sprache nicht vertraut genug, um alles zu verstehen.
    »Ich nenne es eine Sympathiebombe«, begann Schraubenschlüssel.
    »Oh, was für ein glänzender Einfall!« rief Freud aus; dann kicherte er. »Eine Sympathiebombe! Jessas Gott!«
    »Maul halten«, sagte Arbeiter.
    »Tatsächlich sind es zwei Bomben«, sagte Schraubenschlüssel. »Die erste Bombe ist der Wagen. Der ganze Wagen«, sagte er mit einem listigen Lächeln. »Der Wagen muß nur in

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