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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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weil sie abseits auf dem Land liegt. Die Menschen dort litten Not. Es war der perfekte Platz für unser Experiment. Jetzt ist die Siedlung zu einer Art Enklave geworden. Voll mit Leuten von deiner Sorte, Owen.«
    Mein verwirrter Gesichtsausdruck lässt ihn kurz innehalten.
Von meiner Sorte?
    »Du musst nach einem Mann namens Jim Howard suchen«, fügt er hinzu. »Das ist ein alter Kollege von mir. Er wird dir mit allem helfen. Es gibt viel, das du über dich lernen musst.«
    »Dad?«, frage ich. »Dad, wieso kommst du nicht mit mir? Ich kann dich nicht …«
    »Geh!«, befiehlt er mir so ungeduldig, dass ich automatisch einen Schritt in den Gang mache. »Such nach Jim Howard. Und verrate mir nicht, wie du dorthin kommen willst. Ich werde jede Minute abgeholt. Dann kann ich wenigstens ein bisschen Verwirrung stiften und dir einen kleinen Vorsprung verschaffen. Das ist deine einzige Chance.«
    Plötzlich wirkt meiner Vater hinter dem Schreibtisch klein, alt und schwach. Wie jemand, den ich nie getroffen habe. Nie hätte treffen wollen.
    »Ich habe alles aufs Spiel gesetzt, um dir ein neues Leben zu schenken«, sagt er. »Schmeiß es nicht weg.«
    Obwohl ich weiß, dass es nicht fair ist und ich die Worte nie mehr zurücknehmen kann, sage ich sie trotzdem. So ist das eben manchmal. »Du hast mir kein neues Leben geschenkt«, sage ich. »Du hast mir mein altes Leben gestohlen.«
    Mein Vater schweigt nur kurz, doch mir kommt es vor wie eine Ewigkeit. Als er schließlich spricht, sind aus seiner Stimme keinerlei Gefühle herauszuhören. »Du musst dir im Klaren darüber sein, dass du ohne den Amp gestorben wärst, Owen. Er ist ein Teil von dir, aber er braucht dein Einverständnis. Ich habe dir ein kleines
Extra
eingebaut. Wenn es so weit ist, musst du damit einverstanden sein, den Amp zu aktivieren.«
    »Wenn was so weit ist? Wovon sprichst du?«
    »Wenn es so weit ist, Gutes zu tun, Owen«, antwortet er und erhebt sich von seinem Stuhl. Ohne den Blick von mir abzuwenden, drückt er langsam die Tür zu. »Es tut mir leid, dass ich gewartet habe, bis es zu spät war. Geh zu Jim. Der alte Mann ist der Einzige, der dir jetzt helfen kann.«
    Klick.
    Die Tür fällt ins Schloss, und außer den fernen Rufen der Demonstranten ist auf dem Gang nichts mehr zu hören. Ich befolge den Rat meines Vaters, schleppe mich mit tauben Beinen zum Seiteneingang und durchquere die angrenzenden Büros, bis ich auf die schmale Gasse komme, die neben dem Gebäude verläuft. Verwirrt fahre ich mit den Fingern über die rauhe Backsteinwand und starre gedankenverloren vor mich hin. Nachdem ich ein paar Meter durch die vertraute Gasse gelaufen bin, bekomme ich ein komisches Gefühl im Bauch. Aus irgendeinem Grund bleibe ich stehen und blicke zum Himmel auf.
    Einen Block weiter explodiert eine Bombe.
    Ein tiefes Dröhnen umfängt mich, und die Druckwelle ist so stark, dass ich auf die Knie geworfen werde. Dunkler Rauch dringt aus der Straße hinter mir. Die Explosion hat das halbe Gebäude zerstört, in dem sich die Praxis meines Vaters befindet. Ein großer Brocken Beton dreht sich immer noch wie ein Kreisel auf dem Asphalt.
    Es dauert seine Zeit, bis meine Beine mir wieder gehorchen.
    Der hohe Ton in meinem Ohr vermischt sich bereits mit Sirenengeheul. Löschzüge, Krankenwagen, Polizeiautos. Ungelenk wie ein Zombie stolpere ich auf den Rauch zu. Die Außenhaut des Gebäudes steht in Flammen. Dazwischen liegt alles in Schutt und Asche. Der Parkplatz ist leergefegt. Wo der weiße Lieferwagen stand, prangt ein großer Krater im Boden.
    Langsam dämmert mir, dass mein Vater die Explosion auf keinen Fall überlebt haben kann.
    Von seinem Büro ist bloß noch ein grauer Berg aus qualmendem Geröll übrig. Nichts ist mehr zu erkennen, nur verbogene Eisenstreben, Beton und Asche. Auch als mein Gesicht vor Hitze zu verglühen scheint und ich am Rauch fast ersticke, gehe ich weiter.
    Ich bleibe erst stehen, als ich die kreisenden blauen und roten Lichter sehe.
    Auf keinen Fall, hat mein Vater gesagt. Während ich die Trümmer betrachte, steigen mir Tränen in die Augen. Noch immer versuche ich, irgendwo ein Lebenszeichen auszumachen. Blaulicht pulsiert durch die Rauchschwaden, Sirenengeheul hallt über das Trümmerfeld. Durch den Qualm sehe ich die nahenden Umrisse einer Polizistin.
    »He, Sie!«, ruft sie.
    Ich drehe mich um und stolpere davon. Ignoriere ihre Rufe und verschwinde hinter der nächsten Ecke. Mit tränenden Augen renne ich durch die

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