Das Imperium
beobachten.
Davlin Lotze war ein hoch gewachsener Mann mit großen Händen, schmalen Schultern und nicht genug Muskeln, um einschüchternd zu wirken. Er hatte dunkelbraune, fast schwarze Haut, hohe Wangenknochen, schmale Augen und kurz geschnittenes Haar. Zwei helle, parallele Streifen auf der linken Wange sahen wie Stammeszeichen aus. In Wirklichkeit handelte es sich um die Narben von Schnittwunden, die von den Splittern einer explodierten Flasche stammten – ein Freund von ihm hatte damals versucht, zu Hause Bier zu brauen.
Stumm und kompetent arbeitete er mit dem schweren Kriecher und brachte Kisten zum zentralen Platz in der ildiranischen Stadt. Die menschlichen Kolonisten liefen wie Kinder umher, die eine Ferienanlage erkundeten. Sie betrachteten die ungewohnte Architektur, sahen sich zurückgelassene Gegenstände an und hofften vermutlich, einen Schatz zu finden. Davlin musste besonders aufmerksam sein und alle Objekte konfiszieren, die neue Erkenntnisse über die Ildiraner ermöglichten.
Nachdem er den Frachter entladen hatte, parkte er den Kriecher am Rand des Stadtplatzes und gesellte sich den anderen Kolonisten hinzu. Mit einem verborgenen Imager schritt er von Gebäude zu Gebäude und fotografierte die Architektur aus verschiedenen Bildwinkeln. Besucher des Ildiranischen Reiches hatten Gelegenheit gefunden, einen Eindruck von der dortigen Architektur zu gewinnen, aber Davlins Interesse galt den Details.
Er betrat die nicht niedergebrannten Gemeinschaftsgebäude, öffnete Schränke und sah sich das an, was die Ildiraner in ihrem täglichen Leben verwendet hatten.
Die Fremden schienen nichts vor der Hanse zu verbergen, präsentierten sich als Verbündete und Freunde. Aber Davlin traute ihnen ebenso wenig wie Basil Wenzeslas. Die Offenheit der Ildiraner diente vielleicht nur dazu, Informationen zu verstecken, die die Menschen nicht bekommen sollten.
»Man muss seinen Feind kennen«, hatte der Vorsitzende Wenzeslas vor dieser Mission betont. Hier auf Crenna wollte Davlin die ildiranische Tragödie ausnutzen. Wenn es an diesem Ort irgendwelche Geheimnisse gab, so würde er sie finden.
40 MARGARET COLICOS
Der Tag von Rheindic Co war achtundzwanzig Stunden lang, aber trotz der zusätzlichen vier Stunden hatten Margaret und Louis Colicos nie das Gefühl, genug Zeit für die Klikiss-Ruinen zu haben.
In einer tiefen Schlucht unweit des Lagers kletterten die beiden Xeno-Archäologen zur Ruinenstadt der Klikiss empor. Ihr Ziel waren einige bogenförmigen Gebilde und Fassaden unter einem Felsüberhang. Weiter hinten führten Tunnel tiefer in den Berg.
Entweder war die Schlucht in den vergangenen Jahrtausenden tiefer geworden oder Erosion hatte die Rampen und Aufgänge der Fremden verschwinden lassen. DD und die drei Klikiss-Roboter hatten dabei geholfen, Leitern und Treppen zu konstruieren, wobei jeder kleine Vorsprung und Sims an der Schluchtwand ausgenutzt worden war – dadurch bekamen Margaret und Louis leichteren Zugang zur Ruinenstadt. Jeden Morgen brachen sie beim ersten Licht auf.
Bisher hatten sie vergeblich nach Schächten, Flaschenzügen, Leitern oder moderneren Transportsystemen gesucht, die es vom Boden aus gestattet hätten, die Stadt leicht zu erreichen. Louis war sicher, dass die Gebäude auch deshalb so angelegt worden waren, dass sie leichter verteidigt werden konnten. »Oder vielleicht waren die Klikiss unglaublich groß«, fügte er scherzhaft hinzu. »Wir wissen nicht, wie sie ausgesehen haben.«
Die großen schwarzen Roboter, die im trockenen Alluvialschutt der Schlucht standen, boten keine Erklärung an. »Wir erinnern uns an nichts«, sagte Sirix.
Louis lächelte, als hielte er den Roboter für fähig, die menschliche Mimik zu verstehen. »Wir werden uns alle Mühe geben, es herauszufinden. Nicht nur für uns, sondern auch für euch.«
Arcas nahm an der täglichen Routine nicht in dem Maß teil, wie es sich die Archäologen erhofft hatten. Häufig verbrachte er seine Zeit damit, das Gelände allein zu erforschen. Trotz der geologischen Kenntnisse des grünen Priesters glaubte Margaret, dass er lediglich als Gesprächspartner dienen konnte. Selbst die Klikiss-Roboter leisteten dem Projekt direktere Hilfe.
Selbst nach Monaten der Vermessung bestand die größte Aufgabe zunächst darin, die Möglichkeiten abzuschätzen. Die Ruinenstadt war so groß, dass schon die Erstellung eines Forschungsplans einer Herausforderung gleichkam. Louis wanderte mit seinem Rekorder durch Tunnel und
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