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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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könnte er sich aufhalten. Ich weiß bloß nicht, in welchem. Ist ein Jahr her, dass ich das letzte Mal hier gewesen bin. Trotzdem sollten wir uns beeilen. Könnte sein, dass Vaughns Leute bereits hier sind.«
    In der Ferne scheint mich eine eingestürzte Fabrik aus tausend kaputten Augen anzustarren. Wäre nicht schwer für Vaughns Männer, uns von dort mit einem Fernglas zu observieren. Oder durch das Zielfernrohr eines Gewehrs. Wieder sehe ich mich nervös auf der Straße um.
    Mein Netzhautimplantat hebt bestimmte Details überdeutlich hervor. Legt gleichzeitig unauffällig die dazugehörigen Informationen über mein Sichtfeld. Der Gerät läuft ununterbrochen und leitet in einem fort visuelle Daten an mein Hirn weiter.
    Ich zeige auf das Nachbarhaus mit dem eingefallenen Dach, vor dem wir eben schon gestanden haben. Mit der vernagelten Tür macht es einen verlassenen Eindruck, jedoch …
    »Er ist in dem Haus dort«, erkläre ich.
    »Woher weißt du das?«, fragt Lyle.
    Ich zucke mit den Achseln und deute mit dem Kopf auf den verlaufenen roten Stern, der die Veranda ziert. Trotz der Ranken und der dicken Schmutzschicht ist er unverkennbar.
    »Ad astra«,
sage ich.
    »Verdammt richtig«, erwidert Lyle. »Mit der Vordertür müssen wir uns erst gar nicht abmühen. Folge mir.«
    Schnell und leise klettert Lyle auf das eingestürzte Verandadach des Nachbarhauses. Mit vorsichtigen Schritten erklimmt er den schräg aufsteigenden Dachfirst der aufgeschwemmten Holzkonstruktion. Ich folge ihm ebenso behutsam und lasse dabei meinen Amp noch ausgeschaltet.
    Fürs Erste bin ich nur ein Mensch.
    Als wir oben angekommen sind, springen wir vom gesplitterten Rand auf das Dach der benachbarten Veranda. Dieses wird von dunklen Stahlstreben gestützt und macht einen wesentlich solideren Eindruck. In der abweisenden Backsteinfassade des Hauses prangt das leere Fenster, das mir vorhin schon aufgefallen ist. Wie Reißzähne stehen spitze Glaszacken vom Rahmen ab.
    Der Cowboy mustert das Fenster kurz. Dann holt er ein Stück Kreide aus der Hosentasche und malt ein weißes X daneben. Lässt die Kreide fallen und späht hinein.
    »So wissen unsere Freunde, wo sie uns treffen sollen«, meint er.
    »Vorsicht. Da ist was drin.«
    Lyle zieht eine Braue hoch. »Du meinst
jemand,
richtig?«
    Bevor ich antworten kann, duckt er sich unter den Glasscherben hindurch und schlüpft ins Dunkel. Einen Moment lang stehe ich allein auf dem alten Verandadach. Das düstere Rechteck vor mir wirkt auf mich wie der Eingang zu einem Spinnennest.
    Wie sich herausstellt, liege ich damit gar nicht so falsch.
    Ich höre einen abgehackten Schrei von drinnen. Rasch klettere ich ebenfalls ins Innere und schaffe es tatsächlich, mich nicht zu schneiden. Für eine Sekunde ist es so stockfinster, dass ich überhaupt nichts sehen kann. Neben mir klatscht ein Körper an die Wand. Ohnmächtig landet ein Mann in dem rötlichen Lichtschein, der von draußen hereinfällt. Ich mache einen Schritt zur Seite, um nicht mehr im Licht zu stehen, presse den Rücken an die Wand und warte, bis mein Netzhautimplantat sich auf die Verhältnisse einstellt.
    Vom Flur aus höre ich, wie sich Lyles Schritte entfernen. Jetzt kann ich den Mann neben meinen Füßen besser erkennen. Auf dem schimmeligen, verwaschenen und mit Müll übersäten Teppichboden liegt ein junger Amp in einer Armeejacke. Erleichtert bemerke ich, dass sich seine Brust sanft hebt und senkt.
    Weitere erstickte Schreie dringen aus dem Innern des Hauses. Knirschender Mörtel, ein Schrei. Lyle ist wohl vorausgeeilt. Vorsichtig spähe ich den engen Gang entlang, in dem die Tapete in großen Fetzen von der Decke hängt.
    Ich will gerade auf den Flur hinaustreten, als ich es entdecke.
    Mannsgroß und schwarz von Kopf bis Fuß kommt das Ding mit insektenartigen Sprüngen auf mich zugestürzt. Kurz habe ich das Gefühl, ein Alptraummonster meiner Kindheit suchte mich heim. Ich weiche zurück und richte instinktiv drei Finger auf.
Drei.
Das Ding rutscht weg, prallt von der Wand ab, hält aber weiter auf mich zu.
Zwei.
Ich kann seinen zischenden Atem hören.
Eins.
Schon kommt der Alptraum durch die Tür gesprungen.
    Null.
    Level drei. Taktische Manöver. Flucht. Aus geschlossenen Räumen entkommen. Flankieren. Improvisierte Waffen. Verarztung. Sind Sie einverstanden? Sind Sie einverstanden?
    Ja, mein Gott, ja doch.
    Das Ding sieht aus wie eine verwachsene Kinderpuppe – eine Furcht einflößende Vogelscheuche, die von ihrem

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