Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
einen Schluck Wein. Er war gekühlt und köstlich und aus einer alten Erdenrebsorte, die sowohl fruchtig als auch trocken war und einen leicht penetranten Geschmack im Mund hinterließ, nachdem ich geschluckt hatte.
Aber nach diesem Schluck konnte ich mich nicht mehr rühren. Erfolglos versuchte ich, den Kopf zu wenden. Selbst meine Augen wollten sich nicht mehr bewegen lassen. Und doch hatte keines meiner Warnsysteme Alarm geschlagen. Sie sagten immer noch, dass der Wein nur Wein war.
Haddad kam in mein Gesichtsfeld und neigte den Kopf. Er beugte sich vor, befreite mich von meinen Waffen und steckte sie vorsichtig in die Taschen seiner eigenen Robe. Dann streifte er mir ein Paar leichte Slipper über die frisch behandelten Füße und trat zurück.
:Haddad, du hast mich vergiftet?:
»Ich bedaure, dass es so ist, Hoheit«, bestätigte Haddad.
:Aber du bist mein Assassinenmeister …:
»Ich bin vor allem ein Priester des Imperators in Seinihrem Aspekt der Schattenklinge«, sagte Haddad. »Dies ist Teil des Prozesses, Kandidat zu werden, Hoheit. Es ist kein Gift, sondern ein Nanohemmer, der genau auf Euch abgestimmt ist. Die Wirkung geht vorüber. Ihr werdet Euch bald wieder bewegen können, aber noch ein wenig geschwächt sein. Eure Erweiterung und einige interne Systeme sind dann lahmgelegt.«
:Geschwächt?:
»Prinzen sind dafür bekannt, dass sie eine unerlaubte Auslese unter den Mitkandidaten vorzunehmen versuchen, bevor der Wettkampf beginnt«, sagte Haddad. »Diese … Ruhigstellung … gewährleistet, dass alle Kandidaten den ersten Test antreten können.«
Ich versuchte, meine Hand zu bewegen, und wurde mit einem Zucken zweier Finger belohnt. Dem ließ ich ein Räuspern folgen und entdeckte, dass ich meine Zunge sogar etwas schwerfällig bewegen und einigermaßen sprechen konnte.
»Ich hätte mich auch ohne das daran gehalten«, flüsterte ich. »Ich dachte immer, dass ich dir trauen könnte, Haddad. Unter allen Umständen.«
Haddad seufzte und sah auf mich herab.
»Wir sind, wozu wir gemacht werden«, sagte er. »Ich bin Euch bedingungslos ergeben, Hoheit, in allem außer gegen den direkten Befehl des Geistes. Unter diesen Umständen könnte ich nicht ungehorsamer sein als Ihr. Versucht jetzt aufzustehen.«
Ich erhob mich ziemlich unsicher. Ich war so schwach wie damals, als ich in meinem nichterweiterten Körper erwacht war, und wäre fast hingefallen, aber Haddad packte mich am Arm. Er hielt mich aufrecht und schob mich Richtung Tür. Wir durchquerten die Empfangshalle, in der sich noch kurz zuvor meine Priester und Haddads Lehrlinge gedrängt hatten. Nun war sie leer.
Draußen war der Mond aufgegangen und hing riesig und niedrig über dem Horizont. Es war nicht irgendein Mond, sondern eine blasse Scheibe, die ich aus längst vergangenen Lektionen in meinem Kandidatentempel kannte. Hell, aber kalt; das Muster seiner Krater und Berge sagte mir, dass es der Mond der alten Erde war.
Haddad sah mich zu diesem unerwarteten Himmelskörper hinaufstarren und ahnte meine Frage voraus.
»Es ist tatsächlich der Erdenmond«, sagte er ruhig. »Der vierundfünfzigste Imperator ließ ihn hierher bringen. Er befindet sich auf einer exzentrischen, gesteuerten Umlaufbahn und scheint nur in der Nacht, in der sich die Kandidaten aufmachen, einmal alle zwanzig Jahre.«
Ich blickte im Park umher. Aus jedem Gästehaus trat am Arm seines Assassinenmeisters ein taumelnder, geschwächter Prinz.
»Du hast gelogen, was Prinz Emzhyl betrifft«, krächzte ich. »Du hast sie überrumpelt, wie du mich überrumpelt hast.«
»Ja, Hoheit«, sagte Haddad. »Und wieder nur, weil der Geist es mir befohlen hat.«
Danach sprachen wir nicht mehr. Es verlangte mir all meine Energie ab, meine Füße zu heben und vorwärts zu bewegen. Ohne Haddad wäre ich gestürzt und im Gras liegen geblieben, strampelnd wie ein Käfer, der das Ende seiner kurzen Lebensspanne erreicht hat.
Wir einherschlurfenden Prinzen wurden alle in dieselbe Richtung getrieben, auf den Mond zu. Sein Licht fiel wie eine silberne Bahn in den Park und lockte uns weiter, über den Rasen, durch Höfe und auf zusammenlaufende Wege und Pfade.
Wir legten wahrscheinlich nicht mehr als tausend Meter zurück, aber nach meinem Gefühl war es einer der längsten Wege, die ich jemals gegangen hatte. Ich war erschöpft an Körper und Geist und verbittert, denn ich hatte Haddad immer vertraut, und zumindest ein Teil von mir hatte das irrationale Gefühl entwickelt, dass
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