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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Türken wissen Bescheid.«
    Paul ignorierte Chiffres Gemeinheit.
    »Jedenfalls haben wir bislang die Medien rausgehalten. Das ist meine einzige Chance, allein und in Ruhe weiterzumachen. Sobald von der Affäre geredet wird, setzt Bomarzo weitere Leute auf den Fall an. Im Moment ist es noch eine Türkengeschichte, die allen egal ist. Ich kann mich noch frei bewegen.«
    »Warum wird ein solcher Fall nicht der Kriminalpolizei übergeben?«
    »Ich komme ja von dort. Ich habe da immer noch einen Fuß in der Tür. Bomarzo vertraut mir.«
    »Und hast du nicht um Verstärkung gebeten?«
    »Nein.«
    »Keine Projektgruppe gebildet?«
    »Nein.«
    Chiffre stieß ein bösartiges Lachen aus: »Du willst ihn ganz alleine kriegen, stimmt's?«
    Paul antwortete nicht, und Schiffer wischte mit der Hand eine Fussel von seiner Hose: »Egal was deine oder meine Motive sind. Glaub mir, den schnappen wir uns.«

Kapitel 11
     
    Paul steuerte den Wagen auf der Ringautobahn nach Westen, in Richtung Porte d'Auteuil.
    »Fahren wir nicht zum Quai de la Râpée?«, fragte Schiffer erstaunt.
    »Die Leiche ist in Garches, im Raymond-Poincaré-Krankenhaus. Dort gibt es ein gerichtsmedizinisches Institut, das Autopsien für das Gericht von Versailles vornimmt und... «
    »Kenn ich. Warum da?«
    »Geheimhaltungsmaßnahme, um die Journalisten oder Hobbykriminalisten fern zu halten, die im Pariser Leichenschauhaus rumhängen.«
    Schiffer schien nicht mehr zuzuhören und beobachtete fasziniert den Autoverkehr, wobei er gelegentlich die Augen zusammenkniff, als müsse er sich allmählich an das Licht gewöhnen. Er wirkte wie ein Gefangener auf Freigang.
    Eine halbe Stunde später überquerte Paul die Brücke von Suresnes, ließ den Boulevard Sellier hinter sich, bog in den Boulevard de la République ein und durchfuhr Saint-Cloud bis an den Ortseingang von Garches.
    Auf dem Gipfel des Hügels tauchte schließlich das Krankenhaus auf. Sechs dicht bebaute Hektar Land voll von Operationssälen und geweißten Zimmern, eine komplette Stadt, die von Ärzten, Schwestern und Tausenden Patienten bevölkert wurde, meist Opfern von Autounfällen.
    Paul fuhr auf den Pavillon Vésale zu. Die Sonne stand hoch am Himmel und verschönte die Fassaden der Backsteingebäude, jede einzelne Wand zeigte, wie sorgfältig im Ofen gebacken, eine eigene Farbnuance: Rot, Orange, Rosa, Crème. Auf den Alleen waren Gruppen von Besuchern mit Blumen oder Gebäck zu sehen, in feierlicher Steifheit, fast mechanisch, als seien sie von der Leichenstarre angesteckt, die innerhalb dieser Mauern wohnte, schritten sie bergan.
    Sie gelangten in den grau-rosafarbenen Innenhof des Gebäudes, das, mit seinem von schlanken Säulen gestützten Vordach, an ein Sanatorium oder Thermalbad erinnerte, das geheimnisvolle Heilquellen birgt.
    Sie betraten das Leichenschauhaus und gingen durch einen weiß gekachelten Flur. Als Schiffer den Wartesaal entdeckte, fragte er: »Wo sind wir hier?«
    Es schien eine Kleinigkeit, doch Paul freute sich darüber, seinen Begleiter mit diesem Ort zu überraschen, denn vor ein paar Jahren war das gerichtsmedizinische Institut von Garches auf originelle Weise renoviert worden. Der erste Raum erstrahlte in hellstem Türkisblau, ohne jede Abstufung, ohne jeden Anhaltspunkt bedeckte dieselbe Farbe Boden, Wände und Decke. Man tauchte in ein kristallines Meer von belebender Klarheit.
    »Die Ärzte von Garches haben einen modernen Künstler beauftragt«, erklärte Paul. »Wir sind hier nicht mehr im Krankenhaus, sondern in einem Kunstwerk.«
    Ein Krankenpfleger erschien und wies auf eine Tür auf der rechten Seite: »Dr. Scarbon holt Sie im Wartesaal ab.«
    Sie folgten ihm durch andere Räume, alle blau, alle leer, nur gelegentlich erkannte man, ein paar Zentimeter unterhalb der Decke, einen Sims aus weißem Licht. Der Flur war von rosa- und pfirsichfarbenen, gelben und naturweißen Marmorgefäßen gesäumt, die auf Podesten in Blickhöhe ruhten. Überall schien ein merkwürdiger Wunsch nach Sauberkeit am Werk zu sein.
    Im abschließenden Raum, einem vollkommen leeren, blauen Rechteck von etwa hundert Quadratmetern, pfiff Chiffre bewundernd durch die Zähne. Links von der Eingangstür standen drei erhöhte Becken, von Tageslicht durchflutet, und in der gegenüberliegenden Wand zeichneten sich drei Rundbögen ab, die dem Gewölbe einer griechischen Kirche nachempfunden waren. Unter jedem der Bögen stand ein mächtiger, quaderförmiger, blau getönter Marmorblock, der aus dem

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