Das Imperium der Woelfe
Blutkörperchen zu erhalten. Er stellte die Probe in einen schwarzen Zylinder, der wie ein kleiner Kocher aussah: die Zentrifuge. Bei dreitausend Umdrehungen pro Minute trennte das Gerät die weißen Blutkörperchen vom restlichen Blut. Wenige Augenblicke später hatte Veynerdi ein weißliches Sediment gewonnen.
»Ihre Abwehrzellen«, erklärte er Anna. »Sie enthalten die Spuren, die mich interessieren. Das sehen wir uns jetzt genauer an... «
Er löste das Konzentrat in physiologischer Lösung und stellte das Reagenzglas in einem Durchfluss-Cytometer, eine graue Maschine, in der jedes Blutkörperchen isoliert und einem Laserstrahl ausgesetzt wurde. Mathilde kannte das Verfahren: Das Gerät konnte die Abwehrzellen sortieren und mithilfe eines von Veynerdi erstellten Katalogs von Markern identifizieren.
»Kein Befund«, bemerkte er nach ein paar Minuten. »Ich kann nur die Berührung mit üblichen Krankheitserregern feststellen, Bakterien, Viren... In einer Konzentration, die weit unter dem Durchschnitt liegt. Sie haben sehr gesund gelebt, Madame. Ich sehe auch keine Spuren exogener Einwirkungen. Kein Parfüm, auch keine besonderen Prägungen. Ein vollkommen neutraler Bereich.«
Anna lag reglos auf dem Tisch, die Arme unter den Knien gekreuzt. Auf ihrer nahezu durchsichtigen Haut spiegelten sich die Farbnuancen der Leuchtdioden, wie von einer Glasscherbe gebrochen schimmerte das bläuliche Licht über die blasse Haut. Veynerdi trat näher, er hielt eine wesentlich längere Nadel in der Hand: »Ich werde eine Biopsie vornehmen.«
Anna fuhr hoch.
»Haben Sie keine Angst«, sagte er leise. »Es tut nicht weh. Ich nehme nur ein wenig Lymphe aus einem Lymphknoten in der Achselhöhle. Heben Sie bitte den rechten Arm.«
Anna legte den Ellbogen über den Kopf. Er schob die Nadel hinein, seine Raucherstimme murmelte: »Diese Lymphknoten stehen in Verbindung mit der Lungenregion. Wenn Sie einen bestimmten Staub eingeatmet haben, Gas, Pollen oder irgendetwas Besonderes, dann werden sich diese Zellen des lymphatischen Gewebes daran erinnern.«
Noch immer benebelt von dem Beruhigungsmittel, lag Anna vollkommen reglos auf den Fliesen. Der Biologe trat wieder hinter seinen Arbeitstisch und widmete sich weiteren Untersuchungen.
Einige Minuten vergingen, dann sagte er: »Ich erkenne Nikotin und Teer. Sie haben in Ihrem früheren Leben geraucht.«
Mathilde warf ein: »Sie raucht auch in ihrem jetzigen Leben.«
Der Biologe nickte zustimmend, dann fuhr er fort: »Ansonsten keine signifikante Spur einer besonderen Umgebung oder Atmosphäre.«
Er nahm eine kleine Flasche und näherte sich Anna erneut: »Ihre Blutkörperchen haben nicht die erhofften Erinnerungen aufbewahrt, Madame. Wir werden eine andere Untersuchung vornehmen. Manche Körperpartien bewahren nicht nur Spuren, sondern unmittelbare Teilchen äußerer Einwirkungen. Wir werden diese Mikrolager durchforsten.« Er hob eine Flasche in die Luft. »Ich möchte Sie bitten, in diesen Behälter Wasser zu lassen.«
Anna stand langsam auf und schlich im Gang einer Schlaftrunkenen in die Kabine. Mathilde ergriff das Wort: »Ich wüsste nicht, was Sie im Urin finden wollen, immerhin suchen wir nach Spuren von Ereignissen, die mehr als ein Jahr zurückliegen und... «
Der Forscher unterbrach sie mit einem Lächeln: »Der Urin wird durch die Nieren erzeugt, die wie Filter arbeiten. Im Inneren dieser Filter sammeln sich Kristalle. Ich kann die Spur dieser Konkremente nachweisen. Sie sind mehrere Jahre alt und können uns zum Beispiel sagen, welche Essgewohnheiten jemand hatte.«
Anna, ihre Flasche in der Hand, kehrte in den Raum zurück. Sie wirkte noch abwesender, als hätte alles, was sich hier ereignete, nichts mit ihr zu tun.
Veynerdi benutzte erneut die Zentrifuge, um die einzelnen Elemente der Probe zu trennen, dann wandte er sich dem Massenspektroskop zu, einem noch beeindruckenderen Gerät, füllte die golden schimmernde Flüssigkeit in die Maschine und begann mit der Analyse.
Grünliche Oszillation auf einem Bildschirm. Der Forscher schnalzte vorwurfsvoll mit der Zunge: »Nichts. Wir haben es mit einem jungen Wesen zu tun, das sich nicht leicht aufschlüsseln lässt... «
Er änderte seine Herangehensweise, ging mit höchster Konzentration an die Arbeit, verdoppelte die Anzahl der Entnahmen und Analysen. Veynerdi tauchte buchstäblich in Annas Körper ein.
Mathilde folgte aufmerksam seinen Bewegungen und Kommentaren. Zunächst schabte er etwas Dentin von den
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