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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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Beide Jugendliche sind jetzt ihre Fesseln los.
    Der Kleinere schaut über meine Schulter hinweg zum Fenster. Ich folge seinem Blick und entdecke Nicks Gesicht. In einer Hand hat er seinen Zauberwürfel, mit der anderen hält er sich am Fensterbrett fest. Auf seiner Stirn klebt immer noch ein feuchtes Pflaster. Auch seine Miene verrät keinerlei Gefühle. Freut es ihn, dass die beiden ihr Fett wegbekommen? Ich kann es nicht sagen.
    »Es reicht«, erkläre ich. »Komm, Lyle.«
    Ich will Lyle an der Schulter packen, doch er ist nicht da. Plötzlich steht er wieder in der Mitte des Raums. Er bewegt sich so schnell, dass einem schwindlig wird.
    Die Lippen des kleineren Jugendlichen fangen an zu zittern. »Das mit Billy tut mir leid«, wendet er sich an mich. »Er hat uns gesagt, wir sollen auf dem Feld Wache halten.«
    Sein Freund versetzt ihm einen Stoß, und der Junge verstummt.
    Erst jetzt fällt mir auf, was für eine gute Gelegenheit sich mir da gerade bietet.
    »Billy?«, frage ich. »Er hat dieses Tattoo auf der Hand. Was bedeutet es?«
    Keine Antwort.
    »Raus damit«, fordere ich, »dann sorge ich dafür, dass das hier aufhört.«
    Am Fenster drängen sich immer mehr Gesichter. Lyle tut so, als würde er sie nicht bemerken, doch ich weiß, dass er sich seiner Zuschauer bewusst ist. Für sie zieht er ja seine kleine Show hier ab.
    Lyle atmet scharf durch die Nase ein, als würde er den Geruch der Angst genießen, der im Raum schwebt. »Ich bin es, der da draußen in der Dunkelheit lauert, Jungs. Ich und die Meinigen. Und wir sind keine Menschen. Nicht wie ihr. Wir sind etwas Besseres als Menschen. Etwas Besseres als ihr.« Lyle tippt sich an die Schläfe. »Ihr putzigen kleinen Angsthasen. Ich kann spüren, wie eure Herzchen flattern. Wenn ich sie zum Erstarren bringen will, muss ich nur dran denken.«
    Der blonde Junge hat angefangen zu zittern. In dem Wohnwagen ist es schwül wie in einer Sauna, doch er hat die Arme um den Oberkörper geschlungen, und seine Ellbogen hüpfen auf und ab, als würde er auf der Ladefläche eines Pick-up-Trucks mitfahren.
    Lyle ahmt mit der Rechten die Form einer Pistole nach. Er macht einen Schritt nach hinten, streckt den Arm aus und zielt mit seiner imaginären Waffe auf die Brust des blonden Jungen.
    »Wofür steht das Symbol?«, frage ich. »Für Elysium? Was ist EM ?«
    Lyle scheint mich gar nicht wahrzunehmen. Was immer in seinem Kopf vorgeht: Ich bin nicht mehr Teil davon.
    »Bereit zu sterben, Junge?«, fragt er. »Die Army hat mir diese Fähigkeit geschenkt. Sie hat mir das hier angetan. Hat mir mein Leben weggenommen und dafür gesorgt, dass ich nur noch zu einem gut bin: zum Töten.«
    Der kleinere Junge fängt an zu weinen. Er hat die Augen geschlossen, die Arme hängen an den Seiten herab, obwohl sie nicht mehr gefesselt sind. Die über ihm aufragende Gestalt von Brain macht ihm wohl so viel Angst, dass er sich nicht zu bewegen wagt. »Es ist ein Geheimklub«, stammelt er. »Sie nennen ihn Elysium. Billy und die anderen veranstalten besondere Treffen und so. Nur wer so ein Tattoo hat, darf hin. Mehr weiß ich nicht.«
    »Halt’s Maul«, ruft der größere Junge.
    Mit halb gesenkten Lidern setzt Lyle dem größeren blonden Jungen die Finger auf die Brust. »Du wirst heute sterben«, sagt er.
    Der blonde Junge gibt ein Wimmern von sich und zittert immer heftiger. »Bitte nicht«, murmelt er mit erstickter Stimme. »Bitte, bitte nicht.«
    »Wer ist der Boss von diesem Geheimklub?«, will ich wissen.
    »Vaughn«, flüstert der blonde Junge. »Billy kennt ihn. Vaughn ist der Chef. Das mit den Scheinwerfern machen wir, weil er es gesagt hat. Bitte.«
    Lyle hebt kurz die Hand, senkt sie dann jedoch wieder und setzt sie dem Jungen erneut auf die Brust. Der atmet tief ein und hält die Luft an.
    »Bumm!«, ruft Lyle und bricht in hyänenartiges Gelächter aus.
    Der blonde Junge schreit erschrocken auf. Hört nicht auf zu schreien. Erstarrt am ganzen Körper und gleitet auf den feuchten Boden hinab. Krabbelt schreiend herum. Mit offenen, jedoch blinden Augen. Sein jüngerer Freund sackt in seinem Stuhl in sich zusammen und schluchzt ängstlich vor sich hin.
    Das alles, während Lyles verrücktes Lachen immer noch den Raum erfüllt. Und unter dem teilnahmslosen Blick von Brain. Ruhig wie ein Fels steht der riesige Mann im Raum, während sich seine gewaltige Brust langsam hebt und senkt.
    Ich will den blonden Jungen auf die Füße ziehen, doch er ist wie von Sinnen. Grunzt und

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