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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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blauen Boden: »Haben Sie einen Hinweis auf den Ort des Verbrechens?«
    »Vielleicht.«
    Paul griff ein: »Was?«
    Scarbon schnalzte mit der Zunge, es klang wie das Fallen der Klappe bei Filmaufnahmen: »Ich hatte es schon bei den beiden anderen bemerkt, doch bei der letzten ist es ganz deutlich. Im Blut des Opfers sind Stickstoffbläschen gefunden worden.«
    »Was bedeutet das?«
    Paul zog sein Notizbuch hervor.
    »Es ist ziemlich merkwürdig. Es bedeutet, dass die Leiche zu Lebzeiten einem Luftdruck ausgesetzt wurde, der höher ist als der auf der Erdoberfläche. Ein Druck, wie man ihn zum Beispiel auf dem Meeresgrund findet.«
    Der Arzt erwähnte diese Besonderheit zum ersten Mal.
    »Ich bin kein Taucher«, fuhr er fort, »aber das Phänomen ist bekannt. Je tiefer man taucht, desto größer wird der Druck. Der Stickstoff im Blut löst sich auf. Wenn man zu schnell nach oben kommt, ohne dafür zu sorgen, dass der Druck langsam nachlässt, wird der Stickstoff prompt wieder zu Gas und bildet Bläschen im Körper.«
    Schiffer schien lebhaft interessiert: »Ist dies dem Opfer passiert?«
    »Den drei Opfern. Massenhaft haben sich Stickstoffbläschen in ihrem Blutkreislauf gebildet und anschließend in ihrem Organismus ausgebreitet. Dabei sind Verletzungen entstanden, was natürlich auch zu Schmerzen führte. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, aber diese Frauen könnten einen >Taucherunfall< gehabt haben.«
    Paul hakte nach und machte sich weitere Notizen: »Das heißt, man hat sie in große Tiefe gebracht?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Nach dem, was einer unserer Assistenten sagt, der Tiefseetauchgänge absolviert hat, waren sie mindestens einem Druck von vier Bar ausgesetzt. Das entspricht einer Tiefe von etwa vierzig Metern. Es scheint mir schwierig, in Paris eine solche Wassertiefe zu finden. Ich glaube eher, man hat sie in eine Überdruckkammer gesetzt.« Paul schrieb fieberhaft mit. »Wo findet man solche Dinger?«
    »Da muss man sich erkundigen. Es gibt Kammern, die Berufstaucher zur Druckminderung benutzen. Ich bezweifle aber, dass es in der Ile de France solche gibt. Auch Krankenhäuser benutzen Überdruckkammern.« » Krankenhäuser ?«
    »Ja, zur Sauerstofftherapie bei Patienten, die schlecht durchblutet sind. Bei Diabetes oder zu hohem Cholesterin... Durch den Überdruck kann der Sauerstoff besser in den Organismus dringen. Es gibt in Paris etwa vier bis fünf Maschinen dieser Art, aber ich glaube kaum, dass unser Mörder Zugang zu einem Krankenhaus hat. Man müsste sich mal bei der Industrie umsehen.«
    »Welche Industriezweige verwenden solche Techniken?«
    »Ich habe keine Ahnung. Das ist Ihre Arbeit. Und, ich wiederhole es, ich bin keineswegs sicher. Diese Bläschen haben vielleicht eine ganz andere Erklärung, und wenn das so sein sollte, dann muss ich leider passen.«
    Schiffer ergriff wieder das Wort: »Kann nichts an den drei Leichen uns etwas über den Körper unseres Mannes verraten?«
    »Nichts. Er wäscht sie sorgfältig. Ich bin jedenfalls sicher, dass er sie mit Handschuhen anfasst. Er hat keine sexuellen Beziehungen zu ihnen. Er streichelt sie nicht, küsst sie nicht. Das ist nicht seine Art, ganz und gar nicht. Er hat eher etwas Krankhaftes. Roboterhaftes. Dieser Mörder ist wie ein Wesen ohne Fleisch und Blut.«
    »Nimmt sein Wahn im Lauf dieser Morde zu?«
    »Nein. Die Folter wird mit immer derselben Heftigkeit durchgeführt. Er ist vom Bösen besessen, aber er verliert niemals den Überblick.« Er lächelte schwach. »Ein ordnungsliebender Mörder - wie es in den kriminologischen Handbüchern heißt.«
    »Und was erregt ihn, Ihrer Meinung nach?«
    »Das Leiden, nichts als Schmerzen. Er foltert sie mit Besessenheit und Präzision, bis sie sterben. Dieser Schmerz erregt ihn und verstärkt seine Lust. Grund für all das muss ein abgrundtiefer Hass auf Frauen sein, ein Hass auf ihren Körper, auf ihr Gesicht.«
    Schiffer wandte sich an Paul und stichelte höhnisch lachend: »Ich bin heute offenbar unter die Psychologen geraten.«
    Scarbon wurde rot vor Ärger: »Gerichtsmedizin hat immer mit Psychologie zu tun. Die Gewalttätigkeit, die hier vorliegt, entspringt kranken Hirnen... «
    Der Polizist stimmte ihm zu, lächelte und griff sich die maschinegeschriebenen Blätter, die der Arzt auf einen der Marmorblöcke gelegt hatte.
    »Danke, Doktor.«
    Er ging zu einer Tür, die sich unterhalb der drei ausgeleuchteten Gewölbebögen abzeichnete. Als er sie öffnete, drang helles Sonnenlicht in

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