Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
mochtees, mit ihr zu sprechen, und ich wollte sogar ihre Gedanken und ihre Meinungen hören – etwas, das noch bei niemandem der Fall gewesen war, Haddad und Elzweko ausgenommen. Und was sie dachten, hatte ich einfach nur deshalb wissen müssen, um am Leben bleiben zu können. Von Raine wollte ich wissen, was immer sie mir erzählen wollte. Selbst wenn es eine Information ohne jeden strategischen, technischen oder Überlebenswert war.
»Wir haben eine Verschnaufpause von ein paar Monaten, bis die Piraten durchkommen«, sagte Alice. »Und die Chancen stehen gut, dass die Konföderierte Flotte vorher durch den zweiten Wurmlocheinstieg herkommt. Was wirst du tun, wenn das passiert, Khem?«
Ich zuckte mit den Achseln, schaufelte auf meinen Löffel einige mehr von den süßen, blassvioletten, halb flüssigen Dingern, die sie Gelbeeren nannten, und schluckte sie herunter, bevor ich antwortete.
»Ich bin Händler«, sagte ich. »Ich werde auf dem besten verfügbaren Handelsschiff anheuern und losziehen.«
»Wenn jetzt ein Handelsschiff hier wäre – würdest du mit ihnen mitfahren?«, fragte Alice.
Ich sah sie an und fragte mich, ob das eine Fangfrage war. Wenn es ein Handelsschiff gab und sie es auslaufen ließen, sollte ich vielleicht wirklich mitfahren.
»Hängt davon ab, wohin es unterwegs ist«, antwortete ich, was auch stimmte. Ich musste zurück in den Imperialen Raum. »Ist denn eines da? Ich dachte, ihr hättet alle Schiffe konfisziert.«
»Das haben wir auch«, sagte Alice. »Ich war nur neugierig.«
Ich sah zu Raine. Sie aß ihre Gelbeeren nicht, sondern sah mich an.
»Du weißt doch«, sagte sie zu ihrer Mutter, »dass das nicht wirklich wahr ist.«
»Was ist nicht wahr?«, fragte Alice.
»Die Chancen stehen nicht gut, dass die Konföderierte Flotte rechtzeitig hier ist«, sagte Raine. »Sie werden wahrscheinlich nicht rechtzeitig hier sein oder nicht genug Schlagkraft haben. Am wahrscheinlichsten ist, dass das Wurmloch im zehnten Orbit sich in ein paar Monaten öffnen wird und die Piraten durchkommen und wir versuchen werden, sie mit dem jämmerlichen Rest …«
»Raine«, mahnte Alice. »Das sind Dienstgeheimnisse.«
Raine verstummte. Es folgte ein langes Schweigen. Larod sah mich mit direktem Blick und leicht angehobener Augenbraue an, was ich offenbar hätte verstehen sollen, aber nicht verstand; dann aß er weiter, während er eine Art Informationsband las, das über eine Bildhaut in einer Armschiene oder Bitech-Prothese an seinem linken Handgelenk lief. Der Text bestand ausschließlich aus Symbolen, die ich nicht auf der Stelle entschlüsseln konnte.
»Hast du Familie, Khem?«, fragte Alice.
»Familie? Äh …«
Ich zögerte. Ich nahm an, es würde in ihren Ohren seltsam klingen, wenn ich sagte, dass ich keine Familie hätte. Es könnte auch meine echte Identität verraten oder Alice noch misstrauischer machen, als sie schon war.
»Ich habe eine Schwester«, sagte ich. Immerhin hielt ich mich dabei an etwas, das durchaus die Wahrheit sein konnte. Alice unterzog mich in diesem Moment vielleicht einer stimmlichen Stressanalyse, vielleicht mittels des Geräts, auf das Larod dauernd schaute. Ich konnte Atalins wahren Namen aus naheliegenden Gründen nicht preisgeben und auch sonst keinen, der zu Imperial klang.
»Tyrtho«, nuschelte ich, den Mund voller Gelbeeren. »Ich hab sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Anderes Schiff.«
»Und deine Eltern?«, fragte Alice.
»Tot«, sagte ich, wieder mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz und gar aufrichtig. Ich dachte dabei an einen Mann und eine Frau, die ihr Kind den Priestern aushändigen mussten, während die Monofilklingen über ihrem Nacken dräuten. »Von Mechbi-Soldaten umgebracht.«
»Das tut mir leid«, sagte Alice. »Ist das schon lange her?«
Ich nickte, sah auf meinen Teller hinunter und fügte hinzu: »Ja. Ich möchte lieber nicht darüber reden.«
Das hatte ich von Raine gelernt, und es funktionierte. Alice hörte mit der Fragerei auf und entfernte sich bald aus irgendeinem dringenden Grund.
»Ich sehe, dass du ein Überlebender in vielerlei Hinsicht bist«, sagte Larod, als er ein paar Minuten später aufstand. Er klopfte mir auf die Schulter, und ich beherrschte mich gerade noch, nicht automatisch sein Handgelenk zu packen und ihn zu Boden zu ringen, um ihn dort mit dem Stiel meines Löffels zu erdolchen. Ich war einfach nicht daran gewöhnt, mich ohne Erlaubnis anfassen zu lassen. Aber es äußerte sich lediglich in
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