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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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richtig gehen konnte.
    »Für mich ist sie einfach ein weißes Mädchen«, sagte Junior Jones, und sein Blick blieb an jedem von uns einen Moment hängen. »Aber sie scheint ein nettes Mädchen zu sein«, fügte er, an meine Adresse, hinzu. Dann drehte er meine Dusche wieder auf, schob mich in das herabströmende - zu kalte - Wasser und ging aus dem Duschraum, einen kalten Luftzug zurücklassend.
    Es beeindruckte mich, daß bei ihm sogar Chipper Dove gewisse Grenzen nicht überschritt, aber mehr noch beeindruckte mich, daß Franny in Gefahr war - und erst recht, daß ich hilflos war und nichts dagegen unternehmen konnte.
    »Dieser widerliche Chipper Dove redet über deinen Arsch, deine Titten, ja sogar deine Füße!« erzählte ich ihr. »Paß auf mit dem.«
    »Meine Füße?« sagte Franny. »Was sagt er denn über meine Füße?«
    »Na schön«, gab ich zu, »das war Harold Swallow.« Jedermann wußte, daß Harold Swallow verrückt war; von einem Irren wie Harold Swallow sagten wir damals, er sei so verrückt wie eine walzertanzende' Maus.
    »Was hat denn nun Chip Dove über mich gesagt?« fragte Franny. »Es geht mir nur um ihn.«
    »Ihm geht es nur um deinen Arsch«, erzählte ich ihr. »Und er redet in aller Öffentlichkeit darüber.«
    »Das läßt mich kalt«, sagte sie. »So groß ist mein Interesse denn auch wieder nicht.«
    »Aber er interessiert sich für dich«, sagte ich. »Halt dich lieber an Struthers.«
    »Ach, ich kann dir sagen, Kleiner«, seufzte sie. »Struthers ist ja ein lieber Kerl, aber er ist so langweilig, langweilig, langweilig.«
    Ich ließ den Kopf hängen. Wir standen im oberen Flur des Hauses, in dem wir nur mehr Mieter waren, auch wenn es für uns weiterhin den alten Batesschen Familiensitz verkörperte. Franny kam nur noch selten in mein Zimmer. Jeder machte seine Hausaufgaben in seinem eigenen Zimmer, und dann trafen wir uns vor der Toilette, um miteinander zu reden. Frank schien nicht einmal die Toilette zu benutzen. Jeden Tag stapelte Mutter nun im Flur vor unseren Zimmern neue Schachteln und Koffer übereinander; wir bereiteten uns auf den Umzug ins Hotel New Hampshire vor.
    »Und ich versteh nicht, warum du Cheerleader werden mußt, Franny«, sagte ich. »Ausgerechnet du - ein Cheerleader. Wenn ich mir das vorstelle: du in so einem dämlichen Kostüm, wie du klatschst und schreist - für eine Footballmannschaft aus lauter Legionären.«
    »Weil es mir Spaß macht«, sagte sie.
    Es war dann auch nach einer Probe der Cheerleader, daß ich mich unweit unseres Verstecks im Farnkraut - seit wir beide die Dairy School besuchten, kamen wir kaum noch dorthin - mit Franny traf und wir darauf ganz überraschend auf Iowa-Bobs Rückraumspieler stießen. Auf dem Waldweg, der gern als Abkürzung zur Turnhalle benutzt wurde, hatten sie jemanden aufgehalten; jetzt waren sie dabei, jemanden in die Mangel zu nehmen, in der großen Schlammpfütze, die mit Löchern von den Stollen der Football schuhe übersät war, als sei mit einem Maschinengewehr in den Schlamm gefeuert worden. Als Franny und ich sahen, daß es die Jungs aus dem Rückraum waren und daß sie jemanden zusammenschlugen, machten wir kehrt und rannten davon. Die Rückraumspieler schlugen ständig irgend jemanden zusammen. Aber wir waren vielleicht gerade zwanzig Meter gelaufen, als mich Franny am Arm packte und abbremste. »Ich glaube, es war Frank«, sagte sie. »Sie haben Frank.«
    Da mußten wir natürlich zurück. Für einen kurzen Moment, bevor wir richtig sehen konnten, was vor sich ging, kam ich mir sehr tapfer vor; ich spürte, wie Franny meine Hand nahm, und ich drückte sie kräftig. Ihr Cheerleader-Röckchen war so kurz, daß mein Handrücken ihren Oberschenkel streifte. Dann riß sie ihre Hand los und schrie. Ich hatte meine kurze Sporthose an und fühlte meine Beine kalt werden.
    Frank trug die Uniform der Schulkapelle. Die scheißbraunen Hosen (mit dem leichengrauen Streifen an der Seite) hatten sie ihm völlig ausgezogen. Franks Unterhose war bis zu den Knöcheln heruntergerissen. Die Uniformjacke hatten sie ihm halb über die Brust hochgezerrt. Ein silbernes Schulterstück schwamm lose in der Schlammpfütze neben Franks Gesicht, und seine silberne Mütze mit dem braunen Zierband - vom Schlamm fast nicht zu unterscheiden - lag zerquetscht unter Harold Swallows Knie. Harold hielt einen von Franks ausgestreckten Armen fest, Lenny Metz den anderen. Frank lag bäuchlings da, mit den Eiern mitten in der Schlammpfütze, und

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