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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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könnte diese Typen fertigmachen«, sagte Harold. »Junior Jones läßt sich von keinem nichts gefallen.«
    »Ja!« sagte ich. »Und er ist dein Freund, nicht wahr? Dich mag er doch lieber als die anderen, oder?«
    »Er mag überhaupt keinen«, sagte Harold Swallow bewundernd; aber plötzlich befreite er mich von seinem Gewicht und fummelte an dem Netz herum, um mich herauszuwickeln. »Setz deinen Arsch in Bewegung«, sagte er. »Junior Jones mag doch jemand.«
    »Wen denn?« fragte ich.
    »Er mag jedem seine Schwester«, sagte Harold Swallow, aber ich fand den Gedanken nicht gerade beruhigend.
    »Wie meinst du das?« fragte ich ihn.
    »Nun komm schon auf die Beine!« sagte Harold Swallow. »Junior Jones mag jedem seine Schwester - er hat es mir selbst gesagt, Mann. Er sagte: ›Jedem seine Schwester ist ein gutes Mädchen‹, genau das hat er gesagt.«
    »Aber wie meint er das?« sagte ich und versuchte nun, mit ihm Schritt zu halten, denn er war die schnellste Zusammenballung menschlichen Fleisches an der ganzen Schule. Harold Swallow konnte fliegen, wie Coach Bob immer sagte.
    Wir liefen auf das Licht am Ende des Fußwegs zu, vorbei an der Stelle, wo ich mit Sicherheit Franny zuletzt noch gehört hatte - wo die Farne waren, wo Iowa-Bobs Rückraumspieler abwechslungsweise »zum Zug« kamen. Ich blieb stehen; ich wollte in den Wald rennen und sie finden, aber Harold Swallow zog mich fort.
    »Du kannst nichts ausrichten gegen die Typen, Mann«, sagte er. »Wir müssen Junior holen.«
    Warum Junior uns helfen sollte, wußte ich immer noch nicht. Ich dachte nur, ich würde sterben, bevor ich es erfuhr - beim Versuch, mit Harold Swallow Schritt zu halten -, und ich dachte mir, wenn Jones tatsächlich »jedem seine Schwester« mochte, wie er offenbar behauptete, dann war das für Franny nicht unbedingt gut.
    »Wie mag er jedem seine Schwester?« japste ich.
    »Er mag sie, wie er seine eigene Schwester mag«, sagte Harold Swallow. »Mann!« sagte er zu mir. »Warum bist du so langsam? Junior Jones hat selber eine Schwester, Mann«, sagte Harold. »Und irgendwelche Typen haben sie vergewaltigt. Scheiße, Mann«, sagte er, »ich dachte, das weiß jeder!«
    »Es entgeht einem eine Menge, wenn man nicht in den Wohnheimen lebt«, sagte Frank immer.
    »Hat man sie erwischt?« fragte ich Harold Swallow. »Hat man die Burschen erwischt, die Juniors Schwester vergewaltigt haben?«
    »Scheiße, Mann«, sagte Harold Swallow. »Junior hat sie erwischt! Ich dachte, das weiß jeder.«
    »Was hat er mit ihnen gemacht?« fragte ich Harold Swallow, aber Harold hatte mich abgehängt und war schon an Junior Jones' Wohnheim. Er flog die Treppen hinauf, und ich war gut und gern ein Stockwerk hinter ihm.
    »Frag nicht!« brüllte Harold Swallow zu mir herab. »Scheiße«, sagte er. »Keiner weiß, was er mit ihnen gemacht hat, Mann. Und keiner fragt.«
    Wo zum Teufel wohnt Junior Jones? fragte ich mich, als es am dritten Stock vorbeiging und immer weiter; mir zerriß es bald die Lunge, und Harold Swallow war nicht mehr zu sehen. Aber Harold wartete am Treppenabsatz des fünften und obersten Stockwerks auf mich.
    Junior Jones wohnt in den Wolken, dachte ich, aber Harold erklärte mir, daß die meisten schwarzen Sportler der Dairy School im obersten Stockwerk dieses einen Wohnheims einquartiert waren. »Wo uns keiner sieht, ist doch klar«, sagte Harold. »Wie beknackte Vögel in ihren Nestern ganz zuoberst auf den Bäumen, Mann«, sagte Harold Swallow. »Da verstecken sie die Schwarzen an dieser Scheißarsch-Schule.«
    Im fünften Stock des Wohnheimes war es dunkel und heiß. »Klar Mann, die heiße Luft geht nach oben«, sagte Harold Swallow. »Willkommen in unserem Scheißdschungel.«
    In keinem der Zimmer brannte Licht, aber Musik lief überall und strömte unter den Türen durch auf den Flur; das fünfte Stockwerk dieses Wohnheims war wie eine kleine Straße mit Nachtklubs und Bars in einer Stadt, wo totale Verdunklung angeordnet war; und aus den Zimmern drang das unverkennbare Geräusch schlurfender Schritte - da drin wurde in völliger Dunkelheit getanzt.
    Harold Swallow hämmerte an eine Tür.
    »Was willst du?« sagte die furchterregende Stimme von Junior Jones. »Bist du lebensmüde?«
    »Junior, Junior!« sagte Harold Swallow und hämmerte noch wilder.
    »Da ist einer tatsächlich lebensmüde«, sagte Junior Jones, und wir hörten, wie nacheinander mehrere Schlösser aufgesperrt wurden, wie an der Tür einer Gefängniszelle.
    »Wenn

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