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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Zähnen ab, worin sich bestimmte Produkte aus dem Blutkreislauf ablagern, beispielsweise Antibiotika. Danach wandte er sich dem Melatonin zu, das im Gehirn produziert wird. Seiner Meinung nach konnte man aus den Resten dieses Hormons, das vor allem in der Nacht abgesondert wird, frühere Schlaf- und Wachgewohnheiten ablesen.
    Dann entnahm er vorsichtig ein paar Tropfen Tränenflüssigkeit, in der sich geringe Nahrungsrückstände befinden. Schließlich schnitt er ein paar Haare ab, die exogene Substanzen speichern. Ein bekanntes Phänomen: Bei einem mit Arsen vergifteten Toten kann man nach dem Tod das Gift in den Haaren nachweisen.
    Nach drei Stunden angestrengter Untersuchung gab der Wissenschaftler auf: Er hatte nichts entdeckt - oder jedenfalls fast nichts. Das Porträt, das er von Anna zeichnen konnte, zeigte keinerlei Besonderheiten. Es zeigte eine Frau, die rauchte, aber sonst sehr gesund lebte. Ihrem unregelmäßigen Melatonin-Status nach zu urteilen, musste sie an Schlaflosigkeit leiden. Seit ihrer Kindheit hatte sie Olivenöl genossen - er hatte Fettsäuren in der Tränenflüssigkeit gefunden. Der letzte Fund besagte, dass sie ihr Haar schwarz färbte. Von Natur war sie eher kastanienbraun bis rothaarig.
    Alain Veynerdi zog die Handschuhe aus und wusch sich die Hände in dem in der Laborbank eingelassenen Becken. Winzige Schweißtropfen perlten auf seine Stirn herab. Er wirkte enttäuscht und erschöpft.
    Ein letztes Mal näherte er sich Anna, die wieder eingeschlafen war. Er ging um sie herum, schien weiterzusuchen, nach einer Spur, einem Zeichen, einer Vermutung, die ihm helfen könnten, diesen diaphanen Körper zu entziffern.
    Plötzlich beugte er sich über ihre Hände, griff nach den Fingern und beobachtete sie aufmerksam. Mit einer Bewegung weckte er sie, und sobald sie die Augen öffnete, fragte er sie mit kaum verhohlener Aufregung: »Ich sehe auf Ihrem Fingernagel einen braunen Fleck. Wissen Sie, woher er kommt?«
    Anna blickte um sich, musterte ihre Hand und zog die Augenbrauen hoch.
    »Keine Ahnung«, murmelte sie. »Vom Nikotin, oder?«
    Mathilde trat näher. Auch sie sah an der Spitze des Nagels einen winzigen ockerfarbenen Punkt.
    »Wie oft schneiden Sie Ihre Nägel?«, fragte der Biologe.
    »Ich weiß nicht, ich... ungefähr alle drei Wochen.«
    »Haben Sie den Eindruck, dass sie schnell wachsen?«
    Anna gähnte, ohne zu antworten. Veynerdi ging zu seiner Laborbank zurück und murmelte: »Wie konnte ich das übersehen!« Er nahm eine kleine Schere und ein durchsichtiges Döschen zur Hand, näherte sich Anna und schnitt das Stück, das ihm so interessant erschien, ab.
    »Wenn sie normal schnell wachsen, dann stammen diese Hornstückchen aus der Zeit vor Ihrem Unfall. Dieser Fleck ist ein Teil Ihrer Vergangenheit.«
    Er warf seine Geräte wieder an. Während Maschinen wieder hochfuhren, löste er die Probe in einem Röhrchen mit Lösungsmittel auf.
    »Das haben wir gerade noch geschafft«, sagte er lachend. »In ein paar Tagen hätten Sie sich die Nägel geschnitten, und diese kostbare Spur wäre für immer verloren gewesen.«
    Er stellte das sterile Röhrchen in die Zentrifuge und drückte auf den Knopf.
    »Wenn das Nikotin ist«, sagte Mathilde, »dann wüsste ich nicht, was Sie...«
    Veynerdi stellte die Flüssigkeit in das Spektrometer: »Vielleicht kann ich daraus auf die Zigarettenmarke schließen, die diese junge Dame vor ihrem Unfall geraucht hat.«
    Mathilde verstand seine Begeisterung nicht, ein solches Detail konnte nichts Greifbares zutage fördern. Auf dem Bildschirm betrachtete Veynerdi matt leuchtende Diagramme. Minuten vergingen.
    »Professor«, sagte Mathilde ungeduldig, »Ich verstehe Sie nicht. Das ist doch wirklich kein Grund zur Aufregung. Ich... «
    »Es ist außergewöhnlich.«
    Das helle Flackern des Bildschirms ließ einen Ausdruck des Entzückens auf dem Gesicht des Biologen sichtbar werden: »Das ist kein Nikotin.«
    Mathilde trat näher an das Spektrometer, und Anna richtete ihren Oberkörper in die Höhe, als Veynerdi sich auf seinem Drehhocker den beiden Frauen zuwandte.
    »Henna.«
    Ein endloses Schweigen breitete sich aus, endlos wie das Meer.
    Der Forscher riss das Millimeterpapier ab, das die Maschine soeben ausgespuckt hatte, und tippte die Koordinaten in die Tastatur seines Computers. Auf dem Bildschirm zeigte sich daraufhin die Liste der chemischen Komponenten.
    »Nach meiner Datenbank hat dieser Fleck eine bestimmte pflanzliche Zusammensetzung, es ist eine

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