Das Imperium
dünnen Strich, als er den Bildschirm auf Vergrößerung schaltete.
Wenn andere von seiner kühnen Aktion gegen die feindlichen Wesen erfuhren, so würde die Reaktion vermutlich aus Entsetzen bestehen. Zweifellos kam es dadurch zu einer Verschärfung des Konflikts zwischen der Menschheit und den Fremden. Aber so groß die Empörung bei Roamern und Hanse auch sein mochte: Tief in ihrem Innern würden sich die Menschen über einen wirkungsvollen Schlag gegen den Feind freuen.
Drei Tage lang beobachtete Jess, wie ein Brocken nach dem anderen des geborstenen Kometen auf Golgen hinabfiel. Die Wolkenstreifen verwandelten sich in ein Durcheinander aus großen und kleinen Flecken, und dadurch sah der Gasriese wie eine verfaulende Frucht aus.
Der verwundete Planet drehte sich langsam um seine Achse, wandte dadurch den herabstürzenden Kometenfragmenten immer neue Bereiche zu.
Mit grimmiger Miene sah sich Jess die Orbitalen Diagramme an und stellte fest, dass der nächste große Komet Golgen in einem Monat erreichte. Das gnadenlose kosmische Bombardement hatte gerade erst begonnen und würde zwei Jahre lang andauern, ohne dass irgendjemand etwas dagegen unternehmen konnte.
Weitere Teile des Kometen trafen Golgen…
102 CESCA PERONI
In Rendezvous konnte Jess den stolzen Trotz nicht aus sich verbannen, als er Cesca von seiner Rache erzählte. Zwar wusste niemand, welchen Schaden die einzelnen Explosionen und ihre gewaltigen Druckwellen bei den Fremden in den Tiefen von Golgen anrichteten, aber er war sicher, den Wesen sehr wehgetan zu haben.
Sie befanden sich in Cescas Büro im Innern des Asteroidenhaufens. Nach kurzem Zögern trat sie vor und umarmte Jess, dem es widerstrebte, die Geste zu erwidern – er befürchtete, von den eigenen Empfindungen überwältigt zu werden.
Auch Cesca hatte ihre persönlichen Gefühle fürs Erste beiseite geschoben. Ein Krieg drohte und die Existenzgrundlage der Roamer geriet in Gefahr. Bei den Clans herrschte große Unruhe. Dies war kaum die geeignete Zeit für Romantik und Liebe. Sie wussten beide, dass sie vorerst voneinander getrennt bleiben mussten.
Cesca stützte den Kopf kurz auf Jess’ Schulter, kehrte dann keusch zu ihrem Schreibtisch zurück und seufzte schwer. »Du hast etwas getan, das gleichzeitig tapfer und schrecklich ist, Jess. Wir können nur hoffen, dass dadurch nicht alles noch schlimmer wird.«
Sie begriff, dass sie unverzüglich Jhy Okiah informieren musste. Jess’ Racheakt veränderte die Situation und erforderte eine neue Versammlung der Clanrepräsentanten. Wenigstens würden sich die Roamer nicht mehr so hilflos fühlen.
Das Bombardement mit Kometen schickte auch der Terranischen Hanse eine klare Botschaft. Die Hanse hatte die Roamer immer unterschätzt und sie für einen unorganisierten Nomadenhaufen gehalten. Doch Jess Tamblyns Vergeltungsschlag zeigte ganz deutlich, wozu sie Roamer fähig waren.
Bevor Jess gehen konnte oder Cesca Gelegenheit bekam, mit Jhy Okiah zu sprechen, brachte ein Händler schlechte Nachrichten. Er hatte sich die aufgezeichneten Bilder der Medien-Übertragung mehrmals angesehen und geglaubt, seinen Augen kaum trauen zu können.
Cesca und Jess sahen sich die Aufzeichnung im Flüsterpalast an. Als der Gesandte der Hydroger in seiner Kugel erschien und menschliche Gestalt annahm, schnappte Cesca nach Luft und Jess stöhnte. »Das ist Ross!«, brachte er hervor. »Sie haben ihn gefangen genommen!«
Cesca musterte das quecksilberartige Gesicht des Mannes, dem sie die Ehe versprochen hatte. »Ich glaube, sie haben ihn kopiert. Seine Himmelsmine gehörte zu den ersten Angriffszielen der Hydroger. Vielleicht benutzen sie seine Gestalt, um mit uns zu kommunizieren.«
Jess ließ sich in einen an der Wand befestigten Schlaufensessel sinken, als könnte er sich selbst in der geringen Schwerkraft nicht mehr auf den Beinen halten. Er lehnte sich an die aus Asteroidengestein bestehende Wand. »Haben die Fremden meiner Familie nicht schon genug angetan? Warum müssen sie uns auch noch auf diese Weise quälen?«
Als sie das Ultimatum des Gesandten hörten, sahen sich Jess und Cesca zornig an. Die Explosion und der Tod des Königs kamen völlig unerwartet. Cesca ächzte leise. Zwar hatten die Roamer nie die Charta der Hanse unterzeichnet und Frederick nicht als ihren König anerkannt, aber die letzte Maßnahme des Gesandten ging weit über die Grenze des Fassbaren hinaus.
»Das alles ist die Antwort auf ein von der Hanse durchgeführtes
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