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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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loszuwerden.«
    »Wenn Sie glauben, ich habe Angst, für mein Handeln die Verantwortung zu übernehmen... Sie irren sich... Sie kommen ins Loch, selbst wenn ich eine Zelle mit Ihnen teilen muss.«
    Mit einer Hand schaltete Schiffer das Deckenlicht ein und öffnete die Mappe, die auf seinen Knien lag. Er nahm die Akten der drei Arbeiterinnen heraus, drei einfache Seiten in Laserdruck, an die je ein Polaroidfoto geheftet war. Er riss die Bilder ab und legte sie vorn auf die Ablage, als seien es Tarot-Karten.
    Dann räusperte er sich und fragte: »Was siehst du?«
    Paul rührte sich nicht. Die Lichter der Straßenlaternen spiegelten sich in den drei neben dem Lenkrad liegenden Fotos. Zwei Monate lang hatte er nach diesen Gesichtern gesucht. Er hatte sie sich vorgestellt, sie gezeichnet, wieder ausradiert, hundert Mal neu angefangen... Und jetzt, wo sie vor ihm lagen, geriet er in helle Panik.
    Schiffer packte Paul am Nacken und zwang ihn, sich über die Bilder zu beugen.
    »Was siehst du?«, fragte er mit kehliger Stimme.
    Paul fielen fast die Augen aus dem Kopf: Drei Frauen mit sanften Gesichtszügen blickten ihn an, schienen leicht erschrocken vom Blitzlicht. Ihr breites Gesicht war von rotem Haar umgeben.
    »Was fällt dir auf?«, fragte Chiffre hartnäckig.
    Paul zögerte: »Sie sehen sich ähnlich, oder?«
    Schiffer brach in Lachen aus.
    »Sie sehen sich ähnlich? Du willst sagen, es ist immer dieselbe!«
    Paul wandte sich ihm zu. Er war nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte: »Und?«
    »Und? Du hattest Recht. Der Mörder ist auf der Suche nach einem bestimmten Gesicht. Ein Gesicht, das er gleichzeitig liebt und hasst. Ein Gesicht, von dem er besessen ist und das widersprüchliche Regungen in seinem Inneren hervorruft. Was seine Motive anbelangt, so sind wir auf Vermutungen angewiesen. Aber wir wissen jetzt, dass er ein bestimmtes Ziel verfolgt.«
    Pauls Zorn wandelte sich in ein Gefühl des Triumphes. Seine Intuition war richtig gewesen: Illegale Arbeiterinnen, gleiche Gesichtszüge... Ob er mit der antiken Statue auch Recht hatte?
    Schiffer fuhr fort: »Diese Gesichter sind ein verdammter Schritt nach vorn, glaub mir, denn sie belegen, dass der Mörder dieses Viertel kennt wie seine Westentasche.«
    »Damit haben wir ihn noch lange nicht.«
    »Wir haben angenommen, dass er Türke ist, aber nicht, dass er jede Werkstatt, jeden kleinsten Keller kennt. Stell dir vor, was für eine Geduld und Ausdauer er haben muss, um Mädchen zu finden, die sich so ähnlich sehen. Dieses Schwein kommt überall rein.«
    Paul sagte mit ruhigerer Stimme: »Okay, zugegeben, ohne Sie hätte ich diese Fotos nie bekommen. Dafür erspare ich Ihnen die Polizeiwache und bringe Sie auf direktem Wege zurück nach Longères, wir ziehen die Karte >Gehen Sie in das Gefängnis <.«
    Er drehte den Zündschlüssel, doch Schiffer packte ihn am Arm: »Du machst einen Fehler, Kleiner. Du brauchst mich mehr denn je.«
    »Für Sie ist jetzt Schluss.«
    Chiffre hob eines der Blätter auf und wedelte damit im Licht der Straßenlaterne: »Wir haben nicht nur ihr Gesicht und ihre Identität. Wir haben auch die Adresse der Werkstätten, in denen sie arbeiteten. Und das ist eine handfeste Spur.« Paul ließ den Schlüssel los. »Ob ihre Kolleginnen etwas gesehen haben?« »Erinnere dich, was der Gerichtsmediziner gesagt hat. Ihre Mägen waren leer. Sie kamen von der Arbeit. Wir müssen die Arbeiterinnen befragen, die abends denselben Heimweg haben - und die Chefs der Werkstätten. Und dazu brauchst du mich, mein Junge.«
    Schiffer hielt inne. Seit ganzen drei Monaten lief Paul immer gegen dieselben Wände. Wenn er allein weitermachte, würde er wieder bei null anfangen.
    »Ich gebe Ihnen einen Tag«, räumte er ein. »Wir besuchen die Werkstätten. Wir befragen die Kolleginnen, die Nachbarn, die Partner, falls sie welche haben. Danach zurück ins Altersheim. Und ich warne Sie: Bei der kleinsten Scheiße bringe ich Sie um. Dieses Mal gibt es kein Wenn und Aber.«
    Schiffer lachte bemüht, doch Paul spürte, dass er Angst hatte. Jetzt hatte die Angst sie beide im Griff. Er wollte gerade losfahren, als er erneut die Schlüssel in seinen Schoß sinken ließ - er wollte die Geschichte von der Seele haben. »Warum diese Gewalt bei Marius?«
    Schiffer betrachtete die Figuren der Wasserspeier, die in die Dunkelheit ragten. Teufel, die auf ihrer Stange hockten, Teufel mit geöffnetem Maul, Dämonen mit Fledermausflügeln. Er schwieg, und nach einer Weile sagte

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