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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Harvard studiert, war als Diplomat in mehreren Ländern und Außenminister. Dann Regierungschef. Musterkarriere.«
    Paul sagte herablassend: »Der übliche Werdegang eines Politikers.«
    »Nur dass Tansu Ciller eine Frau ist.«
    Sie passierten die zweite Etage, jeder Treppenabsatz war weiträumig und dunkel wie ein Kirchenbau.
    »Kommt wohl in der Türkei nicht oft vor, dass ein Mann sich eine Frau zum Vorbild nimmt.«
    Chiffre lachte schallend: »Wenn es dich nicht gäbe, müsste man dich erfinden, da bin ich sicher. Gozar ist ebenfalls eine Frau! Sie ist eine >teyze<. Eine >Tante<, eine Patentante im weitesten Sinne. Sie wacht über ihre Brüder, ihre Neffen, Vettern und alle Arbeiter, die für sie schuften. Sie kümmert sich um ihre Papiere. Sie schickt ihnen Typen, die ihre Wohnlöcher renovieren. Sie versendet Pakete für sie und überweist ihr Geld. Gelegentlich schmiert sie Polizisten, damit man sie alle in Ruhe lässt. Sie ist eine Sklavenhalterin, aber eine von der wohlmeinenden Sorte.«
    Dritte Etage. Halmans Lagerraum war ein großer Saal mit grau gestrichenem Holzboden, hier und da sah man Platten aus Styropor und knitteriges Seidenpapier. In der Mitte des Raumes waren Bretter über Böcke gelegt, die als Arbeitstische dienten, darauf standen Pappkartons, Acrylbehälter, Beutel aus rosaweißem Karostoff mit dem Logo TATI darauf und Kleidersäcke ...
    Männer zogen Pelzmäntel, Pelzjacken und Pelzstolen daraus hervor, prüften das Futter und hängten sie anschließend auf Bügel, die sie auf rollbaren Kleiderständern aneinander reihten. Ihnen gegenüber standen Frauen mit eng anliegenden Kopftüchern und bodenlangen Röcken, Gesichter aus dunkler Rinde. Mit erschöpftem Blick warteten sie auf ihren Urteilsspruch.
    Eine verglaste Empore mit weißem Vorhang lag oberhalb des Raumes: der ideale Ort, um all diese Leute bei ihrem Tun zu beobachten. Ohne jemanden zu begrüßen, strebte Schiffer dem Geländer entgegen und stieg die steilen Stufen hinauf.
    Oben mussten sie sich durch eine Wand von Grünpflanzen kämpfen, bevor sie ein Zimmer unter dem Dach betraten, das fast ebenso groß war wie der untere Saal. Fenster mit Gardinen gingen auf eine Landschaft aus Dachziegeln und Zinkflächen hinaus: die Dächer von Paris.
    Trotz ihrer Größe sah die Werkstatt wegen ihres überreichen Dekors eher wie ein Boudoir der Jahrhundertwende aus. Paul ging voran und nahm die ersten Details wahr. Auf modernen Maschinen - Computer, Stereoanlage, Fernseher - lagen Deckchen, auf denen Fotos, gläserne Nippesfiguren und große Puppen in Spitzenkleidern standen. Die Wände bedeckten Reiseplakate mit prächtigen Aufnahmen von Istanbul, vor den Wandschränken hingen kleine Kelims in lebhaften Farben herab wie Rolljalousien. Türkische Fahnen aus Papier, nahezu an jeder Stelle des Raumes angebracht, bildeten das Pendant zu den Postkarten, die mit Nadeln an den Holzpfosten des Dachgebälks festgesteckt waren.
    Ein Schreibtisch aus massiver Eiche mit einer ledernen Schreibunterlage stand rechts im Raum, in der Mitte ein grünes Plüschsofa, das sich über einem riesigen Teppich aufbaute. Kein Mensch war zu sehen.
    Schiffer ging zu der hinter einem Perlenvorhang verborgenen Türöffnung und gurrte: »Prinzessin, ich bin es, Schiffer. Du brauchst dich nicht schön zu machen.«
    Schweigen. Paul trat ein paar Schritte vor und sah sich Fotos an, auf denen eine recht hübsche Frau mit kurzen roten Haaren zu sehen war, die mit illustren Präsidenten um die Wette lächelte: Bill Clinton, Boris Jelzin, François Mitterrand. Sicher die berühmte Tansu Ciller...
    Er hörte ein Klickern und wandte den Kopf. Ein Perlenvorhang öffnete sich, und heraus trat die Frau, die auf den Fotos abgebildet war, leibhaftig, nur ein wenig fülliger.
    Gozar Halman betonte ihre Ähnlichkeit mit der Politikerin, vermutlich, um mehr Autorität zu gewinnen. In ihren Kleidern, einer Tunika und einer schwarzen Hose, dazu etwas Schmuck, wirkte sie eher unauffällig. Auch ihre Bewegungen und ihr Gang brachten die herablassende Distanz einer Geschäftsfrau zum Ausdruck. Ihre Erscheinung umgab ein unsichtbares Kraftfeld. Die Botschaft war deutlich: Jeglicher Versuch, sie zu verführen, war sinnlos.
    Ihr Gesicht hingegen schlug eine andere, beinahe entgegengesetzte Tonart an. Sie hatte ein großes, bleiches Mondgesicht, das von leuchtend rotem Haar eingefasst war. Gozars Lider waren orangefarben geschminkt und mit winzigen Pailletten besetzt, machtvoll schimmerten beide

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