Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
können. Sie sagte mir, dass Raine mindestens einen weiteren Liter Blut brauchte.
»Solltest du nicht zuerst deinen Symbionten anlegen? Für den Fall, dass es ein Problem gibt?«
»Nein«, erwiderte ich. »Ich habe noch zwei. Es wird alles gut gehen. Bist du so weit?«
»Schätze schon«, sagte sie. Sie kam so nahe wie möglich heran und drückte die Lippen ganz leicht auf meine Wange. »Ich habe mich noch nicht bedankt, Khem. Danke.«
Ich befahl, sie in Schlaf zu versetzen, und drückte sie sanft hinunter auf die Beschleunigungsliege; dabei hielt ich noch immer ihre Hand.
»Gute Nacht, süßer Prinz«, flüsterte Raine.
Ich riss sie überrascht wieder hoch.
»Was?«
Woher konnte sie wissen, dass ich ein Prinz war? Selbst wenn wir es schafften, gerettet zu werden, würde man michtöten, wenn man es herausfand, oder zu Studienzwecken in meine Einzelteile zerlegen oder was weiß ich. Ich würde sie zuerst umbringen müssen.
Raines Augen schlossen sich langsam, und der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht.
»Es ist ein Vers aus einer sehr alten Erdengeschichte« murmelte sie. »›Und Engelscharen singen dich zur Ruh.‹ … Wir sehen … uns … wieder …«
Ich seufzte erleichtert und legte sie wieder ab. Sie war bereits bewusstlos und glitt tiefer ins Koma … aber sie brauchte dieses Blut.
Ich öffnete den Anschluss im Applikator und wollte schon den Finger hineinstecken, damit er mir Blut abnahm, da hatte ich eine bessere Idee.
Schiffsläuse waren Bitech-Organismen. Sie hatten eine Art Blut. Der Symbiont konnte es wahrscheinlich verwenden.
Ich befahl per Psitech die nächste Schiffslaus zu mir und hielt sie fest, während ich den Applikator befragte. Sie wand sich, als die Applikatorsonde sich in sie hineinbohrte, um sie zu testen. Ich unterdrückte den Alarm des kleinen Geschöpfs und wiegte es in den Schlaf; der Applikator dachte zunächst über die Möglichkeit nach, bevor er mir darin zustimmte, dass er tatsächlich das biologische Material der Schiffslaus benutzen konnte.
Ich verkabelte die beiden Schiffsläuse und schob, als der Applikator fertig war, ihre ausgebluteten Hüllen in einen Spind. Dann entfernte ich den Applikator und lud ihn mit einem Symbionten auf. Anschließend wartete ich … und wartete … darauf, dass er goldfarben aufblitzte.
Er tat es nicht. Der Symbiont war altersschwach und nicht mehr zu gebrauchen.
Der zweite blitzte orangefarben auf. Er war nicht altersschwach, aber er funktionierte auch nicht in vollem Umfang. Allgemein gesprochen empfahl es sich wohl nicht, einen halbtoten oder vielleicht wild gewordenen Symbionten an den eigenen Blutkreislauf zu hängen.
Ich saß da und fragte mich, was ich tun sollte. Ich musste einfach nur weniger einatmen und weniger Kohlendioxid ausatmen, sonst würden wir es nicht schaffen. Mich hinzulegen und seichte Gedanken zu denken würde nicht viel bringen, und selbst ein normaler oder drogeninduzierter Schlaf wäre nicht ausreichend. Wenn ich noch immer erweitert gewesen wäre, hätte ich meinen Stoffwechsel einfach herunterfahren und allen Systemen befehlen können, in Winterschlaf zu verfallen. Aber das war ja keine Option mehr.
Oder doch? Meine Psitech-Ausstattung arbeitete noch. Ich hatte kein Problem, die Schiffsläuse zu programmieren oder Bitech-Ganglien Befehle zu erteilen. Konnte ich vielleicht per Psitech-Nötigung meinen eigenen Körper für einundachtzig Stunden ins Koma schicken?
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
Ich versuchte, mich mir selbst als Feind vorzustellen, der bezwungen werden musste, genauso, wie ich mir einen Psitech-Angriff auf jemand anderen vorstellte. Ich spaltete mein Bewusstsein ab und streckte dann übersinnliche Fühler aus in meinen … nein … in den Geist meines Feindes , um die Knotenpunkte zu suchen, die den Körper in Gang hielten.
Ich spürte, wie sich meine Sinne zurückzogen. Mein Gesichtssinn verließ mich, ebenso mein Gehör, und ich war zugleich innerhalb und außerhalb meines Körpers. Ich war mir meines Nervensystems auf das Schärfste bewusst, meiner Synapsen, die Impulse über komplizierte Bahnen feuerten. Ich fühlte, wie das Blut strömte und der Sauerstoff in der Lunge aufgenommen wurde.
Ich folgte den Nervenimpulsen ins Gehirn und justierte hier und da ein wenig. Meine Atmung wurde heruntergefahren. Mein Herzschlag wurde heruntergefahren. Alles wurde heruntergefahren.
Ich spürte ein Gefühl von Triumph aufwallen. Ich hatte es geschafft, meinen
Weitere Kostenlose Bücher