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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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nunmehr einzig gültiges Geld bis zum Höchstbetrag von dreihundert Mark pro Kopf an die Bürger Port Arthurs ausgeben, hinsichtlich allfallsig abgelieferter Mehrbeträge versichern, diese würden im Laufe der nächsten vierzehn Tage ebenfalls eingewechselt, über alle Transaktionen genau Buch führen und vor allem – nicht zuletzt deshalb hatte man ihn und seinesgleichen an diese Aufgabe gesetzt – die politische Bedeutung des Vorgangs erläutern.
    Das alles sollte er tun; gemeinsam mit anderen freilich sollte er es tun. Nur: die anderen waren noch nicht da.
    Sie mußten zwar jeden Augenblick kommen, doch David, unser gescheiter David, meinte, bei einem Konterschlag sei jeder Augenblick kostbar.
    Deshalb schlug er vor, er wolle sich mit dem Gelde schon immer auf den Weg nach Port Arthur machen, dort könne er in der Verteilerstelle gleich nach dem Rechten sehen undauch die Notenportionen für die Unterverteilerstellen vorbereiten, denn schließlich sei Port Arthur aufgeteilt in die Sektionen Port Arthur I bis Port Arthur IV, und praktisch wäre es da, David der Praktische hätte bis zum Eintreffen der anderen Genossen Geldwechsler schon alles gerichtet.
    Nun, die Oberverteiler im Aufklärungslokal von Hohenschönhausen waren gebildete Leute, zwei von ihnen waren ständige Leser der Neuen Berliner Rundschau und ständige Leser auch der Grothschen Berichte, sie zogen den falschen Schluß von der relativen Vernunft dieser Artikel auf den praktischen Verstand ihres Verfassers, und mit der eigenartigen Devotion, zu der gerade die anständigen Menschen gegenüber Schreibkünstlern neigen, stimmten sie dem Plan des Finanzhelfers Groth zu, sackten ihm zweihundertachtzigtausend neue Mark ein und entließen ihn leichten Sinnes in Richtung Port Arthur.
    Leichten Sinnes mögen die gewesen sein, dachte David, während sich die Parteileitung von ihrem Bericht an dieser Stelle etwas verschnaufte und mit viel Kopfschütteln und Fingerzeigen an die Stirn der zweihundertachtzigtausend Mark im Sack auf Davids Schultern gedachte, leichten Sinnes mögen die vielleicht gewesen sein, aber ich trug mich schwer an Verantwortung und Geldpapier; doch ehe er den weiteren Teil des Berichts gedanklich an sich ziehen konnte, was unzweifelhaft zu einer gerechteren Darstellung geführt hätte, übernahm die Leitung wieder die Leitung; diese Leitung – zu der er doch gekommen war der Bilder Franziskas wegen, des Streites mit Helga wegen, der Untaten Gabelbachs wegen –, diese Leitung erging sich wieder in Schilderungen, die mit den drei Anlässen des Gesprächs nichts zu tun hatten; und ein besonderer Hohn war, daß sie die Kenntnis sämtlicher Details, die sie so sorgfältig vor David ausbreitete, nur David verdankte, ihm und seinem selbstkritischen Rapport, den er vor Jahresfrist geliefert hatte.
    Da steigt er also mit den zweihundertachtzigtausend Eiern in die Straßenbahn, Linie 63, und streitet mit demSchaffner, weil der für den Sack Gepäckbeförderungsgebühr verlangt, und mit einer Mutter legt er sich auch an, weil drei Jutefasern an ihrem Korb-Kinderwagen hängengeblieben sind, und er fühlt sich wie ein Großer Konspirator, da er sich die Antwort auf den Spruch der Mutter verbeißt, diese Laubenpieper könnten ihr Karnickelfutter weiß Gott zu anderer Zeit transportieren.
    Da steigt er denn aus am Weißenseer Weg, schultert die zweihundertachtzigtausend Piepen; nun ist er im Schrebergartenrevier Port Arthur; nun braucht er nur noch das Kulturhaus von Port Arthur zu finden – schade, er hat vergessen, im Aufklärungslokal auf den Lageplan zu sehen, aber das wird nicht so schlimm sein, denn sein Kulturhaus, das weiß man, zumal wenn man Journalist ist, sein Kulturhaus kennt ein jeder Bürger dieses Landes.
    Schon will der Journalist David Groth den nächstbesten Bürger von Port Arthur nach dem Wege fragen, da kommen ihm Bedenken: Erstens ist ihm früh, bereits auf der ersten Etappe seiner Laufbahn als Zeitungsmann, eingebleut worden, den Nächstbesten auszulassen, wo es um Erkundung geht – und verdankt er diese Bleue nicht einem gewissen Kollegen Gabelbach? –, zweitens aber ist ihm, als wären die Züge der Bewohner Port Arthurs von Grimm gezeichnet, oder ist es nicht Grimm, ist es Hadersucht vielmehr, Habsucht gar, zieht sich nicht Kriminelles durch diese Physiognomien, und dienten nicht gerade Laubenkolonien allem Gelichter als Zufluchtsort?
    Die wird er besser nicht nach dem Wege fragen, er, Hilfszahlmeister Groth mit einem

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