Das Imperium der Woelfe
die Stirn hinauf, ihr Gesicht musste wie rot marmoriert aussehen.
Leise, die Worte mühevoll aneinander reihend, sagte sie: »Entschuldigen Sie bitte. Ich bin sehr ängstlich. Ich... ich würde gern... Also, bevor ich mich entscheide, würde ich gern Fotos von den Eingriffen sehen.«
Laferrière schlug wieder einen deutlich freundlicheren Ton an, gab etwas Honig in den Tee des Dunkels. »Selbstverständlich. Es sind sehr beeindruckende Bilder. Doch wir sollten uns ausschließlich mit den Ergebnissen beschäftigen, verstehen Sie? Der Rest ist meine Angelegenheit.«
Anna klammerte sich an ihre Sitzlehne, sie musste einen Weg finden, diesem Arzt die Wahrheit zu entlocken.
»Ich werde mich niemals operieren lassen, wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen habe, was Sie mit mir machen.«
Der Arzt stand auf und sagte mit entschuldigender Geste: »Es tut mir Leid, aber ich glaube, Sie sind psychisch noch nicht in der Lage, sich einer solchen Operation zu unterziehen.«
Anna verharrte stumm.
»Was haben Sie zu verbergen?«
»Wie bitte?«
»Ich spreche von den Narben. Sie haben gesagt, es gibt keine Narben. Ich möchte Bilder von den Operationen sehen, und Sie weigern sich, mir diese zu zeigen. Was haben Sie zu verbergen?«
Der Chirurg beugte sich nach vorn, seine Fäuste stützten sich auf den Schreibtisch: »Ich operiere mehr als zwanzig Leute am Tag. Ich lehre Plastische Chirurgie am Krankenhaus La Sal-pêtrière. Ich verstehe mein Handwerk, ein Handwerk, das darin besteht, Leute glücklich zu machen, indem ich ihr Gesicht verbessere. Nicht indem ich sie traumatisiere, indem ich von Schwellungen spreche oder ihnen Fotos von zerteilten Knochen zeige. Ich weiß nicht, was Sie suchen, aber hier sind Sie an der falschen Adresse.«
Anna hielt seinem Blick stand: »Sie sind ein Betrüger.«
»Wie bitte?«
»Sie weigern sich, Ihre Arbeit zu zeigen. Sie sagen nicht die Wahrheit über Ihre Ergebnisse. Sie tun, als seien Sie ein Zauberer, dabei sind Sie nur ein Gauner wie alle anderen. Es gibt Hunderte Gauner in Ihrem Beruf.«
Das Wort Gauner löste die erhoffte Wirkung aus. Laferrières Gesicht wurde so weiß, dass es im Halbdunkel leuchtete. Er drehte sich um, öffnete einen Lamellenschrank, entnahm ihm einen Ordner und warf ihn auf den Tisch: »Wollen Sie das wirklich sehen?«
Er öffnete den Ordner und zeigte das erste Foto, ein Gesicht in der Form eines umgedrehten Handschuhs, die Haut war aufgeklappt und von Gefäßklemmen gehalten.
»Wie wäre es hiermit?«
Er zeigte das zweite Bild, auf dem hochgestülpte Lippen zu sehen waren, eine OP-Schere steckte im blutenden Zahnfleisch.
»Oder damit?«
Auf dem dritten Bild schlug ein Meißel mithilfe eines Hammers ein künstliches Nasenloch. Anna musste sich zwingen, das Gesicht anzuschauen, es tat ihr im Herzen weh. Auf dem folgenden Bild zerschnitt ein Skalpell ein Augenlid oberhalb eines Auges, das außerhalb der Höhle lag.
Sie hob den Kopf, jetzt hatte sie den Arzt erfolgreich in die Falle gelockt und konnte ungehindert fortfahren.
»Es ist unmöglich, dass solche Eingriffe keinerlei Spuren hinterlassen«, sagte sie.
Laferrière seufzte. Er suchte weiter in dem Schrank und legte einen zweiten Ordner auf den Tisch. Mit erschöpfter Stimme kommentierte er das erste Bild: »Umformung der Stirn, mittels Endoskopie. Vier Monate nach der Operation.«
Aufmerksam betrachtete Anna das operierte Gesicht, auf dessen Stirn, an der Haarwurzel, drei vertikale Striche zu erkennen waren. Der Chirurg wendete das Blatt um: »Entnahme des Scheitelknochens für eine Transplantation. Zwei Monate nach dem Eingriff.«
Das Bild zeigte einen Schädel mit bürstenlangem Haar, unter dem man deutlich eine rosafarbene Narbe in S-Form erkannte.
»Die Haare decken die letzten Spuren zu, und schon bald verschwindet die Narbe wie von selbst«, sagte er und drehte die Seite mit einem knackenden Geräusch um: »Dreifaches Lifting mit Endoskopie. Die Naht liegt unter der Haut, die Fäden werden absorbiert. Einen Monat danach sieht man praktisch nichts mehr.«
Auf der Seite war ein Ohr von vorn und im Profil zu sehen. Anna entdeckte auf dem oberen Rand des Ohrläppchens eine winzige Zickzack-Linie.
»Fettabsaugen an der Brust«, fuhr Laferrière fort und zeigte das nächste Foto. »Zweieinhalb Monate nach der Operation. Die Linie, die man hier sieht, verschwindet noch. Bei diesem Eingriff verheilt alles am besten.«
Er blätterte eine weitere Seite um und bemerkte in provokantem, fast
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