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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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wollen ihn hier nicht mehr sehen, Schluß damit, Schluß mit ihm, alles Lüge, alles Tarnung, wir wollen ihn nicht, wir wollen nicht mehr …
    Ich will nicht mehr, dachte David Groth, was immer sie auch sagen mögen, ich will nicht mehr, ich gehe jetzt in die Leitungssitzung und sage denen: Mit dem will ich nicht mehr!
    Und das hat der Leitung eben noch gefehlt. Sie steckt ja nur zwischen Auswertung des V. Parteitages und Vorbereitung der Volkskammerwahlen. Sie hat schließlich nicht mehr am Halse als eine etwas heterogene BPO, die geführt werden muß im Kampf gegen die Nachwirkungen der Schirdewan-und-Wollweber-Fraktion und für die Durchsetzung des Gesetzes über die Vereinfachung und Vervollkommnung der Arbeit des Staatsapparates, geführt werden muß zum Verständnis der politischen Inhalte von Konföderation und Friedensvertrag, Hauptentwicklungsrichtung der Volkswirtschaft und der sozialistischen Umwälzung auf dem Gebiet von Kultur und Ideologie, Arbeiterjugendkonferenz, Ostseewoche und atomwaffenfreier Zone. Die Leitung muß doch lediglich zwei Vorlagen für das Sekretariat der BL verfassen, eine Kritik des PB verdauen, drei Beschlüsse des 1. ZK-Plenums für den eigenen Bereich konkretisieren, eine Anfrage der BPKK beantworten, zwei Kandidaten-Anträge diskutieren, ein Ausschlußverfahren einleiten, die Entschließung der APO II begründet zurückweisen, eine Grußadresse entwerfen, einen Referenten und zwei Propagandisten gewinnen und immer noch und immer wieder um Verständnis ringen, das eigene und das der anderen, immer wieder und immer noch um Verständnis für den ungeheuerlichen Vorgang, der hinter der nüchternen Bezeichnung XX. Parteitag sich verbirgt.
    Da kommt der Genosse David Groth zur rechten Stunde; hoch willkommen wird er geheißen: Endlich einmal etwas zu tun!
    Und worum geht es dem Genossen Groth; was bringt er Schönes? – Bringt er einen Vorschlag, einen Verbesserungsvorschlag, will er sich verpflichten, hat er einen Plan, eine Idee, weiß er Rat, möchte er eine Initiative entfalten, oder trägt er wenigstens einen Hinweis herbei?
    Oder geht es ihm etwa schon wieder um diese Babybilder? – Nein, nicht, und nicht der Genosse Groth hat um diesen Sitzungstermin gebeten? Wer war es dann? Die Genossin Gengk war es, und die hatte einen Streit mit dem Genossen Groth,und der Streit ist von den Klein-David-Bildern ausgegangen? Also doch diese verdammten Bilder, und nun reicht es aber! – Wie denn, der Streit soll hiermit als beigelegt gelten, Genosse Groth sieht ein, er hat sich falsch benommen? Und dazu verlangt ihr eine Leitungssitzung? Was seid ihr, Kinder? Also gut, wir nehmen zur Kenntnis: Ihr seid versöhnt; nun geht wieder an eure Arbeit, wir haben zu tun; wir wollen den Entwurf zum Lehrjahrsplan beraten – was, beim Heiligen Vater, gibt es denn noch?
    Es gibt Davids bedeutenden Auftritt. Alle Mahnungen, Warnungen, Beschwichtigungen der eben beendeten Davids-Versammlung sind vergessen: Genosse Groth hält eine Rede und ist Danton und Robespierre in einem Stück, ist ein erzener Kämpfer aus einem Guß, ist der Herold proletarischer Wachsamkeit, Monitor der Grundregeln des Klassenkampfes; Genosse Groth sagt seiner Leitung, was er denkt, und er denkt Scharfes und Schärfstes, und ihm gelingen Worte und Sätze, oh, wenn er sich die nur merken könnte, ein Jammer wär’s, wenn er sie vergäße und nicht bewahrte für Enkel und Enkelkinder!
    Und eine Schande ist es, daß die Leitung ihm offensichtlich nicht folgen kann oder will, jedenfalls nicht folgt auf seinen rhetorischen Pfaden zur revolutionären Tugend hin. Die sitzt da und hält den grünen Tisch zwischen sich und ihn und läßt sich so nicht erreichen von seinen Silbendolchen, Wortbeilen und Satzspießen und denkt nicht daran, das weiße Tuch der Selbstkritik aufzuziehen. Im Gegenteil, ganz im Gegenteil: Sie setzt den roten Stander, zeigt das Zeichen: Jetzt kritisieren wir! Stille jetzt, Genosse Groth, herhören, Genosse Groth, jetzt spricht die Parteileitung!
    Aber sie spricht nicht von Gabelbach und auch nicht von Johanna Müntzer, die David Groth hätte sagen müssen, wer Gabelbach gewesen ist; diese Leitung spricht zunächst einmal vom Genossen Groth, spricht sich einmal so richtig aus über den, tut so, als wäre ihrem Herzen nicht eben noch der Entwurf zum Lehrjahrsplan am nächsten gewesen, hat jetztZeit für David Groth und verliert sich fast in Erinnerungen an den, scheint aber ein etwas einseitiges Gedächtnis zu haben,

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