Das Imperium der Woelfe
Vulva und entlang der Schenkel. Ein wahres Gemetzel. Die Klitoris ist zerstückelt, die Schamlippen sind abgeschnitten, was zu inneren Blutungen geführt hat. Das erste Opfer hatte genau dieselben Verletzungen. Das zweite ... «
Er zögerte erneut. Schiffer suchte seinen Blick: »Was?«
»Beim zweiten war es anders. Ich habe den Eindruck, dass er etwas Lebendes verwendet hat.«
»Etwas Lebendes?«
»Ja, ein Nagetier. Irgend so was. Die äußeren Genitalien waren abgebissen, zerfetzt bis zum Uterus. Folterer in Lateinamerika sollen solche Foltertechniken angewandt haben...«
Paul wurde schwindelig im Kopf. Er kannte die Details bereits, aber jedes einzelne tat ihm weh, bei jedem Wort wurde ihm übel. Er ging zu dem Marmorgefäß und tauchte seine Finger unwillkürlich in das parfümierte Wasser, als ihm einfiel, dass sein Begleiter ein paar Minuten zuvor dasselbe getan hatte. Mit einem Ruck zog er die Hände wieder heraus.
»Machen Sie weiter«, befahl Schiffer mit rauer Stimme.
Scarbon zögerte, Stille erfüllte den türkisblauen Raum. Die drei Männer schienen zu begreifen, dass es jetzt keinen Weg mehr zurück gab: Sie mussten sich das Gesicht ansehen.
»Dies ist der schwierigste Teil«, begann der Gerichtsmediziner und rahmte das entstellte Gesicht mit den beiden Zeigefingern ein. »Hier gab es verschiedene Stadien von Gewaltanwendung.«
»Erklären Sie, was Sie meinen.«
»Zunächst die Prellungen. Das ganze Gesicht ist ein einziges Hämatom. Der Mörder hat lange wild draufgeschlagen, womöglich mit einem Schlagring. Auf jeden Fall war es ein Gegenstand aus Metall, etwas, das genauer trifft als eine Stange oder ein Knüppel. Danach kamen die Einschnitte und Verstümmelungen, wobei die Wunden nicht geblutet haben. Sie wurden dem Opfer nach Eintritt des Todes zugefügt.«
Sie musterten die Maske des Schreckens aus nächster Nähe, sahen die tief gehenden Wunden in ihrer unmittelbaren Schrecklichkeit - und ohne jene Distanz, die einem Foto eigen ist. Sie sahen Schnitte, die sich über das ganze Gesicht zogen, über Stirn und Schläfen; aufklaffende Wunden, die sich in die Wangen einschnitten, und schließlich die Verstümmelungen: abgeschnittene Nase, gespaltenes Kinn, gequetschte Lippen...
»Sie sehen genau wie ich, was er geschnitten, abgefeilt, herausgerissen hat. Von besonderem Interesse ist hierbei seine Beflissenheit: Er hat das Werk äußerst sorgfältig ausgeführt. Dies ist seine Handschrift. Nerteaux meint, dass er etwas nachzuahmen versucht... «
»Ich weiß, was er denkt. Was denken Sie denn?«
Scarbon trat zurück, die Hände auf dem Rücken verschränkt: »Der Mörder ist von Gesichtern besessen. Sie lösen bei ihm Faszination und Zorn aus. Er schneidet an ihnen herum, formt sie, und zugleich nimmt er ihnen alles Menschliche.«
Schiffer zuckte skeptisch die Achseln.
»Woran genau ist sie gestorben?«
»Ich habe es Ihnen schon gesagt. Verblutet. Durch das Gemetzel an ihren Sexualorganen. Das Blut muss auf den Boden geflossen sein.«
»Und die beiden anderen?«
»Die erste ist auch verblutet. Oder vorher an Herzversagen gestorben. Bei der zweiten weiß ich es nicht genau, womöglich ist sie einfach nur aus Angst verschieden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die drei Frauen vor Schmerzen gestorben sind. Die Analyse des DNS-Codes und die toxikologischen Untersuchungen laufen noch, aber ich glaube nicht, dass sich andere Ergebnisse ergeben werden als bei den letzten Malen.«
Scarbon deckte mit einer beinahe hektischen Bewegung die Leiche zu. Schiffer tat einige Schritte nach vorn, bevor er fragte: »Können Sie die zeitliche Abfolge des Tathergangs nachvollziehen?«
»Genau kann ich das nicht sagen, man kann aber annehmen, dass diese Frau vor drei Tagen entführt wurde, also Donnerstagabend. Vermutlich kam sie von der Arbeit.«
»Warum?«
»Sie hatte nichts im Bauch. Wie die beiden ersten. Er schnappt sie sich auf dem Nachhauseweg.«
»Lassen Sie die Vermutungen weg.«
Der Pathologe sagte irritiert: »Danach hat sie zwanzig bis dreißig Stunden Folter erlebt, ohne Unterbrechung.«
»Wie kommen Sie auf diesen Zeitraum?«
»Sie hat sich gewehrt. Ihre Fesseln haben ihr die Haut versengt, haben sich ins Fleisch eingeschnitten. Zudem sind ihre Wunden vereitert, dank der Infektionen kann man den zeitlichen Ablauf rekonstruieren. Ziemlich genau zwanzig bis dreißig Stunden - jedenfalls kann ein Mensch es länger nicht aushalten.«
Schiffers Blick streifte im Gehen den leuchtend
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